Philippe Kahn Der Mann, der die Menschheit vermisst

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Können statt Doktortiteln

Kahn nimmt sich deshalb viel Zeit, wenn er neue Mitarbeiter einstellt, und testet die Kandidaten manchmal sogar mit Denksportaufgaben. Neulich hat er eine Datenspezialistin angeheuert. Sie setzte sich gegen Mitbewerber durch, die mit beeindruckenden Lebensläufen und Doktortiteln glänzten. Anstatt das Problem, mit dem er sie konfrontiert habe, weiter zu verkomplizieren, habe sie es vereinfacht und logisch durchdacht, lobt Kahn. „Solche Leute braucht man.“

Zu solchen Leuten zählt Kahn auch Sonia Lee, seine zweite Ehefrau und Mutter jener Tochter, deren Foto er gleich nach der Geburt im Cyberspace verbreitete. Kahn lernte die koreanischstämmige Frau, die in den USA Malerei studiert hatte, in seiner dunkelsten Phase kennen, in der Zeit des Rauswurfs bei Borland. Sie beriet damals IT-Unternehmen beim Börsengang, indem sie deren Geschäftsideen in Grafiken und Schaubildern umsetzte. Dabei lernte sie auch, Unternehmensstrategien zu verstehen. „Sonia hält mich auf Kurs“, sagt Kahn, „sie fordert mich heraus.“

Ein Gründer braucht Glück

Die neue Frau an seiner Seite gründete zwar Kahns Firmen von Starfish früher bis Fullpower heute mit, hält sich aber stets im Hintergrund. Sie begeistert sich nicht übermäßig für die Passion ihres Ehemanns, das Surfen, umso mehr für Musik. Fast jeden Abend bringt sie Kahn dazu, mit ihr zu musizieren – sie auf dem Cello, er auf der Flöte. Das Saxofon, mit dem er in den Neunzigerjahren auf den Partys bei Borland aufspielte und sogar eine CD herausbrachte, hat er aufgegeben.

Kahn kann nicht sagen, wie lange er die Welle der digitalen Gimmicks noch reiten will. Er habe nie Unternehmen gegründet, um diese zu verkaufen, behauptet er. „Es kamen immer Interessenten, bei denen ein Verkauf strategisch Sinn ergab.“ Das Wichtigste, was ein Gründer brauche, findet er, sei „Glück“. Er habe lange über die Rolle des Glücks im Leben nachgedacht. Wolle man lieber von der Natur mit Klugheit gesegnet sein oder lieber mit viel Glück?

„Ich kenne viele supersmarte Leute, die ständig unzufrieden mit sich sind“, sagt Kahn. „Wenn ich die Wahl hätte, wäre ich deshalb lieber dumm und glücklich.“

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