Betrüger haben Konjunktur: Fake-CEOs weisen Mitarbeiter über gefälschte E-Mail-Adresse an, Mondsummen auf irgendwelche Konten zu überweisen. Angeblich, um eine Übernahme zu garantieren, eine Maschine zu kaufen oder den Hauptsitz zu retten. Mit Erfolg: Laut dem FBI sind so von Oktober 2013 bis Februar 2016 mehr als 2,3 Milliarden Dollar verloren gegangen. Es seien mehr als 17.600 Firmen in mindestens 79 Ländern betroffen gewesen, darunter auch deutsche Betriebe.
Die Betrüger würden keine Mühen scheuen, um Firmenmails täuschend echt nachzubauen. Zudem nutzten sie andere Möglichkeiten, um potenzielle Opfer in die Irre zu führen. Das zeige, dass selbst das Hacken des E-Mail-Kontos große finanzielle Verluste nach sich ziehen könne.
CEO hat „seine Pflichten massiv vernachlässigt“
Fällt ein Manager auf so eine Mail herein, kann ihn das den Job kosten, wie der Fall des österreichischen Flugzeugkomponentenherstellers FACC AG zeigt: ein Cyber-Krimineller hatte dem Unternehmen auf diese Weise einen Schaden von rund 42 Millionen Euro zugefügt. Die Führungskraft ging nicht rechtzeitig dagegen vor, der Mitarbeiter überwies. Der Aufsichtsrat des Flugzeugbauers sah daraufhin die Vertrauensgrundlage gefährdet, da der CEO „seine Pflichten massiv vernachlässigt“ habe. Identitätsklau ist allerdings nur eine Art, wie Cyber-Kriminelle Führungskräften gefährlich werden können.
So können Markenpiraten einem Unternehmen derart großen Schaden zufügen, dass am Ende der Manager seinen Kopf hinhalten muss. Denn es ist die Aufgabe der Unternehmensführung, die Firma mit all ihren Marken zu schützen.
Produktpiraterie im Maschinen- und Anlagebau
China: 72 %
Deutschland: 23 %
Türkei: 20 %
Indien: 19 %
Italien: 15 %
Taiwan: 10 %
Quelle: VDMA
2006: 5 Milliarden Euro
2007: 7 Milliarden Euro
2009: 6,4 Milliarden Euro
2011: 7,9 Milliarden Euro
2013: 7,9 Milliarden Euro
Quelle: VDMA
Komponenten: 64 %
Design: 56 %
Komplette Maschinen: 51 %
Ersatzteile: 44 %
Kataloge, Broschüren: 35 %
Bedienungsanleitungen: 16 %
Verpackungen: 12 %
Quelle: VDMA
Dass viele Entscheider nach wie vor lieber den Kopf in den Sand stecken und das Problem ignorieren, zeigen Zahlen des Aktionskreises gegen Produkt- und Markenpiraterie (APM): Demnach machen Verkäufe von gefälschter Markenware mittlerweile zwischen fünf und sieben Prozent des gesamten Welthandels aus.
Angebote und Werbung überwachen
Um diese Zahlen zu reduzieren, müssen nicht nur die Zollbehörden, sondern auch die Unternehmen selbst aktiv werden: Bevor Unternehmen das ganze Ausmaß der Bedrohung durch online Markenfälscher verstehen können, müssen sie erst einmal innehalten und das Problem quantifizieren. Markenfälscher agieren über ein weit verzweigtes Netz an Online-Kanälen, die alle von den Markenunternehmen überwacht und analysiert werden müssen. Dazu gehören unter anderem Online-Marktplätze, E-Commerce-Websites, Social Media Profile und Foren. Dabei betrifft Markenmissbrauch keineswegs nur Online-Anbieter – das Risiko besteht auch für Unternehmen, die ihre Produkte gar nicht über das Netz vermarkten. Denn Kriminelle können trotzdem Billigkopien von Markenprodukten online bewerben und in Web-Shops oder auf eigenen Websites zum Verkauf anbieten.
Wer es schafft, die Vertriebskanäle der Fälscher zu identifizieren und zu schließen, wird jedoch erleben, dass sich die Markenpiraten schnell neue Verkaufsmöglichkeiten suchen. Deswegen ist es ebenso wichtig, die Online-Werbekanäle der Fälscher zu überwachen. Markenpiraten verwenden die gleichen Werbemethoden, wie Markeninhaber und bedienen sich dabei deren mühsam aufgebauten Markennamen. Durch bezahlte Werbung in Suchmaschinen, Links in sozialen Medien, zwielichtige SEO-Taktiken, Cybersquatting und Spams leiten sie erfolgreich Traffic zu ihren illegalen Angeboten und verringern so die Marketing-Effizienz der Markeninhaber.
Proaktive Schritte einleiten
Markenfälscher sind dann am erfolgreichsten, wenn sie unbehelligt arbeiten können. Bekämpft eine Marke sie hingegen aktiv, suchen sich die Cyber-Kriminellen meist passivere Ziele. Wenn ein Unternehmen herausgefunden hat, wo die größte Bedrohung liegt, ist eine aggressive Vorgehensweise das beste Mittel, um Fälscher zu bekämpfen. Markenhersteller sollten dabei:
- Prioritäten setzen: Die größten Anbieter, die die meisten gefälschten Waren auf den am stärksten frequentierten Portalen vertreiben, sollten zuerst identifiziert und verfolgt werden.
- Auf Cybersquatter achten: Markenunternehmen sollten das Internet aktiv danach durchsuchen, ob jemand nicht autorisiert ihre Marke in Domain-Namen nutzt. Das hilft Verkaufsseiten, die gefälschte oder nicht autorisierte Waren anbieten, schnell aufzuspüren. Häufig deckt man in dem Zusammenhang auch andere Dinge auf, wie die Verbindung mit anstößigen Inhalten wie Pornografie.
- Zum schweren Ziel werden: Markeninhaber die öffentlich und energisch dagegen kämpfen Fälschungen von Online-Plattformen zu entfernen, bemerken oft drastisch zurückgehende Fälscheraktivitäten gegenüber ihrer Marke
- Alle Sphären beachten: Nicht nur das sichtbare Netz (Surface Web), auch Bedrohungen im Deep und Dark Web sollten proaktiv überwacht werden, um Sicherheitslücken schnell zu schließen.
- Zu allen Mitteln greifen: Die meisten Online-Kanäle bieten Mechanismen an, wie Verkäufe mit gefälschter Ware angezeigt werden können. Online-Marktplätze etwa haben normalerweise Richtlinien und Verfahren, die es Markeninhabern ermöglichen, Einträge zu melden, die ihre Markenrechte verletzen.
- Hilfe von außen holen: Beziehungen innerhalb der Industrie können mächtige Waffen im Kampf gegen Markenpiraten sein. Wenn Firmen nach einem Markenschutz-Anbieter suchen, sollten sie einen Partner wählen, der langjährige Beziehungen zu Tausenden von ISPs (Internet Service Provider) und Registraren weltweit pflegt.
So wehren sich Unternehmen gegen Produktpiraten
Wenn eine Fälschung entdeckt wird, setzen die Unternehmen hauptsächlich auf Rechtsmittel: 92 Prozent reichen in einem solchen Fall eine Unterlassungsklage gegen die Nachahmer an.
71 Prozent der Befragten verlangen Schadensersatz von den Copycats.
Genauso viele Unternehmen, nämlich 71 Prozent der Befragten, lassen die gefälschten Produkte vernichten. Wer einen entsprechenden Antrag gestellt hat (Antrag auf Tätigwerden bei der Zollverwaltung), kann sich darauf verlassen, dass jede Nachahmung, die der Zoll bei Kontrollen findet, vernichtet wird.
Nur jedes dritte Unternehmen (33 Prozent) führt öffentliche Aufklärungskampagnen durch, die Kunden und Geschäftspartner auf die Fälscher aufmerksam machen sollen.
Online-Fälschungen sind einfacher zu bekämpfen, wenn das gesamte Unternehmen mitzieht. Das bedeutet, dass Markeninhaber eine funktionsübergreifende Arbeitsgruppe einrichten sollten, die das Problem in einer koordinierten, ganzheitliche Weise adressiert. Die Teilnehmer dieser Arbeitsgruppen variieren zwischen branchenabhängig, können aber Mitarbeiter aus den Rechts-, Marketing-, Risikomanagement-, Schadensverhütungs-, Channel-Management-, Fertigungs- und Supply-Chain-Management-Abteilungen enthalten. Da der Kampf gegen Online-Fälscher sowohl auf Werbe- als auch auf Verkaufsplattformen abzielen sollte, muss diese Gruppe mehr Facetten des Problems beachten, als auf den ersten Blick erkennbar ist.
Kunden mit ins Boot holen
Offline-Maßnahmen gegen Fälscher – wie etwa Untersuchungen vor Ort in Fabriken, Razzien oder andere Maßnahmen – können kosten- und zeitintensiv sein. Deswegen ist es wichtig zu wissen, auf welche Ziele man sich konzentrieren sollte. Online-Erkenntnisse helfen, die hartnäckigsten Fälscher aufzuspüren, so dass die Offline-Maßnahmen dort ansetzen, wo sie am effektivsten sind. Fälscher profitieren vielleicht sogar stärker vom globalen Handel als die eigentlichen Markeninhaber. Deswegen haben viele Firmen erkannt, dass – auch wenn lokale Plagiatverkäufer und -hersteller vielleicht ein leichteres Ziel darstellen – es sinnvoll ist, weltweite Kampagnen gegen Fälscher zu starten. Und zwar schnellstmöglich.
Der erste Schritt ist, sicherzustellen, dass die Marke international registriert ist – vor allem in China. Hier gilt die sogenannte „first-to-file“-Politik, die demjenigen das Markenrecht zuspricht, der den Antrag auf den Markennamen als erster stellt – und das muss nicht der eigentliche Markeninhaber sein.
Eine globale Strategie zu fahren, schließt aber keineswegs aus, in bestimmten Ländern interne Märkte aufs Korn zu nehmen. In manchen Fällen bedeutet das, dass kompetente Sprachressourcen bereitstehen müssen, um eine effiziente Überwachung, Identifizierung und Verfolgung zu gewährleisten. Viele Unternehmen verlassen sich hierbei auf externe Markenschutzdienstleister, die dieses Know-how besitzen.
Herkunftsländer von Plagiaten in Europa
Anteil 2014: 46,9 Prozent
Anteil 2013: 59,2 Prozent
Anteil 2012: 44,6 Prozent
Anteil 2014: 28, 2 Prozent
Anteil 2013: 18, 8 Prozent
Anteil 2012: 22,1 Prozent
Anteil 2014: 8 Prozent
Anteil 2013: 4,3 Prozent
Anteil 2012: 5,4 Prozent
Anteil 2014: 3,8 Prozent
Anteil 2013: 3,0 Prozent
Anteil 2012: 3,0 Prozent
Anteil 2014: 1,8 Prozent
Anteil 2013: 2,7 Prozent
Anteil 2012: 6,9 Prozent
Kunden können ein wichtiger Verbündeter sein, um den Verkauf von Markenfälschungen mit allen damit verbundenen Kosten einzudämmen. Deswegen müssen Kunden über die Risiken des Kaufes bei nicht autorisierten Bezugsquellen aufgeklärt und dazu ermutigt werden, verdächtige Waren oder Verkäufer zu melden. Viele Firmen bieten auch Formulare oder E-Mail-Adressen an, um verdächtige Angebote zu melden. Wer diese Kontaktmöglichkeiten einrichtet, sollt dort auch die Vorteile herausstellen, die sich beim Kauf originaler Waren ergeben.
Online-Angriffe auf etablierte Marken sind so präsent wie nie und werden auch in Zukunft nicht weniger werden. Je mehr sich Wirtschaft und Handel in die digitale Sphäre verlagern, desto größer wird die Gefahr, die von Cyber-Kriminellen ausgeht. Fälscher vertrauen auf Technologie um ihre Verkäufe zu tätigen. Deswegen sollten auch Markenunternehmen die neueste Technologie nutzen, um ein genaues und vollständiges Bild der Bedrohungslage zu erhalten, in der sich ihre Marke durch Fälscheraktivitäten befindet. Der Schlüssel liegt in Online-Lösungen, die automatisiert und kontinuierlich das Internet scannen und helfen die Bedrohung aus dem Netz zu evaluieren und zu minimieren.
Durch den geschickten Einsatz solcher Methoden und die systematische Datenanalyse können Unternehmen gezielt gegen die größten Gefährdungen vorgehen und eine Markenschutz-Strategie entwickeln, die auch in Zeiten der wachsenden Bedrohungen wirkt – und ihre Umsätze, die Markenintegrität und am Ende auch den eigenen Job schützt.