
In Deutschland gibt es immer weniger junge Menschen. Die, die den Unternehmen zur Verfügung stehen, können mit Ach und Krach ihren Namen schreiben und haben keinerlei soziale Kompetenzen. Das führt zum bundesweiten Fachkräftemangel - so die Klage von Chefs und Personalmanagern. Es gibt zwar Statistiken, die das Gejammer stützen - laut dem Bundesverband der Personalmanager werden bis zum Jahr 2020 rund 2,4 Millionen qualifizierte Arbeitskräfte fehlen - aber es sind nicht nur der demografische Wandel und der Bildungsnotstand, worüber sich Unternehmen Gedanken machen sollten. Ein Großteil der Schuld liegt nämlich bei ihnen selbst.
"Es gibt genug exzellente Talente. Unternehmen schauen oft nur nicht ganz genau hin", schreiben Sabine Hübner und Carsten Rath, Gründer der Managementberatung RichtigRichtig.com in ihrem Buch "Das beste Anderssein ist Bessersein".
Das beweist auch eine Studie von Cornerstone OnDemand, einem Anbieter von Talent Management Software, an der sich mehr als 100 europäische Unternehmen beteiligt haben. Das Ergebnis: Deutsche Unternehmen haben Supertalente - sie müssen sie nur finden. Dass sich die Unternehmen dabei so schwer tun, liege daran, wo sie suchen. Nämlich auf dem Arbeitsmarkt. Perlen finden sich aber vor allem in den Betrieben selbst - nur sehen viele vor lauter Bewerbern die eigenen Leute nicht mehr.
Mitarbeiter fördern und fordern
Dabei halten 79 Prozent der befragten mittelständischen Unternehmen in Deutschland interne Rekrutierung für ein wichtiges Tool zur Mitarbeiterbindung. Wer entsprechende Weiterbildungen und Beförderungen genießen darf, bleibt seinem Arbeitgeber schließlich treu. Dies steht auch in engem Zusammenhang damit, dass 59 Prozent der Chefs fürchten, ihre Leistungsträger zu verlieren, wenn sie nicht intern rekrutieren. Trotzdem wird laut der Studie nur ein Drittel der vakanten Stellen intern besetzt. Zwischen Wunsch und Wirklichkeit liegen also Welten.
Das größte Problem ist, dass Unternehmen intern die falsche Person befördern, wie die Studie zeigt. Ein Phänomen, was auch auf dem freien Arbeitsmarkt häufig vorkommt. So zeigt eine kürzlich veröffentlichte Studie, dass rund 37 Prozent der ausgeschriebenen Stellen mit ungeeigneten Bewerbern besetzt werden, weil Personaler keine geeigneten Kandidaten finden.
Das überholte Vorstellungsgespräch
Schuld daran, so die Autoren, ist das Vorstellungsgespräch: Dabei seien die Rollen klar verteilt, beide Seiten kennen die üblichen Fragenkataloge. Doch dieses "Laientheater" führt selten zu guten Ergebnissen, so die Einschätzung von Carsten Rath. "Erstens liefern standardisierte Vorstellungsgespräche nur ein verzerrtes Bild vom Bewerber. Und zweitens neigen wir oft dazu, Menschen einzustellen, die uns selbst möglichst ähnlich sind", sagt er. Statt Top-Leuten hole man sich Klone des Personalchefs ins Haus.
20 fiese Fragen, 20 clevere Antworten im Vorstellungsgespräch
Ich bin sehr ungeduldig. Deshalb erwarte ich, dass ich mich schon bei der ersten Aufgabe beweise - und mute mir manchmal zu viel zu. Aber ich arbeite an mir: Ich versuche, gewisse Aufgaben abzulehnen oder zu delegieren.
Vielleicht in 20 Jahren - aber dann werden Sie wahrscheinlich auf einer anderen Position sein. Falls Sie dann einen guten, treuen Angestellten brauchen, kann ich Ihnen vielleicht helfen.
Ich habe durch die häufigen Wechsel viele Erfahrungen gesammelt - und davon habe ich profitiert. Denn dadurch kann ich Probleme kreativ lösen.
Ich schätze mich selbst als ehrgeizig ein, aber auch als realistisch. Solange ich in meiner Position lernen und mich verbessern kann, bin ich zufrieden.
Ich habe hart daran gearbeitet, meinen Job zu behalten, während viele Kollegen gekündigt wurden. Daher hatte ich keine Gelegenheit, mich nach einem anderen Job umzusehen.
Ich würde neue Absatzmärkte suchen und gleichzeitig unsere Ingenieure dazu anregen, das Produkt so zu verändern, dass es wieder mehr Marktwert bekommt.
Nachdem ich mich von dem Schock erholt habe, haben mich die Kündigungen stärker gemacht. Ich habe immer geschafft, wieder aufzustehen und mir einen neuen Job zu suchen, der mir mehr Verantwortung gibt, mehr Gehalt einbringt und mich langfristig zufriedener macht. Ich habe die Kündigungen einfach als Chance auf einen Neustart gesehen.
Manchmal muss man einen Schritt zurückmachen, um die Karriere voranzubringen. Außerdem könnte ich das Unternehmen dann von Grund auf kennenlernen.
Philosophie hat mich nicht für dieses Berufsfeld speziell qualifiziert. Aber es hat mich dazu gebracht, meine Zukunftsaussichten zu überdenken. Und nun weiß ich: Es ist sinnlos, nach einem Beruf zu streben, nur weil er Prestige und Geld bringt.
Ich denke, dass ich am besten geeignet bin - und nur das sollte zählen. Ich habe bereits im Ausland gearbeitet. Daher bin ich flexibel und würde kaum Einarbeitungszeit benötigen.
Dieser Job ist mein Traumberuf, sonst säße ich jetzt nicht hier. Ich würde mich freuen, Ihrem Unternehmen beim Aufstieg zu helfen und meine Qualitäten sinnvoll einzubringen.
In den USA leben rund 320 Millionen Menschen. Angenommen von ihnen fahren 25 Millionen gerne Ski. Davon haben sicherlich gut 20 Millionen ein eigenes Paar Ski. Bleiben also fünf Millionen Menschen übrig, die sich Ski leihen müssen. Rechnet man die Touristen dazu, kommt man vielleicht auf etwa 7,5 Millionen Paar im Jahr.
Ich würde vorschlagen, beide Kandidaten für eine Testphase einzuladen. Sie könnten zwei Wochen lang im Unternehmen arbeiten und wir würden beobachten, wie sie sich schlagen. Qualität hat nichts mit dem Geschlecht zu tun.
Ich versuche, jede Aufgaben so sorgfältig wie möglich zu erledigen und gucke nicht pausenlos auf die Uhr. Daher kann ich die genaue Stundenzahl nicht sagen. Aber mir ist Qualität eh wichtiger als Quantität.
Zunächst würde ich immer zuerst meinen Chef fragen, wie er oder sie mit einem Projekt umgehen würde. Wenn sich dann herausstellt, dass mein Chef sich einen Angestellten wünscht, der ein "Macher" ist, zeige ich gerne Eigeninitiative. Die eigentliche Herausforderung ist doch, sich an sein Arbeitsumfeld anzupassen - und da bin ich flexibel.
Ich kann glücklicherweise sagen, dass mir noch nie ein wirklich teurer Fehler unterlaufen ist. Aber generell finde ich Fehler - solange sie keine fatalen Folgen habe - nicht schlimm. Solange man sie nicht zwei Mal macht.
Ich persönlich denke, es ist wichtiger glücklich zu sein, auch wenn es nie schaden kann, kompetent und erfahren zu sein. Das hilft dabei, sich neue Möglichkeiten zu schaffen. Oft geht aber auch beides zusammen, das ist dann die ideale Kombination.
Ich bin weder schüchtern noch eine graue Maus. Also kann es gut sein, dass ein oder zwei frühere Arbeitskollegen dachten, ich sei unflexibel. Aber in Mitarbeitergesprächen und in meinen Referenzen fiel und fällt dieses Adjektiv nie, ebenso wenig wie „verbissen“. Ich kann gleichzeitig hartnäckig und flexibel sein.
Zuerst würde ich versuchen, diese Person für ihre eigenen Erfolge stärker zu loben. Manchmal hilft das schon. Wenn das nichts hilft, würde ich eine Verabredung mit dem Kollegen treffen, dass wir jeweils unsere eigenen Ideen dem Chef vorstellen - damit dieser sieht, wer welchen Erfolg erzielt. Funktioniert auch das nicht, würde ich das Problem offen ansprechen und ausdiskutieren.
Es könnte ein mögliches Risiko sein, dass man kaum in Kontakt mit den wichtigen Personen kommt - zumindest nicht in idealem Maße. Auf der anderen Seite können Telefonkonferenzen und Email ja auch weiterhelfen.
Bessere Ergebnisse würde man erzielen, wenn die Haltung und die Leidenschaft des Bewerbers auf die Probe gestellt würden - anstatt Fremdsprachenkenntnisse, Zeugnisse und Referenzen abzufragen.
Der amerikanische Online-Versender Zappos zum Beispiel fragte seine Bewerber: "Wie glücklich sind Sie auf einer Skala von eins bis zehn?" Denn glückliche Menschen finden bessere Lösungen - auch für Probleme im Beruf. Der hochdekorierte Harvard-Absolvent, der mit sich und seinem Leben unzufrieden ist, nutzt dagegen nur dem Image des Personalers.
Neben der Haltung spielt für jeden Beruf natürlich auch das Talent eine Rolle. "Talent" ist jedoch kein Punkt, der im Lebenslauf erwähnt wird. Darüber sollten sich Unternehmen klar werden. "Im Service sind Einfühlungsvermögen und Kreativität viel wichtiger als eine Eins in Altgriechisch", bringt es Sabine Hübner auf den Punkt.
Ihr Fazit: Business-Englisch oder Computerkenntnisse lassen sich nachschulen – Leidenschaft für die Aufgabe und echte Talente aber nicht. Wenn Unternehmen dem Fachkräftemangel nicht zum Opfer fallen wollen, müssen sie von ihren Klischeevorstellungen des perfekten Mitarbeiters abrücken und ernsthaft nach Talenten suchen. Intern und extern.