Seiteneinsteiger im Top-Management „Dafür braucht man kein BWL-Studium“

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Skeptische Kollegen

Ohne jegliche Vorkenntnisse war der Einstieg sicherlich schwierig.
Das härteste war, die ersten beiden Jahre zu überstehen. Ich musste schließlich schon nach einigen Wochen liefern, obwohl ich vorher nicht mal eine Bilanz lesen konnte. Geschweige denn wusste, was eine Gewinn- und Verlustrechnung ist. 

Wie haben Sie das dennoch gemeistert?
Mein erster Schritt war, jemanden zu fragen: Was ist das wichtigste Buch in der BWL. Er hat sehr lange überlegt und mir dann von Michael Porter „Competitive Strategy“ empfohlen. Ich habe also den ganzen Porter durchgelesen, was die anderen in ihrem BWL-Studium offensichtlich nicht gemacht haben.

Und das hat geholfen?
80 Prozent aller Probleme, die in der Strategieberatung auftauchen behandelt Porter in irgendeiner Weise. Also Kreativität, gesunder Menschenverstand, harte Arbeit und Porter lesen, bringt einen schon ziemlich weit.

Waren Ihre Kollegen denn skeptisch, ob Sie das Zeug zum Berater haben?
Sicherlich. Aber ich habe sie schnell überzeugt.

Wie?
Ich war gut in Mathe. Das fanden sie schon mal cool. Wenn man mit Zahlen kann, kann man nicht ganz dumm sein. Und ich habe viel gearbeitet, das hat auch viele beeindruckt. 

Worauf Sie beim Neustart in der Lebensmitte achten sollten

Was hatten Sie Mitstreitern voraus?
Ich hatte mehr Mut. Jemand, der nie sein Heimatfeld verlassen hat und woanders hingegangen ist, den schreckt das Neue. Nachdem ich von der Bühne in die Beratung gewechselt bin und mich da etabliert hatte, konnte mich eigentlich nichts mehr schrecken. Wenn da einer gesagt hätte, morgen wandern wir nach China aus oder lass uns ein Segelboot bauen, hätte ich gesagt: Klar, lass probieren. Leute, die immer nur das Gleiche gemacht haben, denen fehlt diese Lass-mal-machen-Mentalität. Gerade jetzt in Zeiten des technologischen Wandels ist das aber unabdingbar.

Warum?
Viele haben zum Beispiel Angst davor, wie Roboter unsere Arbeitswelt verändern. Ich gehe auf solche Neuerungen zu. Ich habe schon 2012 angefangen, mich mit künstlicher Intelligenz zu beschäftigen. Und geguckt, was kann sie leisten und was eben auch nicht. Viele Menschen blenden diese Herausforderung solange aus, wie es geht und schauen, wie weit sie mit dem kommen, was sie schon können.

Haben Sie jemals dran gedacht noch einen MBA draufzusatteln?
Nein, bloß nicht. Ich habe immer das Lernen durch Praxis bevorzugt.

Jetzt sind Sie selbst Chef und stellen auch bewusst Exoten ein. Was ist die wichtigste Lehre, die Sie diesen jungen Außenseitern mit auf den Weg geben?
95 Prozent aller Barrieren bestehen nur in unserem Kopf. Wenn man wirklich etwas erreichen will und bereit ist hart zu arbeiten, dann schafft man das auch. Denn analytisches Denken hat nichts mit Zahlen zu tun, sondern damit Sachverhalte auf ihre logische Konsistenz zu prüfen. Dafür braucht man kein BWL-Studium.

Warum gibt es dann immer noch so wenig Exoten in der Wirtschaft?
Diese Erkenntnis hat sich in deutschen Chefetagen leider noch nicht großflächig durchgesetzt. Die Leute klagen zwar, dass sie keine Mitarbeiter finden. Wenn ich sie dann aber frage, ob sie mal versucht haben einen Koch einzustellen, gucken sie mich verdutzt an und fragen: Hast du einen Knall?

Ein Pianist als Banker, eine Erzieherin bei Microsoft, ein Koch als Personalchef – drei Quereinsteiger wissen: Die wichtigsten Dinge lernt man nicht im Hörsaal. Die ganze Geschichte lesen Sie hier.

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