Selbstinszenierung Ich-Marketing will gelernt sein

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Authentisch oder nicht?

Promis, denen die Deutschen vertrauen
Was bringt Werbung mit Prominenten? Ob der Verkauf eines Produktes durch das richtige Marketing zulegt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Mit einer Umfrage unter 4.000 Deutschen hat der Dienstleister Celebritiy Performance (CPI) die Werbewirksamkeit von 100 Promis im deutschsprachigen Raum untersucht. Dabei spielen die Image-Stärke und die Bekanntheit die entscheidende Rolle. Außerdem eignet sich nicht jeder Promi für jedes Produkt. Die Stars mit dem höchsten Werbepotenzial… Quelle: dapd
Platz 100: SidoSchlusslicht der Rangliste ist der Rapper Sido. Er ist einer von nur sieben deutschen Musikern, denen die Ehre zuteil wurde, eine „Unplugged“-Konzert für den Musiksender MTV aufzunehmen – und erst der zweite Hip-Hop-Künstler Deutschlands nach den Fantastischen Vier, dem dies gelang. Sein CPI-Index erreicht trotzdem leider nur 32,4 Punkte. Quelle: dpa
Platz 50: Veronica FerresDie große Zeit der einst so beliebten Schauspielerin Veronica Ferres scheint vorbei zu sein. Sie erreicht mit einem Index-Wert von 49,9 Punkten nur Platz 50. Ob die Lebensgemeinschaft mit dem öffentlich massiv kritisierten Multimillionär Carsten Maschmeyer – dem Gründer des Finanzdienstleisters AWD – eine bessere Platzierung verhindert, bleibt in der Untersuchung offen. Quelle: dpa
Platz 10: Herbert GrönemeyerDie Top Ten des Rankings sind bei den Deutschen nahezu über jeden Zweifel erhaben. Herbert Grönemeyer erfreut sich großer Bekannt- und Beliebtheit, seine Konzerte füllen seit Jahren ganze Stadien. Sein Index erreicht 61,6 Punkte. Bleibt die Frage, für was er optimal werben könnte. Quelle: dpa
Platz 9: Hape KerkelingUmfragen zufolge hätten viele Deutsche den Entertainer Hape Kerkeling gern als Moderator von „Wetten, dass…?“ gesehen, aber er wollte nicht. Hape Kerkeling ist gleichermaßen bekannt wie beliebt und erreicht einen Wert von 61,7. Humor ist halt auch gut für Werbung. Quelle: AP
Platz 8: Michael „Bully“ HerbigNoch ein Prominenter, der Deutschland gern zum Lachen bringt. Michael Herbig (unter anderem „Der Schuh des Manitu“) erreicht einen CPI-Index-Wert von 62,6 Punkten Quelle: dpa
Platz 7: Peter MaffayDer zweite deutschsprachige Musiker unter den Top Ten ist Bühnen-Dino Peter Maffay, der zudem durch seine Tabaluga-Projekte auch bei Kindern sehr erfolgreich ist. Ein Wert von 63,1 Punkten hievt ihn auf Platz 7. Quelle: dpa

Allein auf gelebter Konstanz lässt sich eine gelungene, authentische Inszenierung aufbauen. Wo dagegen ruchbar wird, dass hinter der Inszenierung wenig Substanz steckt, schlägt diese gegen den Sich-Inszenierenden zurück. Es ist wie in einer Liebesbeziehung, in der ein Partner erfährt, dass der andere ihn betrogen hat. Täuschung zieht Enttäuschung nach sich, Liebe schlägt in Hass um. Auch deshalb sieht die Öffentlichkeit die Großen so gern fallen, und ergötzt sich an ihrem Niedergang

Ein starkes konstantes Ich ist also die Grundlage gelungener Inszenierung von Führungskräften. Die Inszenierung muss die Qualitäten des Selbst unterstreichen, die in der Rolle als Führungspersönlichkeit von Bedeutung sind. Nicht das Makeup ist es, das Schönheit erzeugt, sondern die Person.

So ist es z.B. bei Drogerie-Unternehmer und dm-Chef Götz Werner. Dieser macht aus seiner anthroposophischen Grundhaltung kein Geheimnis, und transportiert sein Verantwortungsgefühl für Mensch und Umwelt nach außen. Doch er trägt es nicht wie eine Monstranz vor sich her. Stattdessen ist es ihm gelungen seit Ende der 90er-Jahre Unternehmen und Philosophie zusehends miteinander zu verschmelzen. Der Slogan „Hier bin ich Mensch hier kauf ich ein“ ist der offensivste Part von Werners Selbstdarstellung. Ansonsten lässt er Taten sprechen: die Angestellten sind ihm Mitarbeiter, deren Kreativität und Mitsprache er schätzt, die einzelnen Filialen von dm entscheiden relativ autonom über Produktwahl und Arbeitszeit. Das Konzept ist erfolgreich: dm-Mitarbeiter sind zufriedener und motivierter, und die Zufriedenheit überträgt sich auf die Kunden.

Opfer der eigenen Eitelkeit

Die Kosmetik, um auf die Metapher zurückzukommen, unterstreicht also dem Grundsatz nach vorhandene Schönheit. Wo dagegen das sich heraus Putzen im Vordergrund steht, ist der Weg zu Hochstapelei und Karikatur nicht weit.

Selbstdarsteller wie Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff, der noch in einem Interview wenige Wochen vor der Pleite seines Konzerns im Brustton der Überzeugung erklärte: „Wir haben das Unternehmen gerettet.“, sind Opfer ihrer eigenen Eitelkeit. Sie haben nicht erkannt, dass die Grenzen der Inszenierung überschritten sind, wo eine Handlung für die Vermittlung eines Inhaltes nicht erforderlich ist, und inszenieren im Wortsinne nur noch sich selbst.

Sie suchen Selbstbewusstsein durch äußeren Zuspruch zu ersetzen, und offenbaren so ungewollt ihre Angst, Schwächen nicht aus eigener Kraft kompensieren zu können. Führungskräfte, die so sehr auf Zuspruch von außen angewiesen sind, sollte man von der Bühne jagen.

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