Selbstmanagement So zähmen Sie Ihren Chef

Sie wollen ein neues Projekt beginnen, mehr verdienen, lieber von zu Hause arbeiten – doch Ihr Chef sagt Nein? Kein Grund, gleich aufzugeben. Mit diesen Tipps lernen Sie, seinen Widerstand zu brechen – und Ihre Ziele elegant durchzusetzen.

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In der Karibik schwört man auf Voodoo-Zauber, um missliebige Menschen zu beeinflussen. Wirksamer sind andere Methoden. Quelle: Fotolia

Stanford-Professor Robert Sutton taufte sein weltweit gefragtes Buch über Despoten in Nadelstreifen „Arschloch-Faktor“. Zu den Erfolgstiteln des deutschen Karriereautors Martin Wehrle gehört „Das Chefhasserbuch“. Und unter dem Pseudonym Katharina Münk berichtete eine Vorstandssekretärin über ihren Vorgesetzten. Der Titel: „Und morgen bringe ich ihn um“. Nimmt man Verkaufszahlen von Sachbüchern als Indiz, war das Verhältnis von Chefs und Mitarbeitern nie so schlecht.

Das belegte vor wenigen Monaten auch eine Umfrage der Personalberatung Intersearch Executive Consultants. Jeder dritte Befragte war mit seinem Boss unzufrieden. Die einen vermissten die Fähigkeit, zu motivieren, anderen mangelte es an Glaubwürdigkeit oder Persönlichkeit. „Die Ergebnisse überraschen nicht“, sagt Intersearch-Manager Thomas Bockholdt. Mangelnde Führungskompetenz sei einer der häufigsten Gründe für vorzeitige Entlassungen im Management. „Außerdem scheitert die Zusammenarbeit oft daran, dass ein Top-Manager nicht zur Unternehmenskultur passt.“

Aus dem Führungsalltag

Es ist verständlich, sich in Kantinen und Kaffeeküchen über den eigenen Vorgesetzten zu mokieren. Der Chef dient als Projektionsfläche für Frust und Missgunst. Angeblich lästert jeder Deutsche im Schnitt vier Stunden pro Woche über seinen Chef.

Druck und Ärger abzulassen kann kurzfristig helfen. Besser wäre es, sich in die Rolle des Vorgesetzten hineinzudenken. „Wer ganz nach oben will, muss mit seinem Vorgesetzten umgehen können“, sagt auch die Psychologin Felicitas von Elverfeldt, die seit fast 20 Jahren Führungskräfte in Großkonzernen coacht. „Je höher die Hierarchieebene, desto wichtiger wird diese Fähigkeit.“

Am besten so, dass der eigene Chef es nicht merkt. „Managing your boss“, heißt das bei den Angelsachsen, „Cheffing“ oder „Führen nach oben“ nennen es die deutschen Personalexperten – gemeint ist stets dasselbe: Es geht darum, zu agieren, statt zu reagieren. Sich nicht nur vom eigenen Vorgesetzten lenken zu lassen, sondern ihn selbst zu lenken.

Kleine Machtkämpfe

Eine heikle Situation. Hierarchien in Unternehmen sind durchaus sinnvoll. Sie helfen, Entscheidungen zu treffen und Strategien umzusetzen. Doch der Mensch strebt vor allem nach Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit, wie es die US-Psychologen Edward Deci und Richard Ryan in ihrer Selbstbestimmungstheorie der Motivation formulierten. Diese Ziele widersprechen den Möglichkeiten der Vorgesetzten. Die können Aufträge erteilen und Positionen nach Gutdünken besetzen.

Die Situation wird erschwert, wenn die Mitarbeiter ihren Chef als unfähig empfinden. Ein Gefühl, das viele Deutsche nachvollziehen können. Einer von drei Arbeitnehmern hält seinen Vorgesetzten zumindest in einigen Punkten für inkompetent, ergab im Jahr 2011 eine Umfrage der Online-Stellenbörse Monster. Wer so denkt und fühlt, lässt seine vermeintliche oder tatsächliche Überlegenheit irgendwann raushängen. Er sucht kleine Machtkämpfe oder rebelliert gar offen.

Zugegeben: Manchmal sind die Chefs selbst schuld. So wie die Lufthansa-Führungskraft in Frankreich, gegen die kürzlich die Gewerkschaften vor Gericht eine Klage einreichten. Der Manager hatte auf einer fünfseitigen Liste etwa 50 Mitarbeiter notiert und mit negativen Anmerkungen versehen. Darunter: „Nicht so schlau“, „schusselig“ oder „unbrauchbar“.

Die schlechtesten Chefs der Welt
Brian Dunn: Die Liste der schlechtesten CEOs des Jahres, die der Management-Professor Sydney Finkelstein jedes Jahr erstellt, wird von Bestbuy-Chef Brian Dunn angeführt. Der zurückgetretene CEO des größten US-Elektronikhändles hat nicht nur Fehlentscheidungen in Milliardenhöhe verursacht, sondern stolperte auch noch über eine Affäre mit einer wesentlich jüngeren Mitarbeiterin. Quelle: dapd
Aubrey McClendon: Der schillernde Vorstandschef des US-Gasgiganten Chesapeake Energy (CHK), der auch am Profibasketball-Team von Oklahoma City beteiligt ist, hat offenbar Mühe, seine eigenen und die Finanzen seines Unternehmens auseinander zu halten. Laut einem Reuters-Bericht hat McClendon über drei Jahre lang Kredite von 1,1 Milliarden Dollar aufgenommen und seine Anteile an Chesapeake-Ölquellen als Sicherheit hinterlegt – ohne dass Aktionäre darüber informiert waren. Das Geld soll er dann genutzt haben, um in den Genuss potenziell lukrativer Sondervergütungen zu kommen. Laut Ranking hat der Milliardär, der eine Sammlung teurer französischer Weine besitzt, außerdem Firmenjets für Privatreisen mit Freunden und Familie genutzt und das Basketball-Team mit Firmengeldern unterstützt. McClendon hat einen Interessenkonflikt immer zurückgewiesen – inzwischen ermittelt die US-Börsenaufsicht. Quelle: REUTERS
Andrea Jung: Die Kosmetik-Königin und jetzt Ex-Avon-Chefin sollte ihren Konzern wieder auf die Erfolgsspur bringen. Doch die Topmanagerin, die einst als Überfliegerin gefeiert wurde, lehnte ein Milliarden schweres Übernahmeangebot ab, das ihrer Firma gut getan hätte – der Preis sei zu niedrig. Quelle: REUTERS
Mark Pincus: Der Zynga-Chef muss mit ansehen, wie der Börsenwert seines kriselnden Spielekonzerns ins Bodenlose stürzt – weil manche Onlinespiele des „Farmville“-Erfinders an Beliebtheit einbüßen, haben die Aktien des fünf Jahre alten Unternehmens in einem Jahr 75 Prozent an Wert verloren. Die Verzweiflung des 46-jährigen CEOs ist riesig, denn er muss jetzt mit einem radikalen Kurswechsel den Niedergang seiner Firma stoppen. Zu allem Unglück verliert Pincus nun auch noch seine Spitzenmanager an seinen engsten Partner: Zuletzt wechselte Finanzchef David Wehner zu Facebook. Quelle: dapd
Rodrigo de Rato: Gegen den ehemalige Chef der spanischen Krisenbank Bankia wird derzeit wegen Preismanipulationen, Bilanzfälschung und Betrug ermittelt. Der Gewinn des Gelhauses, der 2011 unter dem Ex-IWF-Chef mit 309 Millionen Euro angegeben wurde, soll in Wahrheit ein Verlust von rund 3 Milliarden Euro gewesen sein. Quelle: dpa
Mark Zuckerberg: Der Facebook-Chef, der sein Studium an der Elite-Uni Harvard abbrach, hat es nicht in das Ranking der schlechtesten Bosse des Jahres geschafft – allerdings nur ganz knapp, sagt Experte Finkelstein. Weil der Börsengang floppte, schrumpfte Zuckerbergs Vermögen laut Forbes von 17,5 auf 9,4 Milliarden Dollar zusammen (7,2 Mrd. Euro). Quelle: REUTERS
Andrew Mason: Den Einzug knapp verpasst hat auch der Gutscheinportal-Gründer Andrew Mason, der es mit seiner Idee zu Groupon in kürzester Zeit zum Multimillionär gemacht hat. Doch bei dem Schnäppchen-Anbieter läuft es derzeit gar nicht rund, die Geschäftszahlen waren zuletzt enttäuschend. Sogar der Posten von Mason ist gefährdet. Die Aktie verlor seit dem Börsengang vor einem Jahr rund 80 Prozent ihres Werts. Schon seit einiger Zeit hegen die Anleger Zweifel, ob das Geschäftsmodell überhaupt auf Dauer funktioniert. Groupon lebt von einer Kommission auf die Gutscheine. Die Versuche, das Geschäft über die Rabattcoupons hinaus auszuweiten, waren bisher nur mäßig erfolgreich. Quelle: REUTERS

Ein Extremfall, sicher. Aber miese Chefs treiben Angestellte überall ins geistige Exil. Und sie erhöhen die Fluktuationsrate. 47 Prozent der deutschen Angestellten haben schon einmal wegen eines Vorgesetzten gekündigt, fand die Unternehmensberatung Information Factory kürzlich heraus. Fast 70 Prozent der 1000 befragten Beschäftigten fühlten sich von ihrem Chef unter Druck gesetzt oder kontrolliert. Das muss nicht sein.

Statt weiter unter dem Vorgesetzten zu leiden, kann man ihn sich gewissermaßen gefügig machen. Aber nicht mit dem Säbel, sondern mit dem Florett. Um das gleich deutlich zu sagen: Es geht nicht um Konfrontation oder Manipulation. Niemand soll Hierarchien aushebeln, Kompetenzen überschreiten, tricksen und täuschen.

Stattdessen sollte sich jeder Angestellte auf seinen Vorgesetzten einstellen. Seine Launen, Eigenarten und Vorlieben zuerst analysieren, um hinterher davon zu profitieren. Elegant, unauffällig, wirkungsvoll. Wie das geht, erfahren Sie auf den kommenden Seiten.

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