Serie Arbeitsrecht Wenn Arbeitgeber fristlos kündigen – ohne Grund

Unternehmen greifen immer öfter zu Tricks, wenn sie sich von Führungskräften trennen möchten. Mitunter überrumpeln sie die Angestellten mit einer fristlosen Kündigung - und kochen ihn dann weich. Ein Gastbeitrag.

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Ein fieser Trick der Unternehmen, um Führungskräfte loszuwerden: Der Manager bekommt - quasi aus heiterem Himmel - eine fristlose Kündigung, die völlig aus der Luft gegriffen ist. Quelle: dpa

Die Methode "erst überrumpeln und dann aushungern" ist an Effizienz kaum zu überbieten. Unternehmen, die sie anwenden, um Führungskräfte loszuwerden, haben einen nur schwer einzuholenden Startvorteil.

Die Masche funktioniert so: Der Manager bekommt - quasi aus heiterem Himmel - eine fristlose Kündigung, die völlig aus der Luft gegriffen ist. Die Begründung würde vor keinem Gericht der Welt standhalten. Aber dennoch: Die Kündigung ist erst einmal in der Welt - und der Manager vorerst aus dem Unternehmen raus. Und damit der Druck steigt, stellt die Firma sofort die Lohnzahlung ein.

Für die WiWo klärt Arbeitsrechtler Christoph Abeln über die fiesen Tricks der Unternehmen im Umgang mit Führungskräften auf. Quelle: Presse

Wenn die Existenzgrundlage weggezogen wird

So erging es einem Key-Account-Manager aus der Automobilindustrie, den die Attacke seines Arbeitgebers sprachlos machte - und ohnmächtig. Das Gehalt blieb aus, aber seine finanziellen Verpflichtungen von der Miete bis zu den Unterhaltszahlungen für die studierenden Kinder liefen weiter.

Hinzu kam: Vom Arbeitsamt gab es keine Hilfe, denn die Arbeitsagentur zahlt drei Monate lang nichts, wenn der Betreffende fristlos gekündigt wurde. Statt einem Jahr gibt es zudem nur neun Monate lang Arbeitslosengeld. 

Rausdrängen und Abfindung drücken

Meistens hat ein Top-Management, das einer Führungskraft fristlos kündigt, nur ein Ziel: den Mitarbeiter, der irgendwie in Ungnade gefallen ist, heftig unter Druck zu setzen. Er wird regelrecht in eine Notlage hineinmanövriert, aus der er sich nur mit einem eigenen guten Finanzpolster retten kann - ein Albtraum. Auch, weil man sich kaum schnell genug wehren kann.

Über die Serie

Die fristlose Kündigung lässt sich nicht im Eilverfahren mit einer einstweiligen Verfügung bekämpfen. Es bleibt nur der lange Weg im sogenannten ordentlichen Verfahren vor dem Arbeitsgericht. Und der ist häufig steinig.

Mit diesen Aussichten gelingt es vielen Arbeitgebern, ihre Führungskräfte weich zu kochen. Sie drängen sie damit nicht nur aus der Firma, sondern drücken auch die Höhe ihrer Abfindung massiv herunter.

Die Risiken für den Arbeitgeber sind diese: Sie müssen für Monate Gehalt nachzahlen, wenn das Gericht ihre Kündigung für unwirksam erklärt. Außerdem laufen sie die ganze Zeit über Gefahr, dass sie mit diesem Vorgehen öffentlichkeitswirksam auf die Nase fallen. Nicht nur dann, wenn die Mitarbeiter sehen, dass die Führungskraft nach Monaten der Abstinenz wieder - gerichtlich rehabilitiert - an ihren Arbeitsplatz zurückkehrt. Sondern auch, wenn die Vorgehensweise ans Tageslicht kommt, sei es über die Presse oder sei es in Arbeitgeberbewertungsportalen.

Und schlussendlich macht sich das Unternehmen, das seinen Arbeitnehmer mutwillig in einen Kündigungsschutzschutzprozess treibt, schadenersatzpflichtig  - auch für die Anwaltskosten.

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