Ganz unscheinbar kann so eine E-Mail daherkommen, bei der einem Manager oder Teamchef sofort die Alarmglocken schrillen sollten: Man bekomme ein neues Büro, als einziger und quasi aus heiterem Himmel.
Das geliebte Eck-Büro nahe dem Vorstand soll man plötzlich eintauschen gegen eine halbe Besenkammer am anderen Ende des Werksgeländes. Oder, noch drastischer: Die Führungskraft muss aus seinem Einzelbüro ausziehen in ein Großraumbüro. Unter den Augen der eigenen Mitarbeiter, die nun sehen können, dass ihr Chef plötzlich nicht mehr adäquat residiert.
Über die Serie
Unternehmen greifen immer öfter zu fiesen Tricks, wenn sie sich von Führungskräften trennen möchten. Oft ist die Strategie nicht gleich erkennbar, aber es gibt Indizien. Die Varianten schildert Christoph Abeln, Fachanwalt für Arbeitsrecht und seit vielen Jahren auf die Vertretung von Managern und leitenden Angestellten spezialisiert. In der neuen WiWo-Serie zeigt der Rechtsanwalt die Methoden auf, die ihm tagtäglich begegnen.
Redaktion: Claudia Tödtmann
Was oft damit einhergeht: Dass die Firma dem Betroffenen auch gleich seine bisherigen Tätigkeiten entzieht, ohne ihm konkrete neue Aufgaben zu stellen. Im Großraumbüro bekommen das auch gleich alle Kollegen und Mitarbeiter täglich vor Augen geführt, was für ihn eine sehr demütigende Situation ist.
Gegenwehr ist kaum möglich
Das Problem: Kein Arbeitnehmer kann sich nicht gegen die bloße Versetzung in ein anderes Büro wehren - sei es in einen Großraum noch ins Minizimmer. Denn es gibt für den Arbeitnehmer keinen einklagbaren Anspruch auf ein spezielles Büro mit besonderer Quadratmetergröße.
Vertraglich ist das nämlich nie zugesichert, obwohl man auch das im Arbeitsvertrag regeln kann. Ein Gewohnheitsrecht gibt es nicht. Nur weil jemand zehn Jahre lang ein schickes Büro hatte, schützt ihn das nicht vor seinem Verlust.
Dieser Trick ist also an sich legitim und daher oft angewandt. Allerdings kann diese Vorgehensweise der Unternehmensleitung zumindest als Indiz vor Gericht verwendet werden, um aufzuzeigen, dass die Führungskraft nicht mehr entsprechend ihrem Arbeitsvertrag beschäftigt wird.
Und dagegen wiederum ist dann jederzeit eine Klage auf Erfüllung des Arbeitsvertrags mit guter Aussicht auf Erfolg möglich. Denn im Vertrag steht die Job-Beschreibung und dann darf das Unternehmen auch nicht so einfach das "Abteilungsleiter"-Schild an der Zimmertür entfernen.
Projekte ohne Inhalt
Ebenso hohe Signalwirkung auf alle Kollegen und Kunden haben Projekte ohne Inhalt: Wer plötzlich separiert wird von der ganzen Mannschaft - entweder in ein sogenanntes Sterbezimmer oder einen Glaskasten mittendrin wie auf dem Präsentierteller - und nur noch eine sinnlose Aufgabe zugewiesen bekommt.
Das Motiv: Mürbe machen und den Betroffenen dazu bringen, dass er von selbst die Firma verlässt.
Oft handelt es sich um leitende Angestellte, denen die Company obendrein von jetzt auf gleich mal eben alle seine Mitarbeiter entzieht. Immer wieder kommt es vor, dass Führungskräfte von einem Tag auf den anderen statt mehrerer hundert Mitarbeiter nur noch eine Sekretärin bleibt. Ohne Vorwarnung, ohne vorherige Indizien.
Die haben dann schon bessere Karten. Denn wenn einerseits der leitende Angestellte fachlich als Führungskraft tätig sein soll, er aber andererseits disziplinarisch nichts mehr zu melden hat kann dies ein weiteres, wichtiges Indiz sein: Und zwar dafür, dass seine Reputation durch die Unternehmensspitze erheblich beschädigt wird.
Und das wiederum ist oft ein wichtiges Mosaiksteinchen für eine erfolgreiche Klage gegen diese Methode, erst räumlich ausgebootet, dann vielleicht auch noch die Mitarbeiter weggenommen zu bekommen und gut sichtbar für die ganze Belegschaft erniedrigt zu werden.
Wird jemand dagegen gleich in die Wüste geschickt - konkret von Hamburg nach München oder gar nach Asien, das alles passiert durchaus - gibt es Soforthilfe-Möglichkeiten: Und zwar einstweilige Verfügungen, mit der ein Anwalt in unzumutbaren Situationen vom Gericht binnen einer Woche ein vorläufiges Urteil bekommt.
Das gilt dann so lange, bis im sogenannten Hauptsacheverfahren Gegenteiliges geurteilt wird. Unzumutbar wäre es etwa, wenn eine Führungskraft seine Familie oder gar pflegebedürftige Angehörige zurück lassen müsste.