Serie - Geheimnis meines Erfolgs (II) Titus Dittmann ist der Skateboard-König

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Kontrolliert auf die Fresse

Erfolgreiche deutsche Gründer
Günther Fielmann
Willi Verhuven
Götz Werner
Theo und Karl Albrecht
Frank Asbeck
Adidas

Wie damals im elterlichen Kohlenkeller – nur ohne Kohlen und ohne Keller. Oder wie Skateboardfahren ohne Skateboard. Dieses Brett mit seinen vier Rollen entdeckt Dittmann im Juni 1977, kurz vor dem Examen, bei einem Spaziergang in Münster. Von einem Hügel sausen Jugendliche auf diesen Rollbrettern an ihm vorbei. Dittmann, mit knapp 30 gut doppelt so alt wie die Skatboarder, leiht sich ein Brett, stürzt – und ist infiziert. Auch von der Leidenschaft, mit der die Kids ihre Tricks üben, vom Brett fallen, sich blutige Knie holen und klaglos wieder aufsteigen. Immer und immer wieder. Dittmann kauft noch am gleichen Tag im nächsten Kaufhaus sein erstes Board. Und organisiert als Referendar bald Deutschlands erste Skateboard AG. Ein Unterricht frei von Normen und Regeln, in dem Dittmann den Schülern erst mal zeigt, "wie man sich kontrolliert auf die Fresse legt". Und dass es bei all den Moves und Tricks nur um eines geht: aufstehen und weitermachen. Denn: "Schafft man das beim Skateboarden, schafft man es auch im restlichen Leben."

Im Schlepptau (1979): Mit umgebautem Kastenwagen und zerlegter Halfpipe auf dem Anhänger auf dem Weg zum Training. (zum Vergrößern bitte anklicken) Quelle: Privat

Seines dreht sich bald nur noch um das Brett auf den vier Rollen, das ihm fortan die Welt bedeutet: Er schreibt seine Examensarbeit übers Skateboardfahren, bespaßt mit dem Titus Skates Show Team Autohäuser – für Cola und Würstchen. Er klappert alle Sportläden der Region ab, um den Kids Bretter, Kleidung und Ersatzteile zu besorgen. Und verkauft sie von der Küche seiner 40-Quadratmeter-Sozialwohnung aus, die nach und nach zu Werkstatt, Showroom, Kassentresen und Ankleide wird. Bis zu 10.000 Mark setzt Dittmann an einem Tag um. Weil ihm als Beamter auf Probe Nebentätigkeiten nicht erlaubt sind, läuft der Gewerbeschein auf seine Frau. Sein ökonomisches Prinzip: Einkaufspreis gleich Verkaufspreis – "Gewinn machen war nicht meins".

Brett für die Welt: In Afghanistan leistet Dittmann mit seiner Stiftung

Mit einem Niedrigzins-Beamtenkredit, eigentlich gedacht zum Erwerb eines Reihenhäuschens, finanziert Dittmann einen gebrauchten Skate-Park für 20.000 Mark. In den Ferien düst er nach Kalifornien, übernachtet auf der Rückbank seines Mietwagens, putzt sich die Zähne mit Wasser aus Vorgarten-Rasensprengern – und schmuggelt auf dem Rückweg die neuesten Bretter durch den Zoll, die er unter seinen schmutzigen Unterhosen versteckt. Zurück in Deutschland, hängt er 1984 schließlich seine Planstelle als Studienrat an den Nagel. "Alle Kollegen und Freunde haben mich für verrückt erklärt", sagt Dittmann, damals frischgebackener Vater. Er hat fortan jeden Monat 3.000 Mark weniger Festgehalt auf dem Konto, dafür deutlich mehr Spaß. Und ein Leben, wie es sein Haus-und-Hof-Philosoph Konfuzius empfiehlt: "Wähle einen Beruf, den du liebst, und du brauchst keinen Tag deines Lebens mehr arbeiten."

Wie aber führt man eine Firma überhaupt? Wie schreibt man Rechnungen? Wie funktioniert Mehrwertsteuer? Dittmann hat keine Ahnung von theoretischen betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen. Sein Ansatz: Er bringt sich alles selbst bei – frei nach seinem Lebensmotto: "Erst logisch denken – und dann einfach machen."

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