Beide Enden sind abgefahren, in der Mitte ist das Brett provisorisch zusammengenagelt. Die Kugellager haben sich längst verabschiedet, die Rollen hängen lose auf den Achsen: "Geiles Teil", sagt Titus Dittmann mit glänzenden Augen. Und hält das demolierte Skateboard wie eine Trophäe in die Höhe. Aus Afghanistan hat er es mitgebracht, eine Erinnerung an seinen letzten Besuch im vergangenen Oktober. "Die Kids dort fahren einfach immer weiter, die lassen sich nicht aufhalten."
Dort – das ist Karokh, ein Dorf nahe der Provinzhauptstadt Herat. Dort, im tiefen Westen Afghanistans, hat Dittmann über seine Stiftung vor zwei Jahren begonnen, Jugendlichen das Skateboardfahren nahezubringen. Erst auf der Straße, schließlich auf einem kleinen Beton-Parcours, den 40 Afghanen vor Ort unter Dittmanns Anleitung in sechs Wochen auf dem Schulgelände aufbauten. Regelmäßig versorgt er die Kinder seitdem mit neuen Brettern – Jungen und Mädchen, Paschtunen und Tadschiken, Sunniten und Schiiten, Vollwaisen und Kinder aus der Oberschicht.
60 Dollar hat Dittmann dem Schuldirektor zum Abschied dagelassen. Zement soll er damit besorgen und mit den Schülern die Löcher auf der Bahn ausbessern. "Im Frühjahr komm ich wieder", sagt Dittmann. "Dann schau ich nach, ob die Renovierung erfolgreich war."
Karrieretipps von Titus Dittmann
Wer die Welt erobern will, muss träumen. Businesspläne dagegen sind Schwachsinn. Wer sich nur an starren Zielen orientiert, kann sie nie übertreffen. Spring lieber durchs Fenster, wenn es auf ist, statt darauf zu warten, wenn dein Langfristplan es vorsieht – das spart viele Scherben.
Lernen kann nur, wer sich in Gefahr begibt und den Schritt aus der Komfortzone wagt. Doch nie Kopf und Kragen riskieren – das Risiko muss immer noch weitgehend kontrollierbar bleiben.
Nur wer für eine Sache brennt, macht sie überdurchschnittlich erfolgreich. Nur wer selbst begeistert ist, reißt auch andere mit, ganz mühelos. Such dir einen Beruf, den du liebst, empfahl schon Konfuzius – dann musst du nie mehr arbeiten.
Mach dein Ding, lass dir nicht reinquatschen. Vertrau dir, denn in der Not hast du keine Freunde. Aber steh zu deinen Fehlern und übernimm die Verantwortung, wenn etwas schiefgeht.
Von Kabul über die tansanische Hauptstadt Dodoma bis ins westfälische Datteln: 20 Projekte in 13 Ländern weltweit hat Dittmanns Stiftung seit ihrer Gründung angeschoben – mit rund 150.000 Euro und jeder Menge Enthusiasmus. "Wir zeigen den Jugendlichen nicht nur die ersten Tricks auf dem Brett", sagt Dittmann. "Wir vermitteln, ganz nebenbei, Know-how für eigenes Business statt bloßer materieller Hilfe – und geben einer Generation in der Orientierungsphase mit dem Skateboard ein identitätsstiftendes Werkzeug an die Hand."
Irgendwie die Welt retten und dabei genug Geld verdienen, um die Jugend mit immer neuen Projekten zu unterstützen – so hat es Titus Dittmann schon gehalten, als er noch Chef der Firma war, die er nach seinem Spitznamen aus Kindertagen benannte, der heute auch offiziell sein Vorname ist. Mit der er die Skateboardkultur in Deutschland prägte wie kein Zweiter – und dabei innerhalb von gut 30 Jahren alle Höhen und Tiefen des Unternehmertums auskostete. Von den ersten Skateboardverkäufen in der Küche seiner Sozialwohnung Anfang der Achtzigerjahre bis zu einem Jahresumsatz von 100 Millionen Euro und dem gescheiterten Börsengang 2002, gefolgt vom Niedergang bis kurz vor der Insolvenz 2007, dem Neuanfang 2008 und dem Aufbau der Stiftung – "Triumphe und Niederlagen für drei Leben", wie Dittmann in seiner Biografie "Brett für die Welt" bilanziert.
"Ich bin ein Wadelbeißer", sagt Dittmann, der Skateboarden als sein "mentales und emotionales Zuhause" bezeichnet. Und für den auch "Unternehmertum nichts anderes als Skateboardfahren" ist. "Man hat Erfolge, fliegt ständig auf die Schnauze – und lernt dabei, immer wieder aufzustehen. Hauptsache, man kann sein eigenes Ding machen."
Geschäft geht vor
Ein Gefühl, das er schon als Fünfjähriger spürt – wenn er, im Frühherbst, im Kohlenkeller seines Elternhauses sitzt und Briketts stapelt. Tagelang, rund 5.000 Stück. "Keiner störte mich, keiner redete mir rein, keiner wusste alles besser, während ich austüftelte, wie aus dem unordentlichen Haufen ein sauber geschichteter Stapel wurde", erinnert sich Dittmann. "Ich hatte mir das Ziel selbst gesucht, konnte meine Ideen ausprobieren, scheitern, neu starten, mein Ding durchziehen."
Keine Selbstverständlichkeit, damals, Anfang der Fünfzigerjahre, in Kirchen, einem kleinen Städtchen am Fuße des Westerwalds. Wo sich Dittmann junior von kirchlichem Muff, verklemmter Moral und strengem Elternhaus zunehmend in die Zange genommen fühlt. Und als Sohn eines selbstständigen Elektromeisters schnell lernt: Unterm Weihnachtsbaum steht zwar oft die neueste Modelleisenbahn – doch wenn ein Kunde exakt danach sucht, ist sie genauso schnell wieder weg. "Das Geschäft ging immer vor."
In der Schule markiert Klein-Titus oft den Klassenkasper. Seinen Vornamen Eberhard hat er da schon gegen den Spitznamen eingetauscht, den ihm sein älterer Bruder verpasst hatte, weil er ihn an den gleichnamigen römischen Kaiser erinnert. Titus rebelliert gegen Lehrer, beharrt auf seiner Meinung. Klein beigeben, wenn er sich im Recht fühlt? Kommt nicht infrage. "Lieber bekomme ich noch eins aufs Maul."
Er kämpft sich durchs Gymnasium, entdeckt aber seine Begabung für Zahlen und Formeln. Und lernt, sich "außerhalb normaler Denkgewohnheiten" zu bewegen. Fängt mit 15 an, sich die Bewegungsabläufe beim Autofahren vorzustellen und diese abends immer wieder nachzuvollziehen – unter seiner Bettdecke. Der Führerschein mit 18 ist ein Klacks, seitdem weiß er: "Ich kann etwas anpacken, wenn ich es vorher im Geiste oft genug durchgegangen bin."
In seinem gebrauchten Fiat 770 kutschiert er Mitschüler durch Eifel und Westerwald – für zehn Pfennig pro Kilometer. Und heizt auf einer Runde über die berüchtigte Nordschleife des Nürburgrings ins Gebüsch. Diesen Drahtseilakt zwischen Business und Blödsinn, Geschäftssinn und Größenwahn lebt er auch beim Bundesgrenzschutz aus, den er der Bundeswehr vorzieht – weil es dort zehnfachen Sold gibt. Er keilt sich mit Vorgesetzten, weil er auf Bart und lange Haare nicht verzichten will. Und richtet in seinem Spind einen Kiosk ein, mit dem er der Kasernenkantine das Geschäft abgräbt. 1971 beginnt er in Münster mit dem Lehramtsstudium. "Unternehmertum", so der 68er-Abiturient, "galt damals als Teufelszeug."
Als Teilzeit-Autoschrauber finanziert er sich Studium und wochenlange Urlaubsreisen – auch durch die Sahara. "Man ist komplett auf sich allein gestellt, für alles selbst verantwortlich – die grandiosen Momente genauso wie die peinlichen Pannen. Mit einem Wort: Freiheit."
Kontrolliert auf die Fresse
Wie damals im elterlichen Kohlenkeller – nur ohne Kohlen und ohne Keller. Oder wie Skateboardfahren ohne Skateboard. Dieses Brett mit seinen vier Rollen entdeckt Dittmann im Juni 1977, kurz vor dem Examen, bei einem Spaziergang in Münster. Von einem Hügel sausen Jugendliche auf diesen Rollbrettern an ihm vorbei. Dittmann, mit knapp 30 gut doppelt so alt wie die Skatboarder, leiht sich ein Brett, stürzt – und ist infiziert. Auch von der Leidenschaft, mit der die Kids ihre Tricks üben, vom Brett fallen, sich blutige Knie holen und klaglos wieder aufsteigen. Immer und immer wieder. Dittmann kauft noch am gleichen Tag im nächsten Kaufhaus sein erstes Board. Und organisiert als Referendar bald Deutschlands erste Skateboard AG. Ein Unterricht frei von Normen und Regeln, in dem Dittmann den Schülern erst mal zeigt, "wie man sich kontrolliert auf die Fresse legt". Und dass es bei all den Moves und Tricks nur um eines geht: aufstehen und weitermachen. Denn: "Schafft man das beim Skateboarden, schafft man es auch im restlichen Leben."
Seines dreht sich bald nur noch um das Brett auf den vier Rollen, das ihm fortan die Welt bedeutet: Er schreibt seine Examensarbeit übers Skateboardfahren, bespaßt mit dem Titus Skates Show Team Autohäuser – für Cola und Würstchen. Er klappert alle Sportläden der Region ab, um den Kids Bretter, Kleidung und Ersatzteile zu besorgen. Und verkauft sie von der Küche seiner 40-Quadratmeter-Sozialwohnung aus, die nach und nach zu Werkstatt, Showroom, Kassentresen und Ankleide wird. Bis zu 10.000 Mark setzt Dittmann an einem Tag um. Weil ihm als Beamter auf Probe Nebentätigkeiten nicht erlaubt sind, läuft der Gewerbeschein auf seine Frau. Sein ökonomisches Prinzip: Einkaufspreis gleich Verkaufspreis – "Gewinn machen war nicht meins".
Mit einem Niedrigzins-Beamtenkredit, eigentlich gedacht zum Erwerb eines Reihenhäuschens, finanziert Dittmann einen gebrauchten Skate-Park für 20.000 Mark. In den Ferien düst er nach Kalifornien, übernachtet auf der Rückbank seines Mietwagens, putzt sich die Zähne mit Wasser aus Vorgarten-Rasensprengern – und schmuggelt auf dem Rückweg die neuesten Bretter durch den Zoll, die er unter seinen schmutzigen Unterhosen versteckt. Zurück in Deutschland, hängt er 1984 schließlich seine Planstelle als Studienrat an den Nagel. "Alle Kollegen und Freunde haben mich für verrückt erklärt", sagt Dittmann, damals frischgebackener Vater. Er hat fortan jeden Monat 3.000 Mark weniger Festgehalt auf dem Konto, dafür deutlich mehr Spaß. Und ein Leben, wie es sein Haus-und-Hof-Philosoph Konfuzius empfiehlt: "Wähle einen Beruf, den du liebst, und du brauchst keinen Tag deines Lebens mehr arbeiten."
Wie aber führt man eine Firma überhaupt? Wie schreibt man Rechnungen? Wie funktioniert Mehrwertsteuer? Dittmann hat keine Ahnung von theoretischen betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen. Sein Ansatz: Er bringt sich alles selbst bei – frei nach seinem Lebensmotto: "Erst logisch denken – und dann einfach machen."
Erfolg ohne Businessplan
Zum Beispiel das, was in Managementhandbüchern als Just-in-time-Logistik gepriesen wird: Statt sie zwischen dreckiger Wäsche zu schmuggeln, ordert Dittmann die neuesten US-Skateboards bei Händlern in Übersee und lässt sie von einem US-Spediteur gesammelt nach Deutschland verfrachten – genau in der Stückzahl, die seine Kunden bestellt hatten. Dittmann muss ob geringer Stückzahlen zwar auf Mengenrabatt verzichten, spart so aber Lagerkosten und kann schnell auf neue Trends reagieren, ohne auf alter Ware sitzen zu bleiben. Damit seine Lagermitarbeiter auch ohne Handys und PCs telefonische Bestellungen im weitläufigen Lager flexibel abarbeiten können, lötet er einfach Telefonkabel auf 20 Meter Länge zusammen.
Statt sich von einer Agentur komplizierte Marketingstrategien austüfteln zu lassen, stampft Dittmann die Münster Monster Mastership aus dem Boden und erklärt sie kurzerhand zur Weltmeisterschaft. Die zieht bald aus Münster um in die Dortmunder Westfalenhalle, wo sich Dittmann wie ein Rockstar aus 30 Meter Höhe von der Decke abseilen lässt. Veranstaltet, um nach den Wettbewerben die Kids von der Straße zu holen, nebenbei Deutschlands größte Hallenkonzertreihe. Veröffentlicht das "Monster Skateboard Magazine", das er damals von Hand zusammentackert und für zwei Mark an jeden verkauft, der im über den Weg läuft – Anfänge der heute ältesten und erfolgreichsten Skateboardzeitschrift Europas.
Dittmanns Mitstreiter schaffen es als Posterboys in die Bravo, spielen Hauptrollen in TV-Spots. Die Telekom bucht Dittmanns rollende Artisten für eine wochenlange Werbetournee, die Truppe ist Dauergast bei der Internationalen Funkausstellung und im TV – im Aktuellen Sportstudio, bei Alfred Biolek, Günther Jauch. Immer mit im Bild: Der rote Schriftzug der eigenen Marke – Titus. Der erste Stand auf der Sportartikelmesse Ispo im Stile einer Gefängniszelle verstört Aussteller wie Kunden. "Wir wollten Haltung beweisen – und nichts mit Kommerz zu tun haben."
Der Erfolg lässt trotzdem nicht lange auf sich warten: Der Markt boomt, bis 1989 verdoppelt sich der Umsatz des Unternehmens jedes Jahr. Zu Titus gehören mittlerweile ein halbes Dutzend GmbHs, vom Großhandel über Event- und Werbeagentur bis zur Distribution – und das ohne jeden Businessplan. Aber mit festen Prinzipien: Wer 10 Mark in der Tasche hat, kann nicht 20 ausgeben. Also werden, um das Geld für eine Bohrmaschine zu sparen, die Löcher zur Befestigung der Fahrgestelle zunächst mit dem Stichling gefertigt. Sucht Dittmann neue Mitarbeiter, achtet er nicht auf Schul- und Arbeitszeugnisse, sondern nur auf Authentizität und Haltung der Bewerber. Er führt sein Team ohne Schulterklappen, aber mit großer Begeisterungsfähigkeit – laut Dittmann "wie Jesus und seine Jünger".
Das geht gut, solange Dittmann ungestraft "95 Prozent Marktanteil für gottgegeben" halten kann. Als aus zwei seiner engsten Mitarbeitern Wettbewerber werden, reagiert er "wie ein bissiger Straßenköter", will "gewinnen, mit allen Mitteln". Expandiert in andere Geschäftsfelder: gründet eine eigene Snowboardmarke, die er später mit großem Gewinn verkauft. Steigt in den E-Commerce ein, eröffnet neue Filialen, startet ein Franchise-System. Erfindet mit den Magalogen, einer Mischung aus Katalog und Magazin, eine neue Vertriebsform, die gar den Sprung ins "Lexikon der Deutschen Sprache" schafft.
Schlaraffenland fürs Ego
Erfolg, der Dittmann bald zu Kopf steigt. Angestachelt vom anstehenden Börsengang eines Skateboard-Internet-Portals zweier Ex-Mitarbeiter, will auch Dittmann ans große Geld. Und zwar schneller als die Konkurrenz. Schließlich ist er als Chef von 20 Tochterfirmen mit 600 Mitarbeitern und 100 Millionen Euro Umsatz "lieber tot als Zweiter". Er überredet seine skeptische Frau durch "Management by Ohrabkauen", holt Investoren an Bord. Kauft für viele Millionen einen maroden Online-Versandhändler, verabschiedet sich aus der Operative, lässt sich von einer Talkshow zur nächsten karren.
"Ein Schlaraffenland fürs Ego", erinnert sich Dittmann, der damals alle Warnsignale des bevorstehenden Niedergangs ignoriert. Etwa, dass 2001 der Gewinn gegenüber dem Vorjahr um 60 Prozent schrumpft, der Umsatz stagniert und der neue Markt kollabiert. Dass neue Manager, abgeworben von traditionellen Handelskonzernen, keinen Draht zur Kernkundschaft finden. Dass er zwar noch zwei Drittel seines Unternehmens besitzt, aber die Macht im Aufsichtsrat leichtfertig an seine Partner abgegeben hatte. Dass neue Vorstände auf eigene Rechnung und mit Bilanztricks arbeiten, Neuware bei Ebay weit unter Einkaufspreis verticken. Bis, 2004, knapp zehn Millionen Euro Verlust zu Buche stehen, Banken und Investoren das Unternehmen filetieren wollen. Dittmann betäubt sich mit Autorennen und Fallschirmspringen – bis er und seine Frau an einem lauen Herbstabend 2006 die Notbremse ziehen.
Auf der Terrasse des eigenen, reetgedeckten Hauses mit Blick auf Badesteg und Seerosenteich, entscheiden sie, notfalls auf jeglichen Besitz zu verzichten, um wieder ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Als Dittmann das Unternehmen für einen Euro zur Übernahme anbietet, vom Rinderzüchten in Brasilien und einem Nomadenleben in der Sahara erzählt, packen erst die Berater ihre Koffer, dann lenkt auch die Bank ein: erlässt Dittmann zweieinhalb Millionen der zwölf Millionen Euro Schulden und akzeptiert seinen Sanierungsplan. "Das hat nur funktioniert, weil wir keine Existenzangst mehr hatten", sagt Dittmann. "Das ist viel wertvoller als ein paar Millionen in der Tasche."
Dittmann verpfändet Haus und Lebensversicherung, kauft über einen Strohmann die Firma zurück. Setzt auf mittelfristige Rentabilität statt kurzfristige Liquidität, mistet das Sortiment aus, streicht den Etat fürs Online-Marketing, handelt mit Lieferanten Zahlungsverzichte aus – bis die Firma 2008 wieder auf einigermaßen stabilen Füßen steht.
Rollen neu verteilt
Und Dittmann wieder Luft hat, sich einem neuen Projekt zu widmen: den Straßenkindern von Afghanistan. Im Januar 2009 bringt er zwei Tonnen Skaterausrüstung und 13.000 Euro nach Kabul, gespendet von Titus-Kunden. Sein Ziel: Über seine Stiftung und den Verein Skate-Aid will er Kindern den Freigeist der Skateboarder nahebringen. Lernt über den Münsteraner CDU-Politiker Ruprecht Polenz den Menschenrechtsveteranen Rupert Neudeck kennen, der damals in Afghanistan Schulen aufbaut. Dittmanns Ziel: ´"anderen zu zeigen, mit dem Skateboard unter den Füßen auf die Füße zu kommen".
Dafür will er an der Universität im afghanischen Herat eine Sportfakultät mit Skateboardstudiengang aufbauen helfen – mit Unterstützung seiner ehemaligen Alma Mater in Münster, wo er bereits Studenten die Balance auf dem Brett lehrt. "Ein tolles Projekt", sagt Dittmann, auf dessen Visitenkarte heute "Anstifter" steht. "Ich fühle mich wieder wie ein Jungunternehmer."
Das Skateboardgeschäft führt seit zwei Jahren Sohn Julius. Dem hatte sein Vater schon früh beigebracht, was er unter Risiko, Verantwortung und Erfolg versteht: erklärt seinem Filius mit elf, wie er seine Jacke in Flammen setzen und gefahrlos als menschliche Fackel durch den Garten rennen kann. Gibt ihm Geld für gute Noten – und knöpft ihm welches ab, wenn die Zensuren zu wünschen übrig lassen. Lässt ihn ein Skateboardvideo produzieren, selbst über das Honorarmodell entscheiden – Garantiesumme oder Erfolgsbeteiligung – und jenseits des vereinbarten Festpreishonorars konsequent leer ausgehen, als sich das Filmchen zum damals bestverkauften seiner Gattung entwickelt.
Heute sagt der Junior dem Senior, wo es langgeht. Fragt seinen Vater per E-Mail unverblümt, was dieser gegen Verluste zu tun gedenke, wenn die GmbH, über die Titus Ami-Schlitten repariert, verkauft oder vermietet, mal in die roten Zahlen rutscht.
"Anfangs musste ich mich an die neue Rollenverteilung gewöhnen", sagt Dittmann, der dieses Jahr 65 wird und am liebsten in Jeans, Turnschuhen, T-Shirt, Karohemd und Wollmütze rumläuft. "Aber mit meinem Sohn ein so tolles Verhältnis zu haben ist wahrscheinlich das schönste Ziel, das ich im Leben erreicht habe."