Keine Ledersessel, kein Kamin. Nach Clubatmosphäre sucht man vergeblich. In der Zentrale des European Roundtable of Industrialists (ERT) in Brüssel dominieren funktionale Büroräume und nüchterne Konferenzsäle. Dennoch wäre es ein Fehler, den ERT zu unterschätzen.
Der Zusammenschluss hält sich selbst für bedeutend. Zurück geht er auf das Jahr 1983. Damals trafen sich in Paris 17 Wirtschaftsbosse, angeführt vom Ex-Volvo-Chef Pehr Gyllenhammar, dem damaligen Philips-CEO Wisse Dekker und dem Fiat-Paten Umberto Agnelli. Ihr Ziel: Sie wollten eine Organisation bilden, um die Regierungen auf den schlechten Zustand der europäischen Wirtschaft aufmerksam zu machen.
ERT-Chef ist heute der Ericsson-Boss Leif Johansson, zu seinen Stellvertretern gehört auch der Siemens-Vorstandsvorsitzende Peter Löscher. Insgesamt besteht der ERT aus etwa 50 Vorstandsvorsitzenden und Aufsichtsratsvorsitzenden europäischer Konzerne. Sie treffen sich zwei Mal jährlich zu gemeinsamen Diskussionen, die Mitgliedschaft erfolgt allerdings nur auf Einladung.
Lobbykritische Nichtregierungsorganisationen zürnen den ERT regelmäßig als Einflüsterer der EU-Kommission. Fest steht, dass es einer Gruppe Vorstandsvorsitzender leichter gelingt, einen Termin beim zuständigen Kommissar zu arrangieren.
In den Achtzigerjahren gelang es den Industriellen sogar, die Politik zum europäischen Binnenmarkt entscheidend mitzugestalten. Anfang des neuen Jahrtausends setzten sie sich dann für mehr Wettbewerbsfähigkeit in der EU ein. Doch diesmal blieb ihr Erfolg aus: Die vom ERT mit angestoßene Lissabon-Strategie floppte.