Engländer und Amerikaner sprechen von Closed Shops, Deutsche von Netzwerken, Rheinländer vom Klüngel. Doch egal, wie man es nennt und sich auf internationalem oder nationalem Parkett bewegt; ob man in ökonomisch motivierten Zirkeln oder Freundeskreisen von Museen zusammenkommt; sich unter Adeligen oder im Karnevalsverein trifft; ob man qua Geburt, Beruf oder Vermögen dazugehört. Das Prinzip ist stets dasselbe: Man kennt sich, man schätzt sich, man hilft sich.
Die einen plaudern unter ihresgleichen entspannt über geschäftliche und private Interessen. Die anderen tauschen Tipps über anstehende Jobwechsel aus, bahnen Kooperationen an und stellen Aufträge in Aussicht. Alles unbeobachtet von der Öffentlichkeit. Ganz gleich, in welcher Branche. Der deutsche Top-Manager Klaus Kleinfeld, Vorstandsvorsitzender von Alcoa, vergleicht das Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos mit „Speed Dating“. Soll heißen: Er trifft innerhalb kürzester Zeit so viele wichtige Personen wie sonst nie. Evonik-Chef Klaus Engel nutzt das WEF vor allem dazu, um sich mit Gleichgesinnten über globale Trends und die Konjunktur auszutauschen. Als wichtigstes Treffen der globalen Finanzelite etwa gilt die Jahrestagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds. Das letzte Tête-à-Tête von Finanzministern, Zentralbankgouverneuren der G7, Top-Bankern und Nichtregierungsorganisationen fand im Oktober 2012 in Tokio statt. In Berlin wiederum gab es in der vergangenen Woche ein Zusammentreffen, dessen Name Programm ist: die „Super Return Conference“. Unter diesem Dach versammeln sich seit 1998 knapp 1500 Manager der Private-Equity-Branche mehrmals jährlich an wechselnden Orten der Welt – um über die Zukunft der Branche zu debattieren, Strategien gegen mögliche Regulierungen auszuhecken oder nach der neuen Formel für spektakulären Anlageerfolg zu suchen.
Wo sich die Mächtigen noch treffen
Seit 1982 trifft sich dort die Elite der US-Medien- und -Softwarebranche
CEOs multinationaler Konzerne versammeln sich zu halbjährlichen Treffen
Besteht seit 1978 aus Führungskräften aus Europa, Nordamerika und Asien
Startete 1978 als Treffen der globalen Elite im Schweizer Örtchen Davos
Serie der WirtschaftsWoche
Welche aber sind die bedeutsamsten Machtzirkel unserer Zeit? Wo laufen die wirklich wichtigen Fäden zusammen? Wo wird jenseits öffentlich wahrnehmbarer Gremien und Institutionen wie Regierungen, Wirtschaftsverbänden, Wahlen und Hauptversammlungen über den Lauf der Dinge mitentschieden? Über globale Entwicklungen historischer Dimension, Regulierungen auf nationaler Ebene bis hin zu Entscheidungen im lokalen Umfeld? Welcher Zirkel eignet sich für welchen Personenkreis? Wie befördert eine Mitgliedschaft meine berufliche und private Entwicklung? Und wie bekomme ich Zutritt?
Mit diesen Fragen beschäftigt sich die WirtschaftsWoche in den kommenden Wochen. Eine sechsteilige Serie liefert Einblicke in die Welt der Elitezirkel und stellt etwa 30 der bedeutendsten Vereinigungen vor – vom WEF in Davos über die Internet-Konferenz Le Web bis hin zum Frauennetzwerk Zonta und dem Allgemeinen Schnauferl-Club, einem mächtigen Zusammentreffen autovernarrter Top-Manager.
Starkes Bedürfnis
„Keine menschliche Eigenschaft ist erstaunlicher als unser Drang, mit anderen zu sympathisieren“, schrieb der schottische Philosoph und Ökonom David Hume in seinem 1740 veröffentlichten „Traktat über die menschliche Natur“. Damit formulierte er vor knapp 300 Jahren, was bis heute unverändert gilt: Das Bedürfnis nach sozialen Bindungen gehört zu den zentralen Triebkräften des Menschen – ganz gleich, ob im Berufs- oder Privatleben. Als soziale Wesen suchen wir Anschluss an Gleichgesinnte. Mal wollen wir durch gegenseitige Unterstützung Einfluss und Status einer Gruppierung festigen, mal Entscheidungen in eine bevorzugte Richtung beeinflussen.
So verständlich dieser Wunsch ist, so faszinierend sind seine Ausprägungen. Sagenumwobene Geheimbünde wie die Freimaurer, die Illuminaten oder das Opus Dei regen traditionell die Fantasie von Außenstehenden an. Wilde Theorien füllen ganze Bücherregale und geistern durch Diskussionsforen im Internet. Manche vermuten, dass diese und andere Netzwerke in dunklen Hinterzimmern das Schicksal der Welt bestimmen; andere glauben, dass sie als Schattenregierungen die gewählten Politiker zu Marionetten verkommen lassen – oder die Amtsträger in den Vorstandsetagen der Unternehmen gleich mit.