




Einmal pro Jahr sollten Prozesse auf den Prüfstand. Denn gerade intern vergaben viele Firmen Geld, weil alte Strukturen nicht belüftet werden.
Zu hohes Skonto, ungepflegte Daten oder fehlende Vertretungsregeln kosten kleine und mittlere Betriebe Geld.
Beispiel zu hohes Skonto: Ein Mittelständler aus der Bau-Industrie gewährt Kunden ungefragt Skonto. Und das seit Jahrzehnten. Geboren ist die Idee in den 1970er-Jahren. Damals hatte die Firma einen Liquiditätsengpass. Um das Wachstum zu stemmen, beschlossen die Gesellschafter Rabattregeln für Schnellzahler. Doch vier Jahrzehnte später ist diese Regel obsolet. Heute geht es darum, die Firma bei gleichem Umsatz rentabel zu führen.
Stellschraube Skonto und Zahlweise
Würde das Unternehmen das Skonto abschaffen, wären mehr als 80.000 Euro zusätzlicher Ertrag sofort möglich. Doch vor allem der Vertrieb mauert massiv. „Die Kunden werden weglaufen“, so die Verkäufer. Um die zu beruhigen, bekommen die Kunden weiterhin Skonto – aber nur, wenn sie explizit danach fragen. Binnen vier Wochen ist die gesamte Buchhaltung umgestellt. Beschwert haben sich gerade einmal fünf Prozent der Kunden.
Zur Person
Autor Manuel Marburgerwar ein beachteter Industriekletterer. Seine 50-Mann-Firma hat er mit Millionengewinn verkauft. Sein Buch „Aufschlagen und einschlagen“ erscheint demnächst. Heute ist er Chef der Unternehmensberatung www.muve.de.
Um mehr Liquidität geht es ebenso bei einer Firma für Mietarbeitskleidung. Seine Abrechnungen verschickt das Unternehmen monatlich. Pro Jahr werden mehr als 30.000 Rechnungen versandt. Zudem ist die Investitionsquote hoch, weil die Firma wächst und ständig neue Shirts, Jacken und Hosen kaufen muss. Für einen einmaligen Rabatt von zehn Prozent stellen Dreiviertel der Kunden auf Quartalsrechnungen um. Die Liquidität schnellt nach oben. Die Buchhaltung jubelt, weil sie nur noch 7500 Rechnungen pro Jahr schreiben muss. Die Kosten für den Einmalnachlass von rund 50.000 Euro amortisieren sich zum Großteil durch gespartes Porto und Kontokorrentzinsen. Wodurch zudem die Bonität bei der Bank steigt.
Datensilos kosten Geld
Aufräumen – oder besser – erstmal installieren, gilt für das Verwalten von Kundendaten im Mittelstand. Denn hier schlummert Kapital. Heirat, Kündigung, neuer Job – persönliche Daten ändern sich oft. Hinzu kommen geänderte Straßen- und Ortsnamen (jährlich 45.000 Straßen werden umbenannten). Doch viele Firmen sind nach wie vor schlampig im Umgang mit Änderungen. Hinzu kommt: Laut einer Uniserv-Studie liegen Kundendaten in kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) vorrangig in den Systemen von Finanz- und Buchhaltung (49 Prozent), Customer-Relationship-Management (30 Prozent) und Marketing (17 Prozent) vor. In bis zu sieben verschiedenen Systemen lagern die Bestände. Das führt zu Datensilos. Zuständigkeiten bleiben ungeklärt, Rentabilitätsverluste sind die Folge.
Denn Kundendaten sind bares Geld. Jeder im Betrieb sollte dafür verantwortlich sein, diese zu sammeln und im Idealfall zentral zu pflegen. In der Folge steigt die Trefferfrequenz bei Marketingaktionen wie Newsletter-Versand und es sinken Retouren, weil Waren und Rechnungen Adressaten auf Anhieb finden.
Umfrage: Welche Hindernisse sehen Sie beim digitalen Wandel?
Ein relativ geringer Anteil, aber immerhin sieben Prozent der Umfrageteilnehmer, nannten fehlende finanzielle Anreize als Hindernis für die Digitalisierung.
32 Prozent fürchten Risiken durch Cybercrime.
Etwas weniger, nämlich 59 Prozent der Befragten, sehen Problematiken in einer mangelnden Infrastruktur und IT-Ausstattung begründet.
77 Prozent der Befragten sehen die mangelnde Qualifikation der Mitarbeiter und / oder Führungskräfte als Hindernis im digitalen Wandel an.
Genau so viele Umfrageteilnehmer nannten mangelndes Verständnis für die Digitalisierung als Hemmnis.
Doch trotz Erfolgsgarantien in Vertrieb und Liquidität dämmern viele Familienbetriebe ohne Kommunikationsplattformen vor sich hin. Oft hält sie die Angst vor der Investition zurück oder es gibt eine Scheu vor dem Einpflege-Aufwand. Der ist zum Start natürlich hoch, doch wer einmal den täglichen Suchbedarf addiert, der durch Adresschaos entsteht, erkennt rasch Amortisationspotentiale. Ein wichtiger Tipp für das Ablegen ist eine Baumstruktur, damit intuitive Datenpflege gelingt. Diese bekommt Ritual-Charakter, wenn der Chef das Einpflegen der Infos vorlebt und nach jedem Kundenkontakt eingesammelte Visitenkarten zur Eingabe schickt oder die Servicemitarbeiter bei jedem Kundenbesuch Stammdaten checken. Erfahrungen zeigen: Zu Beginn lohnt es sich, eine eigene Struktur zu überlegen. Wächst ein Unternehmen, ist die Plattform jedoch besser in Expertenhand. Diese muss organisiert und gecoacht werden, damit jeder im Betrieb die Struktur versteht und sie für sich passend anwenden kann.
Einzelkämpfer reißen Löcher
Dritter Renditekiller im Mittelstand sind undefinierte Zuständigkeiten oder nur einfach besetzte Arbeitsplätze. Auf einer Großbaustelle mit einer Laufzeit von fünf Jahren hatte die Assistentin gekündigt, die für Pläne, Verträge und Kundenadressen zuständig war. Jeder, der Informationen suchte, wandte sich an sie. Selbst der Chef schloss seine Wissenslücken über einen Anruf bei ihr. Die Ex-Sekretärin war eine One-Woman-Show, die niemand vertreten hat. Eine Übergabe an die neue Kollegin gab es nicht. Kommunikationswerkzeuge oder eine Ablagesystematik fehlen.
So entwickeln Sie die richtige Digitalstrategie
Bernd Holitzner ist seit 2010 Geschäftsführer des Beratungsunternehmens menovo GmbH, das sich auf Automation, Optimierung und Beratung von Geschäftsprozessen spezialisiert hat.
Er rät: "Ermitteln Sie den aktuellen Prozessablauf – über Abteilungsgrenzen hinweg. Stellen Sie Start- und Endpunkt des Gesamtprozesses fest und definieren Sie Haupt- und Subprozesse. Zum Schluss eruieren Sie die verwendeten Tools. Wahrscheinlich haben Sie erste Schwachstellen und Optimierungspotenziale aufgedeckt. Jetzt können Sie sich vergewissern, ob die gestellte Anforderung diese berücksichtigt."
"Prüfen Sie, ob die Anforderung die Unternehmensstrategie berücksichtigt. Ein Beispiel ist der Onboarding-Prozess. Die IT-Abteilung erwartet, dass Software installiert und Berechtigungen angelegt werden. Die Unternehmensstrategie fordert, dass der Prozess effizienter wird. Diese Bedürfnisse müssen Sie in Einklang bringen."
"Analysieren Sie die Optimierungspotenziale des aktuellen Prozesses. Das sind Prozessschritte, die die Unternehmensstrategie nicht unterstützen. Wenn Sie eine fundierte Auswertung benötigen, führen Sie eine Prozesskennzahlenanalyse durch. Dokumentieren Sie die Optimierung anschließend detailliert."
"Anhand des Optimierungskonzeptes erkennen Sie, wo technische Unterstützung sinnvoll ist. Formulieren Sie, welchen Bedarf die Technik erfüllen soll. Soll die Fehleranfälligkeit im Dokumentenmanagement reduziert werden? Sollen Informationen firmenweit zugänglich werden?"
"Häufig existieren in Unternehmen Tools, die die Anforderungen erfüllen. Durch Kommunikationsdefizite oder mangelnde Prozesskenntnis werden diese nicht berücksichtigt. Überprüfen Sie genauer den Nutzen und die Potenziale der eingesetzten Tools. Erfüllen bestimmte Tools den Bedarf nicht? Dann untersuchen Sie mit der gleichen Akribie die Auswahl neuer Tools."
"Heutzutage ändert sich der Bedarf eines Unternehmens kontinuierlich. Stellen Sie sicher, dass Tools schnell und mit geringem Aufwand angepasst werden können. Zum Beispiel indem Funktionen via Konfiguration geändert werden können."
"Nachdem die Digitalisierung erfolgreich umgesetzt wurde, ist die größte Herausforderung, sie kontinuierlich anzupassen. Der digitale Prozess muss kontrolliert, hinterfragt und weiterentwickelt werden."
Das kostet das kleine Bauunternehmen viel Geld: Bauverzug und nicht berechnete Rapporte richten finanziellen und Imageschaden an.
Ertragsvernichter sind auch Chefs mit einem falschen Rollenverständnis. Wer sich als Feuerlöscher sieht und überall da hilft, wo es im Betrieb brennt, entbindet Mitarbeiter von Verantwortung und Konsequenzen. Außerdem stecken diese Chefs in der Arbeitsebene fest statt sich um strategische Fragen zu kümmern, wichtige Kundengespräche zu führen oder Arbeitsprozesse zu beleuchten. Für diese Notfalltätigkeiten sollte ein Springer oder Assistent der Geschäftsführung betraut werden. Dessen Job ist es, den Laden am Laufen zu halten.