




Radikale Kundenorientierung gilt seit Jahren als Erfolgsfaktor der Zukunft. Immer soll etwas dafür getan werden, beharrlich startet man „total customer care“-Aktionen und Lächeloffensiven – ohne dass sich Wesentliches ändern würde. Zugrunde liegt eine psychoorganisatorische Fehlhaltung: Im Management kommt immer irgendetwas hinzu. Klüger wäre es, zu fragen, was die Kundenorientierung behindert. Warum ist sie verschwunden? Sie war ja einst da, sonst hätte das Unternehmen kaum überlebt. Das wirft grundsätzliche Fragen auf: Ist das Unternehmen für die Kunden da – oder umgekehrt? Die Frage nach Mittel und Zweck.
Diversity: So wollen Unternehmen die Vielfalt fördern
Um attraktiv für junge Eltern zu werden, setzen 81,3 Prozent der von der PageGroup befragten Unternehmen auf flexible Arbeitszeitmodelle und Work-Life-Balance-Angebote.
Für die "Diversity Management Survey" hat die Personalberatungs- und Personalvermittlungsgesellschaft online 215 deutsche Unternehmen befragt. Mehrfachnennungen waren möglich.
Mehr als die Hälfte der Befragten setzt auf die Förderung der Bildung von interkulturellen Teams.
Familienfreundliche Angebote - konkret: Angebote für Alleinerziehende - haben rund 47 Prozent der Unternehmen.
Ebenfalls 46,ß Prozent gaben an, Alters- und behindertengerechte Arbeitsplätze anzubieten.
Etwas mehr als 40 Prozent gaben an, ihre Diversity-Aktivitäten im Inter- und Intranet, Broschüren oder bei internen Workshops zu kommunizieren.
Etwas mehr als ein Drittel der Befragten kümmert sich um die Förderung von Akzeptanz und Toleranz von sexueller Orientierung und Identität der Mitarbeiter.
Wir leben in einer Zeit, deren Zwecke in Gefahr sind, an den Mitteln zugrunde zu gehen. Das gilt auch für Unternehmen. Am Anfang lösen sie die Probleme der Kunden, später sollen die Kunden deren Probleme lösen. Das Unternehmen kreist um sich selbst: Wenn dessen gesamte Kommunikation darauf hinausläuft, Zahlen, Fakten und Daten zu aggregieren und zu präsentieren, dann wird die Steigerung des Unternehmenswertes zur dominierenden Sinnquelle. Dann geht es nicht mehr vorrangig darum, mit den Produkten und Dienstleistungen die Lebensqualität der Kunden zu erhöhen. Kunden sind vielmehr Mittel zu dem Zweck, die Lebensqualität des Managements zu erhöhen. Da mag man noch so oft betonen, ohne Kunden lasse sich der Unternehmenswert nicht steigern. Das ist betriebswirtschaftlich verkürzt und für jeden unglaubwürdig, der ein paar Jahre in Unternehmen gearbeitet hat.
Zur Person
Reinhard Sprenger zählt zu den renommiertesten deutschen Managementautoren. In seinem neuen Buch "Das anständige Unternehmen" beschäftigt er sich mit richtiger Führung.
Alleine schon die Praxis, Mitarbeitern Umsatzziele vorzugeben, dementiert die Kundenorientierung. Ein Unternehmen darf aber weder an Produkten festhalten noch an Produktionsverfahren, weder an Personal noch an Kapital noch an Organisation. Sondern allein an der gewinnorientierten Befriedigung von Kundenbedürfnissen – und muss alles lassen, was dies behindert. Wie bedroht dieser Grundsatz ist, lässt sich leicht erkennen.
Die besten Zitate, Teil 1
„Es besteht kein nachweisbarer Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsmerkmalen der Top-Manager und dem wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen. Es ist irrelevant, ob der Geschäftsführer charismatisch, bescheiden, visionär, technokratisch, selbstsicher, zurückhaltend, vorbildlich oder authentisch ist.“
„Das Fehlen der Wichtigkeit erklärt, warum solche Unternehmen oft von kleinen Wettbewerbern an die Wand gedrängt werden: Die können uns ja nicht gefährlich werden! Doch, das können sie. Weil sie sich nicht an Zielen ausrichten, sondern an Problemen.“
„Denn gerade beim Thema Zusammenarbeit sind viele Unternehmen dilemmatisch aufgestellt. Auf der Appellebene heißt es mit Nachdruck: Sei teamfähig! Identifiziere dich mit dem Gesamtunternehmen! Gleichzeitig raunt der institutionelle Rahmen: Setz dich durch! Bekämpfe deine internen Konkurrenten! Belohnt wirst du nur für deinen Einzelerfolg!“
„Wenn Sie zum Beispiel bei Entscheidungen Ihre Mitarbeiter einbeziehen, mitreden und mitentscheiden lassen, dann haben Sie vielleicht einen Transaktionskostenvorteil verspielt, aber unter Umständen viel Produktivität geschaffen. So sehen viele Manager immer nur die Schwierigkeiten von zu viel Informationen, niemals die Risiken zurückgehaltener Information.“
„Den souveränen Umgang mit dem anderen auf der Grundlage von Vertrauen nenne ich 'Risikomüdigkeit'. Sie hat nichts mit blindem Vertrauen zu tun, sondern weiß, dass Menschen sich oft unverantwortlich verhalten.“
„Eine Entscheidung ist keine Rechenaufgabe. Sondern ein Springen durch die Feuerwand des Zweifels. Nur wenn es unklar ist, wohin die Reise geht, dann ist eine Entscheidung fällig. Mithin ist jede Wahl eine Entscheidung; aber nicht jede Entscheidung ist ein Wahl. Entscheidung ist der größere Begriff.“
„In ihrer Rolle als Chef fallen der individuelle und der systemische Ansatz zusammen. Für den Mitarbeiter 'sind' Sie das Unternehmen. Und genau in dieser Rolle sind Sie immer in der Verantwortung.“
„Das, was Sie brauchten, um aufzusteigen: Biss, Talent, Fleiß, Durchsetzungsvermögen, Präsentationsfähigkeit, all das macht sie nicht zu einer guten Führungskraft. Insbesondere technisch ausgebildete Fachkräfte (wie zum Beispiel Ingenieure) unterschätzen die Bedeutung 'sozialer' Faktoren bei der Führungsarbeit.“
„Dies gilt für das Privatleben wie für das Geschäftsleben: Nichts macht erfolgreicher, als andere erfolgreich zu machen.“
„Führung wird also erst dann wertvoll, wenn Routinen versagen. Ich kann es gar nicht klar genug machen: Führung hat ihren Aufgabenbereich 'jenseits' der Routine, nämlich im Konflikt, in dilemmatischen Situationen. Ein Unternehmen braucht keine Führung, wenn das Unternehmen in ruhigen Gewässern segelt. Um aber Stillstand zu vermeiden, muss Führung entscheidungsbereit sein.“
Etwa daran, dass viele Unternehmen sich in hochprofitablem Siechtum eingerichtet haben: Gewinn steigt, Umsatz sinkt. Schließt man andere Einflüsse aus, dann heißt das: Immer mehr Kunden wenden sich vom Unternehmen ab. Dann geht es nicht mehr ums wirtschaftliche Überleben, sondern um Gewinnmaximierung. Wenn also jemand verkündet, die Rendite sei der Zweck des Unternehmens, dann wird alles andere zum Mittel, und damit ist dann auch jedes Mittel recht.
Die besten Zitate, Teil 2
„Es gibt Unternehmen, die haben mehr Kultur als der Normalmensch in seinem Kulturbeutel. Sie haben Teamkultur, Leistungskultur, Veränderungskultur, Konfliktkultur, Förderungskultur und Führungskultur.“
„Das ist eine klassische Schwäche vieler Leitungsgremien: Falls sich kein Konsens ergibt, wird diskutiert und diskutiert und die Entscheidung vertagt. Oft dauert es schon ewig, einen Konsens darüber herzustellen, ob es überhaupt ein Problem gibt.“
„Ohne die Bereitschaft zur Schuld ist Handeln nicht möglich. Deshalb erzeugt die Entscheidung eines Konflikts immer neue Konflikte – man hat sich gleichsam 'geschieden' von jenen, deren Interessen man hintanstellte. Wer unschuldig bleiben will, wer dem Wiederstand ausweicht, bleibt schwach.“
„Die Fähigkeit, die von Ihnen als Führungskraft gefordert ist, ist eben nicht Wertebewusstsein, sondern Ambiguitäts-Toleranz. Der Blick für Mehrdeutigkeit. Damit ist die Fähigkeit gemeint, Widersprüche zu sehen, beide Seiten anzuerkennen, sich vor beiden zu verbeugen – und dennoch für eine zu entschieden, wenn die Sachlage es erfordert.“
„Und es gibt niemanden, der immer und überall passt. Aus dieser Perspektive ist Erfolg dann Ergebnis der Passung der Organisationsstruktur mit dem Individuum oder den Markterfordernissen; Misserfolg ist das Ergebnis 'unpassender' Strukturen. Der institutionelle Rahmen gibt vor, ob jemand passt, zur Geltung kommt, wirksam wird.
Miklas Luhmann hat das gern an dem russischen Politiker Michail Gorbatschow illustriert: Dessen Wirkung war sicher auch seiner Persönlichkeit zu danken; aber erst die historische Situation gab ihm die Chance, der zu werden, der er ist.“
„Es geht dabei weniger um Altruismus. Vielmehr geht es um das Wechselseitige, den Mutualismus, durch den wir alle von unseren gemeinsamen Handlungen profitieren.“
„Sieger zweifeln nie? Lassen Sie sich von niemandem einen solchen Unsinn erzählen! Sie sollten sich geradezu fürchten vor demjenigen, der keinen Zweifel kennt. Ein Sieger muss vielmehr den 'methodischen' Zweifel kultivieren.“
„Wenn Sie nur Bewerber einstellen, die kleiner sind als Sie, erschaffen Sie eine Organisation von Zwergen.“
„Ob jemand etwas tauge, könne man erst beurteilen, wenn er den Job tatsächlich macht. Deshalb sollten sie die Probezeit seriös vorbereiten, begleiten und auswerten. Und es muss von Beginn an klar sein: Erst nach der Probezeit wird der Mitarbeiter eingestellt!“
„Es macht nachlässig und schwächt das Erinnern. Wer wirklich will, dass gewisse Werte ins kollektive Bewusstsein des Unternehmen sickern, der muss von Person zu Person sprechen. Und immer wieder sprechen. Dafür gibt es Führungskräfte. Die müssen Gespräche führen – und nicht schreiben. Nur das Ungeschriebene ist dem Menschen 'eingeschrieben'.“
Dabei ist der Profit lediglich die Bedingung zum Weitermachen – nicht ein Ziel an sich. Und wenn man sehr viel Gewinn erzielt, dann gerät das Unternehmen in die Nähe des Selbstzwecks. Kunden und Produkte sind dann nur Mittel zu diesem Zweck. Kostendisziplin ist Daueraufgabe des Managements, das ist klar. Auch der Gewinn selbst ist nicht das Problem, wenn er reinvestiert wird. Dann wird der Gewinn zum Mittel, zur Voraussetzung für das Weitermachen. Hoher, abgeschöpfter Gewinn aber bedeutet: zu wenig in die Zukunft investiert, in die Mitarbeiter, in die Kunden. Dann müssen wir wieder über Kundenorientierung reden.