Stress Jeder dritte Manager nutzt Schlafmittel

Management macht schlaflos. Jeder dritte Manager nutzt Hilfsmittel, um nachts zur Ruhe zu kommen. Besonders verbreitet sind pflanzliche Beruhigungsmittel, wie eine Umfrage der Max-Grundig-Klinik zeigt.

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Melatonin-Tabletten. Quelle: dpa

Manager können offenbar schlecht abschalten. Das legt eine Umfrage nahe. Demnach nutzt jeder dritte Manager in Deutschland (33 Prozent) pflanzliche oder pharmazeutische Mittel, um einzuschlafen zu können. 29 Prozent tun dies eher „selten“, vier Prozent „regelmäßig“.

"Schlechte Schlafqualität ist ein großes Problem bei Managern", sagt Henning Hager, Leitender Arzt der Psychosomatischen Medizin der Max-Grundig-Klinik in Bühl bei Baden-Baden . Die repräsentative Umfrage hat die R und K Marktforschung im Auftrag der Max-Grundig-Klinik unter 1000 Führungskräften in Unternehmen aller Größenordnungen, Branchen und Regionen durchgeführt.

Die große Mehrheit der Manager nimmt allerdings nur pflanzliche Schlafmittel zu sich und verzichtet auf "harte" Mittel. 96 Prozent der Befragten gaben an, dass sie keine chemischen Präparate wie Noctamid, Ximovan oder Zolpidem beziehungsweise sedierende Antidepressiva wie Mirtazapin, Doxepin oder Amitryptilin anwenden. Nur ein Prozent der Befragten nehmen derartige Präparate „immer“, ein weiteres Prozent „häufig“ und zwei Prozent der Befragten „gelegentlich“. Auch Melatonin, das gerne auf Langstreckenflügen benutzt wird, um Jetlag zu minimieren sowie andere hormonähnliche Substanzen werden von lediglich 2 Prozent der befragten Führungskräfte als Schlafmittel eingenommen.  

Fakten und Irrtümer zum richtigen Schlafen
Ausreichend Schlaf macht glücklicherMenschen, die regelmäßig zwischen acht und neuneinhalb Stunden schlafen, wachen am Morgen mit einem anderen Lebensgefühl auf als diejenigen, die deutlich weniger Nachtruhe haben. Das hat das amerikanische Unternehmen Jawbone in einer Studie herausgefunden. Eine längere Schlafdauer hebt die Laune. Quelle: obs
New Yorker gehen spät zu BettDie Bewohner der Mega-Metropole New York haben besseres zu tun als früh schlafen zu gehen. Das geht ebenfalls aus der Jawbone-Untersuchung hervor. Demnach geht der New Yorker im Durchschnitt zwischen 23.45 und 23.55 Uhr zu Bett. Im Stadtteil Brooklyn sogar noch später – um 00.07 Uhr. Generell tendieren die Menschen in den großen amerikanischen Städten wie Miami, Las Vegas oder New Orleans zum späten Schlaf. Quelle: REUTERS
Auch Schlaf nach Mitternacht ist gesundDie Weisheit, dass die Schlafstunden vor Mitternacht die gesündesten seien, ist nicht ganz richtig. Denn der Spruch stammt aus einer Zeit, als die Menschen noch sehr viel früher ins Bett gingen. Viel wichtiger ist es hingegen, einen ungestörten Schlaf ohne Unterbrechungen zu haben, denn gerade in den Tiefschlafphasen erholt sich der Körper am besten. Quelle: obs
Vollmond beeinträchtigt den Schlaf nichtDass es keinen Zusammenhang zwischen dem Schlaf und den einzelnen Mondphasen gibt, haben Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München herausgefunden. Für die im Journal „Current Biology“ präsentierte Untersuchung analysierten die Forscher große, bereits vorhandene Datensätze über den Schlaf von insgesamt 1265 Teilnehmern aus 2097 Nächten. „Nachdem wir diese große Anzahl von Daten ausgewertet hatten, konnten wir frühere Ergebnisse aus anderen Studien nicht bestätigen“, sagt Neurowissenschaftler Martin Dresler. Quelle: dpa
Guter Schlaf fördert die Harmonie Schläft ein Mann gut, streitet er am nächsten Tag weniger mit seiner Frau. Streitet sich eine Frau wiederum weniger mit ihrem Mann, schläft sie in der Folgenacht besser – und ihr Mann tut es auch. Das haben Wissenschaftler der Universität Pittsburgh herausgefunden, die sich mit dem – bislang noch wenig erforschten – Thema Paarschlaf beschäftigt haben. Quelle: dpa
Wer betrunken zu Bett geht, schläft unruhigerWer nach einer Party zu tief ins Glas geschaut hat und im Rausch zu Bett geht, zerstört seine Schlafphasenverteilung. Das meint zumindest Conrad Wiederhold, Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie und Schlafmedizin aus Fulda. Wichtig sei es seiner Meinung nach, „das richtige Maß zu finden“. Denn „gegen ein, zwei Gläschen Wein oder Bier spricht dabei nichts“, so Wiederhold. Quelle: dpa
Nicht jeder kann zum Frühaufsteher werdenWenn morgens der Ticker klingelt, quälen sich viele Menschen nur mit großer Mühe aus dem Bett. Denn ob man Frühaufsteher oder Langschläfer ist, kann man sich selbst nicht aussuchen. Selbst wenn Langschläfer über einen längeren Zeitraum durch äußere Umstände zum frühen Aufstehen gezwungen werden, ändert das nichts an ihrer ursprünglichen Veranlagung. „Es ist zwar möglich, jemanden zu konditionieren, aber ein Typwechsel passiert dadurch nicht“, erklärt Schlafmediziner Professor Thomas Penzel von der Charité Berlin. Quelle: dpa

Stattdessen greifen Führungskräfte in erheblichem Umfang auf pflanzliche Beruhigungsmittel zurück. 21 Prozent tun dies „gelegentlich“, 11 Prozent „häufig“ und 5 Prozent „immer“. Pflanzliche Beruhigungsmittel werden dabei sowohl zur Verbesserung des Schlafs als auch generell im beruflichen Alltag eingenommen. „Wenn über ein Drittel der deutschen Führungskräfte regelmäßig auf pflanzliche Beruhigungsmittel zurückgreift, ist dies natürlich ein deutlicher Hinweis, dass viele mit Stress und mangelndem Schlaf nicht zurechtkommen. Positiv bewerte ich, dass die überwiegende Mehrheit zumeist vertretbare pflanzliche Mittel einsetzt“, sagt Hager.

Eine frühere Studie der Klinik hatte schon die Ursachen der Schlafprobleme untersucht und festgestellt, dass rund drei Viertel der Führungskräfte das Büro gedanklich mit nach Hause nehmen - und zwar bis spät in die Nacht. Bei 37 Prozent der Befragten liegt das Handy nachts angeschaltet neben dem Bett. 43Prozent aller und 47 Prozent der weiblichen Führungskräfte geben an, grundsätzlich schlecht von der Arbeit abschalten zu können.

„Es ist offensichtlich, dass der moderne Arbeitsstil, rund um die Uhr online zu sein, vielen Führungskräften die innere Ruhe raubt. Wer sich bis spät in die Nacht und schon morgens kurz nach dem Aufstehen mit beruflichen Fragestellungen beschäftigt, kann zwangsläufig schwerer abschalten, was jedoch für einen tiefen und längeren Schlaf notwendig ist“, sagt Klinik-Direktor Curt Diehm.

Rund sieben Stunden Schlaf gelten als ideal. Anhaltender Schlafmangel kann das Leben um mehrere Jahre verkürzen und reduziert erheblich die Arbeitsleistung. Von Schlafstörungen spricht man, wenn jemand mehr als dreimal pro Woche nachts aufwacht und mehr als 30 Minuten braucht, um wieder einzuschlafen.

So schlafen Sie besser ein - und durch
Auf Matratzen und Kissen achtenWie man sich bettet, so liegt man: Passen Matratze und Kissen nicht, wird es auch nichts mit dem erholsamen Schlaf. Deshalb sollten Sie beim Kauf auch einmal Probe liegen und Ihre Matratze alle fünf bis zehn Jahre gegen eine neue tauschen. Kissen sollten alle zwölf bis 18 Monate ausgewechselt werden. Experten raten Paaren außerdem dazu, auch im gemeinsamen Bett getrennte Matratzen zu haben, da die Ansprüche an die Matratze verschieden sind. Bei einer durchgehenden Matratze besteht die Gefahr, dass einer zu weich und der andere zu hart liegt. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
Ein Paar schaut im Bett Fernsehen Quelle: Fotolia
Ernährung beachtenAlkohol kann helfen, schneller einzuschlafen. Dafür wird die Nacht unruhiger. Faustregel: maximal ein Glas Bier oder Wein. Besser ist ein Glas warme Milch, denn sie enthält die Aminosäure Tryptophan – und die fördert den Aufbau des Schlafhormons Serotonin. Zu viel Eiweiß und Proteine sind schwer verdaulich. Und das Nikotin der Gute-Nacht-Zigarette stimuliert das Gehirn. Quelle: dpa
Bahnhofsuhr Quelle: dpa
Sport machenWer tagsüber Sport macht, schläft abends leichter ein. Dafür muss es kein dreistündiges Krafttraining sein, ein Spaziergang bewirkt auch schon einiges. Wichtig ist allerdings, sich nicht kurz nach Trainingsende ins Bett zu legen. Kurz nach dem Sport ist der Kreislauf noch sehr aktiv. Quelle: dpa
Eine Frau macht eine Yoga-Übung Quelle: obs
Auf die Temperatur achtenIst es im Schlafzimmer zu heiß oder zu kalt, ist das ebenfalls nicht gut für den Schlaf. Deshalb darauf achten, dass es in dem Raum, in dem man schläft, zwischen 15 und 19 Grad hat. Wenn der Partner mit im Bett schläft, empfiehlt es sich außerdem, zwei Decken zu benutzen. Dann erspart man sich das Aufwachen mitten in der Nacht, weil der Mitschläfer die Bettdecke geklaut hat. Quelle: dpa

Allerdings kann man auch ohne Schlafmittel oder besonders medizinische Therapien viel für einen längeren und besseren Schlaf tun. Der Rat von Mediziner Hager lautet: Ein bis zwei Stunden vor dem Schlafengehen kein Smartphone oder Laptop nutzen, d enn das bläuliche LED-Licht in allen Bildschirmen aktiviert das Gehirn; kein Hochleistungssport, keine Konfliktgespräche und kein Stress, kein Alkohol, keine Krimis und keine starke geistige Beanspruchung. Empfehlenswert ist abends nur „leichte Kost“ auf allen Ebenen: kein Hochleistungssport, kein Stress und keine Konfliktgespräche vor dem Zubett-Gehen. Dagegen helfen ein abendlicher Spaziergang, ein gut gelüftetes Schlafzimmer und ein ritualisierter Ablauf zum Abschied des Tages und zur Vorbereitung auf die Nacht.

Generell gilt: Je mehr Schlaf vor Mitternacht, umso besser und erholsamer der Schlaf. Denn in den ersten Nachtstunden schüttet die Hirnanhangdrüse  das Wachstumshormon HGH, ein körpereigenes „Anti-Aging“ Hormon, aus. Darum zählt der Schlaf vor Mitternacht doppelt. Das Hormon HGH baut im Schlaf Fett ab, Muskeln auf, macht die Haut straff und hilft, die Organe zu regenerieren. Leider wird seine Ausschüttung leicht beeinträchtigt. Häufigster Gegenspieler ist das Insulin. Durch Brot, Pasta, Kartoffeln und Reis wird Insulin ausgeschüttet und HGH vertrieben. Das gleiche gilt für Alkohol. Schon ein Glas Rotwein halbiert die nächtliche HGH Ausschüttung. Auch das Stresshormon Cortisol, ebenso wie Adrenalin ausgeschüttet bei abendlicher Aufregung etwa durch Krimis oder zu starke geistige und körperliche Beanspruchung ist ein HGH-Killer.

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