




Zumindest um die Aufsichtsräte muss sich Ursula von der Leyen keine Sorgen machen. Vor dem Stress der dauernden Erreichbarkeit im Blackberry-Zeitalter sind 77 Prozent von ihnen nämlich gefeit: Sie nutzen weder Smartphone noch Tablet PC. Warum? Weil die Unternehmen, deren Geschäfte sie kontrollieren, ihnen keines zur Verfügung stellen. Das hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young in einer Untersuchung über die Arbeitsweise der Aufsichtsräte herausgefunden, die wiwo.de exklusiv vorliegt. Befragt wurden 22 Leiter deutscher Aufsichtsratsbüros, von denen jedes zweite ein DAX-30-Unternehmen ist.
Ernst & Young wollte herausfinden, was die Aufsichtsräte tatsächlich leisten – jenseits populärer Klischees. Das Job-Profil habe sich in den vergangenen Jahren deutlich gewandelt, meint Christian Orth, Partner bei Ernst & Young: „Die Aufgaben sind komplex geworden, die Verantwortungsbereiche und die Haftungsrisiken gewachsen.“
Aufsichtsräte sind schwer zu finden
Der Wandel hat die Posten nicht attraktiver gemacht. Das bekommen Unternehmen besonders dann zu spüren, wenn sie die Aufsichtsrat-Posten neu besetzen: „Wegen der hohen Haftung von Aufsichtsräten und des teils geringen Salärs wird es immer schwieriger, geeignete Persönlichkeiten für Aufsichtsratspositionen zu finden – gerade für Mittelständler“, beobachtet Christian Orth. Und das, obwohl immerhin rund 30 Prozent der Befragten behaupten, dass sie alle ein bis zwei Jahre überprüfen, ob die Vergütungen ihrer Aufsichtsräte auch angemessen sind.





Obwohl der Corporate-Governance-Kodex auch von Aufsichtsräten fordert, sich an langfristigen Unternehmenszielen zu orientieren, zahlen rund 25 Prozent der befragten Unternehmen ihren Aufsichtsräten erfolgsbezogene Prämien. Laut Ernst & Young-Studie folgen 27 Prozent der Aufsichtsräte den Regeln des Kodex zur guten Unternehmensführung. Immerhin will fast jedes fünfte prämienzahlende Unternehmen diese abschaffen und jedes zehnte sie senken.
Unter den befragten Unternehmen, die ein Diversity-Konzept vorweisen können – das sind 60 Prozent - , ist vor allem Internationalität das erste Ziel. Dass man genügend Ausländer an Bord hat, ist ihnen offenbar wichtiger als der Frauenanteil. Ungeachtet aller Diskussionen um Frauenquoten für Vorstände, haben 70 Prozent der Befragten keinen Plan für die Geschlechterverteilung im Aufsichtsrat.