Supply-Chain-Management So bringen Sie Ihre Zulieferer auf Zack

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Es braucht Mut und Vertrauen

„Wenn Sie samstags zum Optiker gehen und eine Brille bestellen, wollen Sie die am nächsten Samstag abholen können“, sagt Kleer. Prinzipiell sei die Sehhilfe auch nach zwei Tagen fertig. Aber fertig heißt eben noch nicht, dass das Produkt auch auf der Nase des Kunden sitzt. „Vor ein paar Jahren dauerte es aber noch acht Tage, bis die bestellte Brille beim Optiker war. Wir haben damals gemerkt, dass Preis und Qualität zwar gut sind, es aber bei der Liefertreue hapert. Wir mussten uns fragen, warum wir die Lieferzeit nicht erfüllen“, so Kleer.

Tracking und Kontrolle sind wichtig

Um das herauszufinden, muss man jeden einzelnen Schritt jedes einzelnen Teils beobachten. Bei Rodenstock wird seit dem Jahr 2007 jeder Auftrag ganz genau verfolgt: von der Bestellung des einzelnen Optikers über die Fertigung der Gläser in der hauseigenen Produktion über die Bestellung der Fassung in Italien. Nur so kann man eingreifen, wenn es irgendwo hapert. Denn der Kunde will nun mal seine Brille. Er interessiert sich nicht für den Ausfall beim Zulieferer und er entschuldigt ihn auch nicht, sondern ärgert sich über die Verspätung und geht beim nächsten Mal zur Konkurrenz.

Um das zu vermeiden, wurde aus der bloßen Beobachtung, dem Tracking des Auftrags und der Brille, bei Rodenstock ein Projekt: Jeder Schritt wurde analysiert und geprüft. Geht es hier nicht noch schneller? Kann man dort nicht noch an einer Schraube drehen? „Heute wissen alle Werkstattleiter: Es geht nicht nur um Kosten, es kommt auch auf die Lieferzeit an“, sagt Kleer. Man habe in dem Unternehmen deshalb Boni eingeführt, die von der Lieferzeit abhängig sind. Je pünktlicher, desto Geld. An einem ähnlichen Belohnungsmodell versucht sich gerade auch die Deutsche Bahn.


Ausprobieren hilft

Geld ist im Übrigen ein nicht zu unterschätzender Faktor, denn die Umstellung der Prozesse – sowohl im Unternehmen selbst als auch bei den Zulieferern - ist nicht umsonst. Nur: Zu Beginn lässt sich nicht einschätzen, wie teuer die Digitalisierung wird und welchen monetären Effekt sie hat. „Man kann nicht sagen: „Wenn ich hier fünf Millionen Euro investiere, werden dort die Prozesse um 17 Prozent effektiver“, weiß Klingenburg von T-Systems aus Erfahrung. Entsprechend dünn ist die Argumentation gegenüber den Zulieferern. Man müsse den Mut dazu haben, etwas auszuprobieren und darauf vertrauen, dass es sich auszahlt.

Natürlich müssen Unternehmer, die ihre Lieferanten überzeugen wollen, nicht nur auf deren Gottvertrauen hoffen. Denn die reinen Kosten für Software und Change-Management-Berater lassen sich natürlich exakt beziffern. Die Nebenkosten - wie lange dauert es und was kostet es, das Team umzustellen, wie viel Betreuung und Smalltalk braucht der Kunde – seien dagegen schwieriger zu ermitteln, so Klingenburg. Und auch der tatsächliche Effekt – kommt die Brille fünf Minuten eher beim Optiker an oder zwei Tage – lässt sich schlecht vorhersagen.

Hier helfe letztlich nur ausprobieren. „Die meisten CFOs akzeptieren das, wenn man ihnen sagt: wir probieren das jetzt für ein halbes Jahr mit dieser Abteilung aus. Das ist fair“, so Klingenburg.

Wer für diesen Pilottest zunächst Freeware oder kostenlose Tools nutzt, könne auch mit überschaubarem Investment ausprobieren, welche Auswirkungen die Veränderungen in der Realität haben. „Damit lässt sich dann schon ganz anders argumentieren.“

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