
Die Stimmung auf dem deutschen Arbeitsmarkt ist gut: 43,59 Millionen Deutsche hatten im Februar einen sozialversicherungspflichtigen Job, das sind 59.000 Menschen mehr als noch im Januar. „Diese Entwicklung ist erfreulich für den deutschen Arbeitsmarkt. Allerdings macht das immer enger werdende Fachkräfteangebot den Arbeitsmarkt ganz klar zu einem Nachfragemarkt“, sagt Mariano Mamertino, der für Europa verantwortliche Volkswirt des Jobportals Indeed. Denn fast jede 4. Stelle in Deutschland ist schwer zu besetzen.
Besonders Ärzte, Ingenieure und IT-Spezialisten waren im Februar besonders gefragt.
„Firmen klagen zunehmend darüber, dass sie bestimmte Stellen für hochqualifizierte Mitarbeiter immer schwerer oder sogar überhaupt nicht besetzen können“, bestätigt Mamertino. Im Gesundheitswesen, bei komplexen Ingenieursstellen wie Projekt- und Entwicklungsingenieuren und natürlich rund um die Digitalwirtschaft suchen Arbeitgeber händeringend Nachwuchs und Fachkräfte.
Diese Berufsgruppen sucht die Welt
Call-Center mit Fokus auf den Kundenservice finden sehr leicht neue Mitarbeiter zu finden. Im Wirtschaftsraum EMEA, also Europa und Naher Osten, gaben nur zwei Prozent der Befragten an, sich mit dem Recruiting geeigneter Mitarbeiter schwer zu tun. Im Raum Asien und Pazifik sagten dies ein Prozent der Befragten. In Nord- und Südamerika gibt es überhaupt keinen Mangel an Callcenter-Mitarbeitern.
Ebenfalls weltweit hoch im Kurs: Jobs mit einer administrativen Komponente. Die entsprechenden Fachkräfte – von der Sekretärin bis zum Sachbearbeiter in der Verwaltung – bereiten den Personalern allerdings weniger Kopfzerbrechen. Kaufmänner und –frauen gibt es zur Genüge. Das größte Problem stellen sie für südamerikanische Personaler dar: In dieser Region haben vier Prozent Probleme, geeignete Kräfte zu finden. In Europa ist es nur für ein Prozent der Befragten ein Problem.
Genauso einfach ist das Besetzen von Stellen aus dem Bereich Finance and Accounting. Nur vier Prozent der europäischen Unternehmen halten die Rekrutierung von Finanzkaufleuten für schwierig. „Management zu studieren war in den letzten Jahren en vogue“, sagt Jan Müller, der bei Korn Ferry Futurestep für das Geschäft in Europa und dem Nahen Osten zuständig ist. „Darum droht der Markt für Betriebswirte und Kaufleute zu übersättigen. Hier gibt es viele exzellente Kandidaten, unter denen Unternehmen auswählen können.“ Die größten Chancen haben Finanzexperten der Studie zufolge in Lateinamerika. Dort sagen sechs Prozent der Befragten, dass sie Schwierigkeiten haben, entsprechende Stellen zu besetzen.
Operative Jobs sind in allen Wirtschaftsregionen gleichermaßen schwer zu besetzen. In Nordamerika klagen 14 Prozent der Personalverantwortlichen über einen Mangel, in Asien sind es 13 Prozent, in Lateinamerika zwölf Prozent und in Europa zehn.
Ingenieure sind nicht nur in Deutschland eine gesuchte Spezies. 18 Prozent der europäischen Personalverantwortlichen gaben an, nicht genug Ingenieure zu finden. In Nordamerika sind es 17, in Lateinamerika nur zehn Prozent.
Was genau sich hinter „others“ verbirgt, gibt die Studie leider nicht her. Jedenfalls tun sich zwischen 17 Prozent (Lateinamerika) und und 14 Prozent (Asien) der Personaler schwer, andere, nicht namentlich im Ranking aufgeführte Fachkräfte zu finden.
Auf Platz drei der am meisten nachgefragten Jobs weltweit liegen die Experten aus dem Bereich Informationstechnologie. Am größten ist der Bedarf in Nord- und Südamerika. Hier suchen 24 beziehungsweise 23 Prozent der Personalverantwortlichen händeringend nach Fachkräften. In Europa tun sich dagegen nur 14 Prozent der Befragten beim Rekrutieren von ITlern schwer.
Auf Platz zwei der am meisten gesuchten Jobs weltweit liegen Experten aus dem Bereich Forschung und Entwicklung. Gerade in Asien ist der Bedarf sehr hoch. Hier sagen 22 Prozent der Befragten, dass sie nicht genug Fachkräfte finden. In Europa sind es 13, im Amerika sogar nur neun Prozent.
Vertriebsspezialisten sind die begehrtesten Fach- und Führungskräfte im europäischen Arbeitsmarkt. Das sagen mehr als ein Fünftel (22 Prozent) der in Europa befragten HR-Verantwortlichen. Auch in Asien finden 22 Prozent der Befragten nicht genügend Vertriebsspezialisten. Grund sei die zunehmende Komplexität von Produkten, die nur noch Fachleute dem Kunden erklären könnten.
Korn Ferry Futurestep, ein Recruiting-Spezialist, hat weltweit mehr als 1.100 Personalverantwortliche aus verschiedenen Branchen zu den aktuellen Herausforderungen in ihrem Beruf befragt. Die Mehrheit der befragten HR-Verantwortlichen stammt aus Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern. Mit 31 Prozent stellen Personalverantwortliche aus Industrieunternehmen den größten Anteil. Etwas weniger als die Hälfte der Befragten stammt aus dem asiatischen Raum, gut ein Drittel aus Europa und dem Nahen Osten. Schwierigkeiten, neue Mitarbeiter zu finden, haben jedoch fast alle. 54 Prozent der befragten gaben an, dass es noch schwieriger geworden sei als im Vorjahr, geeignete Mitarbeiter zu finden. Weiter 35 Prozent sagen, es sei genauso schwierig wie 2016. Nur elf Prozent gaben an, sich bei der Talentakquise leichter zu tun.
Über die reinen Jobprofile hinaus gibt es außerdem besonders gefragte Fähigkeiten, wie die Studie „Soft Skills for Talent“ des Personaldienstleisters ManpowerGroup belegt. Das Unternehmen hat 4.990 Unternehme in 15 europäischen Ländern befragt, was ihre Mitarbeiter können müssen. Belastbarkeit steht demnach europaweit auf Platz eins. 63 Prozent der befragten Chefs halten diese Fähigkeit für sehr wichtig, um beruflich erfolgreich zu sein. Gefolgt von Problemlösekompetenzen (58 Prozent), Zielorientierung (50 Prozent) sowie fachbereichsübergreifende Zusammenarbeit (49 Prozent).
Nun sollte man davon ausgehen können, dass sich die Unternehmen kräftig ins Zeug legen, Menschen mit genau diesen Fähigkeiten zu finden beziehungsweise ihre eigene Belegschaft den Anforderungen entsprechend zu schulen. Doch da tun sich die Betriebe in manchen Ländern ehr schwer, wie die Studie zeigt.
Positiv: Wenn es darum geht, den Mitarbeiter ein Umfeld zu schaffen, das Weiterentwicklung ermöglicht, sind deutsche Betriebe Europameister: 22 Prozent der Unternehmensvertreter geben an, dass Unternehmen hierzulande sich besonders gut darauf verstehen, Talente anzuziehen und ihre Leistungsfähigkeit zu steigern. Dahinter folgen Großbritannien (19 Prozent) und Schweden (15 Prozent).
Das sind die Weiterbildungsziele der Deutschen 2017
Neun von zehn Deutschen brauchen nach eigener Einschätzung zusätzliche Kenntnisse, um beruflich weiterzukommen: 88 Prozent sagen, dass ihnen bestimmte Fähigkeiten und Erfahrungen fehlen, um ihre Ziele in der Arbeitswelt zu erreichen. 2014 hatten nur 71 Prozent den Wunsch nach Weiterbildung. Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie "Karriereziele 2017" der ManpowerGroup Deutschland, für die 1.015 Bundesbürger befragt wurden.
An erster Stelle steht heute mit 40 Prozent der Wunsch, eine Fremdsprache zu lernen oder die bisherigen Kenntnisse zu verbessern.
Auf Platz zwei der begehrtesten Weiterbildungsmaßnahmen für das kommende Jahr liegt die Auslandserfahrung. 37 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass sie in diesem Bereich Nachholbedarf haben.
Das gilt ebenso für den Wissensstand der Deutschen auf dem Gebiet der IT- und Softwarekenntnisse. Auch hier bedauern 37 Prozent ihre fehlende Expertise. Bemerkenswert: Vor drei Jahren waren nur 25 Prozent der Ansicht, dass ihnen im IT-Bereich eine Weiterbildung helfen würde.
Mehr als jeder Dritte ist der Ansicht, dass es ihm an betriebswirtschaftlichem Wissen fehlt, zum Beispiel im Finanzwesen oder im Controlling. Mit 35 Prozent belegt dieser Bereich Rang vier des Rankings.
30 Prozent der Befragten sagen, dass mehr Führungskompetenz ihnen in Zukunft hilfreich sein könnte.
26 Prozent wünschen sich, ihre Fachkompetenzen weiter auszubauen, zu denen Qualitäts- und Projektmanagement zählen. Weitere technische Kenntnisse, z.B. Maschinenführung, sind ebenfalls für 26 Prozent interessant.
Gefragte Zusatzqualifikationen sind außerdem der Erwerb eines Führerscheins, generell oder für bestimmte Fahrzeuge (16 Prozent).
Ebenfalls 16 Prozent mangelt es nach eigenen Angaben an sozialen und emotionalen Kompetenzen, wie zum Beispiel an Teamfähigkeit, selbstsicherem Auftreten und einer strukturierten Arbeitsweise.
„Talente anzuwerben, zu begeistern und ihre Kompetenzen auszubauen ist derzeit die wichtigste Herausforderung für Unternehmen. Hier bieten sich viele Möglichkeiten, sich schon bei der Rekrutierung vom Wettbewerb abzuheben”, sagt Herwarth Brune, Vorsitzender der Geschäftsführung der ManpowerGroup. Hier ist Kreativität gefragt. Mamertino rät außerdem, über die Ländergrenzen hinweg zu rekrutieren.
Und natürlich darf die Weiterbildung der eigenen Leute nicht außer Acht gelassen werden. Brune: „Die strategische Weiterentwicklung der eigenen Mitarbeiter bietet enormes Potenzial, die Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Unternehmens auszubauen.“