
Einmal im Jahr steht das Mitarbeitergespräch auf der Agenda. Doch was ein gutes Feedback-Instrument sein könnte, ist für viele - Arbeitnehmer und Arbeitgeber - bloß ein lästiger Pflichttermin. Insofern finden Personalgespräche in vielen Unternehmen gar nicht statt. Lob und Tadel gibt es einfach als direkte Reaktion.
Zahlreiche Unternehmen, gerade im Mittelstand, haben keine echte Feedback-Routine und keine regelmäßigen Termine, beobachtet Doris Mailänder, Geschäftsführerin der Hamburger Personalberatung TreuenFels: "Insbesondere in unserem Spezialgebiet, dem Finanz- und Rechnungswesen sowie im Controlling, baut man allein auf gewachsene Strukturen und oft langjährige Beziehungen. Anders als etwa im Vertrieb werden nur selten Mitarbeitergespräche geführt." Dabei sei das direkte Gespräch die beste Gelegenheit, um Wertschätzung zu vermitteln, Ängste oder Kündigungsabsichten abzubauen und Mitarbeiter zu binden. "Im Gespräch erreicht man mit wenig Aufwand so viel mehr als mit dem Riesenprogramm zum Employer Branding", so Mailänder.
Häufige Fehler von Vorgesetzten (aus "Mitarbeitergespräche" von W. Mentzel, S. Grotzfeld und C. Haub)
Das Gespräch findet unter Zeitdruck und Hektik statt.
Der Vorgesetzte tritt auf unnötige Weise überheblich auf.
Arbeitsaufträge werden nicht klar definiert und mitgeteilt.
Bei Änderungen kann der Mitarbeiter nicht ausreichend mitreden.
Auf einer unsachlichen Ebene werden nur negative Aspekte beleuchtet.
Doch auch namhafte Konzerne mit festem Turnus und ausgefeilten Bewertungskriterien haben mit dem Jahresendgespräch oft ihre liebe Not: Ihr Fokus liegt nicht darauf, wie die Leistung des Mitarbeiters gesichert oder weiter gesteigert werden kann. "Das Gespräch dreht sich oft nur um die Arbeit des Mitarbeiters in der Vergangenheit, um die 'Note' für die erbrachte Leistung. Denn das entscheidet darüber, ob er eine Gehaltserhöhung oder eine Prämie erhält", sagt Mailänder.
Faktoren für eine Gehaltserhöhung
Robert Half hat eine aktuelle Arbeitsmarktstudie durchgeführt, in der 200 HR-Manager in Deutschland gefragt wurden, welche Faktoren am ehesten ausschlaggebend für eine Gehaltserhöhung sind. Die Befragten hatten maximal drei Antwortmöglichkeiten.
3 % der befragten HR-Manager gaben an, keine besonderen Anforderungen für eine Gehaltserhöhung zu stellen. Bei Unternehmen von 1000 Mitarbeitern oder mehr waren es sogar 6 %, die keine Meinung äußerten.
Die Motivation des Kandidaten ist für 13 % der Befragten ein ausschlaggebender Faktor, einem Mitarbeiter eine Gehaltserhöhung anzubieten.
Für 16 % der HR-Manager kommt das Angebot einer Gehaltserhöhung in Frage, wenn das Risiko besteht, den Mitarbeiter an einem Wettbewerber zu verlieren, der ein Alternativangebot macht.
Die Innovationsfähigkeit des Arbeitnehmers ist für 16 % der HR-Manager ein Faktor, eine Gehaltserhöhung in Erwägung zu ziehen.
Für mehr als ein Fünftel, rund 28 % der HR-Manager, spielt die Treue zum Unternehmen, beziehungsweise die Beschäftigungsdauer eine große Rolle, wenn es um eine Gehaltserhöhung geht.
Genauso viele Manager nehmen den Zeitraum seit der letzten Lohnerhöhung als Anhaltspunkt dafür, wann die nächste anstehen könnte. In kleinen Unternehmen von 50-499 Beschäftigten kommt diese Methode besonders häufig zum Einsatz. 32 % der Befragten gaben diesen Faktor als entscheidend an.
Bei hoher Lernbereitschaft und einem beobachtbaren Fortschritt des Mitarbeiters sind Personaler noch eher gewillt, sein Gehalt zu erhöhen. 33 % gaben diesen Faktor an.
34 % der Befragten rechnen es ihren Mitarbeitern hoch an, wenn diese Aufgaben übernehmen, die außerhalb ihres eigentlichen Verantwortungsbereichs liegen. In kleinen Unternehmen schätzen dies nur 28 % als bedeutenden Faktor ein.
Auf Platz zwei der wichtigsten Faktoren für eine Gehaltserhöhung landen Professionalität, Zusammenarbeit und die Fähigkeit zur Arbeit im Team.
Ein ungeschlagener Faktor, der bei der Entscheidung zu einer Gehaltserhöhung - laut der Umfrage - unter HR-Managern am meisten Relevanz hat, ist die technische Kompetenz bzw. die Messbarkeit der Ergebnisse von Mitarbeitern. In Großunternehmen gaben rund 48 % der HR-Manager dieses Kriterium als an.
Die Personalexpertin fordert darum: "Weniger rechnen, mehr reden!" Im Gespräch solle weniger die Beurteilung als vielmehr künftige Herausforderungen im Fokus stehen: "Fragen Sie sich: 'Was erfordern die aktuelle und die künftige Arbeitssituation?' - und werden Sie konkret!" Oft genug wird in Stellenausschreibungen bei externen Bewerbern zum Beispiel Know-how zur Digitalisierung vorausgesetzt, doch an die Stammbelegschaft werden keine Erwartungen dazu formuliert.
Sie rät weiterhin: "Achten Sie auf Ihren Gesprächsanteil! Meist schildert der Chef seine Sicht auf das Jahr, sein Anteil liegt bei bis zu 75 Prozent. Der Mitarbeiter begründet und verteidigt sich nur, dabei sollte der Großteil der Rede doch von ihm kommen."
Die größten Schwierigkeiten im Jahresgespräch entstehen durch missverständliche Kommunikation: "Reden Sie Klartext, nur so können Sie einander ein- und wertschätzen." Ziel ist es, gemeinsam herauszufinden, was der Mitarbeiter gut kann und mag und wie er entsprechend eingesetzt werden kann. "Was den Menschen besonders motiviert oder bremst, das kann kein Fragebogen erspüren. Das braucht ein offenes Ohr und konstruktiven Umgang."