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Quelle: imago images

Die Bafin soll windige Vermögensberater das Fürchten lehren

Die Bundesregierung will Finanzanlagevermittler künftig der Aufsicht der Bafin unterstellen. Das ist mehr als überfällig. Verbraucher haben ein Recht auf professionelle Beratung bei der Vermögensanlage.

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Sie sind freundlich und zuvorkommend. Sie rufen an oder kommen sogar nach Hause, ob es gerade passt oder nicht. Sie teilen ganz selbstlos ihr Wissen – je nachdem wie viel davon vorhanden ist: mal mehr, oft weniger. Finanzanlagevermittler, kurz FAVs, wollen nur unser Bestes, unser Geld. Und sollen jetzt vom Staat beaufsichtigt werden.

Die Bundesregierung will die disparate Berufsgruppe der Anlage- und Vermögensberater künftig stärker regulieren. Der Gesetzentwurf liegt vor. Schon bald wird die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-Aufsicht (Bafin) zuständig sein. Bisher waren es die Industrie- und Handelskammern oder Gewerbeämter. Rund 40.000 solcher Finanzanlageberater gibt es in Deutschland. Sie sind meist als Einzelkaufleute tätig, aber auch im Rahmen von Vertriebsgesellschaften für Fonds. Die Deutsche Vermögensberatungs AG ist mit 17.000 „Vermögensverwaltern“ nach eigenen Angaben der größte Finanzanlagevermittler. Sie nun zu regulieren, stößt auf heftige Gegenwehr. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) warnt vor einer „Überregulierung“, beklagt die Kostenexplosion vor allem für Finanzanlagen-Vermittler, „die eher im Nebengeschäft vermittelten“.  

Auch der Bundesverband Finanzdienstleistung (AfW) meldete sich ausführlich zu Wort –  13 Seiten Wechselspiel aus Lamento und Attacke. Conclusio: Die Bafin sei gar keine bessere Aufsicht. Skandale gebe es in der Branche keine, ganz im Unterschied zu Bafin, die in ihrer Instituts-Aufsichtsfunktion schon mehrfach versagt habe. Soso. Schon das Timing des Papiers zeigt, dass der Verband von seiner Sache nicht allzuviel versteht: Schließlich wäre die Lobbyarbeit schon im letzten Jahr fällig gewesen wäre, als der Ausgang des politischen Gerangels um die regulatorische Neuordnung der FAV noch offen war.


Dabei ist das eigentlich Skandalöse die Tatsache, dass die Vermittler bisher so wenig kontrolliert wurden. Die Gewerbeerlaubnis erhielten sie von den Handelskammern, und zwar meist relativ problemlos – außer man ist weiblich, spricht lieber Englisch als Deutsch und gründet eine Plattform für automatisierte Vermögensanlagen. Das ist wohl zu exotisch für eine durchschnittliche Handelskammer. Diesen Fall gab es tatsächlich: Um ihre Erlaubnis zu erhalten, sollte eine mit internationalen Finanzabschlüssen hochgradig qualifizierte Gründerin bitte einen IHK-Kurs machen.

Die Glücklichen hören meist nie wieder von den Ämtern oder Kammern. Keine Prüfung, keine Aufsicht. Nachhaltiges, verbraucherorientiertes Qualitätsmanagement sieht anders aus.

Ab 2021 wird nun die Bafin für eigenständige Anlageberater zuständig sein. Für Kunden soll es keinen Unterschied machen, ob sie sich bei Anlagegeschäften von einem Bankangestellten oder einem selbstständigen Anlagevermittler beraten lassen. Künftig gelten auch für die FAVs Compliance-Vorgaben. Sie regeln, wie die Berater mit Interessenskonflikten umzugehen haben. Telefonate mit Kunden werden zur Qualitätssicherung aufgezeichnet. Das Bußgeld bei Verstößen gegen die Regularien erhöht sich enorm. Grundsätzlich gibt es vor Aufnahme der Tätigkeit eine Geeignetheitsprüfung, die diese Bezeichnung auch verdient.

Das alles sind gute Nachrichten – für alle, die an guten Geschäften interessiert sind. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen stellte 2016 in einer Stichprobe fest, dass ein Drittel der Finanzberater gar keine Zulassung hatte. Wofür auch, wo man doch schon so nett sein Wissen zur Geldvermehrung teilt und dafür kräftig Provisionen einstreicht? Und jetzt soll ihnen doch tatsächlich durch Ansprüche auf Professionalisierung der Spaß verdorben werden. Gut so.

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