Unternehmenschefs Super-Männchen statt Alpha-Tiere

Seite 2/6

"Hi I'm Kasper"

Kasper Rorsted und Simone Bagel-Trah Quelle: dapd

Rausgehen, hinschauen, nachfragen. So führt Rorsted sein Unternehmen, das 85 Prozent des Umsatzes im Ausland macht. Er besucht Kunden, Lieferanten und Händler. In Shanghai, Bangkok, Dubai, Istanbul stellt er sich vor Henkel-Mitarbeiter, krempelt die Hemdsärmel hoch und sagt: "Hi, I’m Kasper." Selten redet er lang, lieber stellt er Fragen: Was würdest du machen, wenn du einen Tag meinen Job hättest? Wo können wir besser werden? Was stört euch? Und wehe, es antwortet einer, es sei alles prima. Dann bohrt Rorsted so lange nach, bis er weiß, wo es hapert.

Rorsted, der Kümmerer, so beschreibt sich der Henkel-Chef an einem sonnigen Maitag in Düsseldorf. Pünktlich ist er in der Empfangshalle erschienen und führt den Gast nun persönlich in sein Büro. Hellgrauer Teppich, schmuckloser Schreibtisch, auf dem Fenstersims steht buntes Plastik. Sidolin-Reiniger, Fa-Körperspray, Spee-Waschmittel, Somat-Tabs. Lauter Henkel-Produkte. Sonst gibt das Fenster nicht viel her. Keinen tollen Ausblick. Das Büro liegt im Erdgeschoss.

Rorsted trägt ein weißes Hemd unter blauer Krawatte und eine Uhr, der man nicht ansieht, ob sie teuer war. Den Kaffee serviert er selbst, auch seinen beiden Pressesprechern. In den nächsten 60 Minuten wird der gebürtige Däne über Führung sprechen, schnell, in fast akzentfreiem Deutsch. Er sagt Sätze wie: "Gute Führung heißt, dass man sich ständig im Dialog bewegt." Oder: "Ein Unternehmen lebt nicht allein von einer starken Person an der Spitze, sondern vor allem von einer guten Mannschaft." Und: "Eine Firma muss auch dann erfolgreich weiterbestehen können, wenn der CEO weggeht." Es klingt wie eine Überbietung im Understatement.

Mehr Frauen auf Führungsposten

"Dann sind Sie bestimmt auch für die Frauenquote, Herr Rorsted?" Rorsted erhebt sich vom Besprechungstisch, geht zur Fensterbank und greift sich eine Tube mit Haar-Coloration. "Schauen Sie", sagt er. "90 Prozent der Käufer dieses Produkts sind Frauen. Warum soll ich mehr darüber wissen als eine Frau?" Von einer Quote hält Rorsted trotzdem nichts. Vielleicht, weil er sie gar nicht braucht. Fast ein Drittel der Führungsposten bei Henkel sind mit Frauen besetzt, weit mehr als bei anderen Dax-Unternehmen.

Als Rorsted vor vier Jahren Henkel-Chef wurde, war keiner seiner Vorstandskollegen jünger als 60, Urgesteine in der Waschmittelbranche. Rorsted dagegen kam aus der IT-Industrie. Heute besteht der Henkel-Vorstand aus einem Dänen, einem Belgier, einem Franzosen, drei Deutschen, darunter eine Frau. Das Durchschnittsalter liegt jetzt bei 47 Jahren. Gleich neben Rorsteds Büro liegt das von Simone Bagel-Trah, 43, der Ururenkelin des Firmengründers Fritz Henkel. Sie ist die erste Frau, die einem Dax-Aufsichtsrat vorsteht. Rorsted und Bagel-Trah sind das jüngste Führungsduo in der deutschen Konzernlandschaft.

Sind die neuen CEOs also ein Segen für Frauen im Management? Zwar hätten nicht die Frauen aus den Männern andere Chefs gemacht, sagt Martina Rißmann, aber dass die heute so seien, helfe ihnen trotzdem. Rißmann, Senior-Partnerin bei der Boston Consulting Group in Berlin, erklärt das so: Frauen verhalten sich im Management zurückhaltender als Männer. Sie wollen daran gemessen werden, was sie schaffen, und nicht daran, wie sie auftreten. Früher mussten sie sich verhalten wie Männer, um nicht unterzugehen. Heute, in der neuen Kultur, brauchen sie nicht mehr auf Superfrau zu machen. Sie kommen auch so weiter.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%