Unternehmenschefs Super-Männchen statt Alpha-Tiere

Seite 3/6

Swatch statt Siegelring

Herbert Hainer, adidas-Chef Quelle: dpa

"Gut vernetzt. Nicht so auffällig. Immer gut vorbereitet. Flexibel. Global. Schnell", so fasst Rißmann den neuen Managertyp zusammen. Fast zwangsläufig seien sie so, sagt die Beraterin. "Jede Zeit bringt den Typ hervor, der gerade nötig ist."

Dann kommt das Aber. "Aber deshalb ist er nicht unbedingt besser als der Vorgänger. Er steht heute stärker unter Druck als viele CEOs in der Vergangenheit, kurzfristige und sichtbare Erfolge zu liefern." Charisma war gestern. Heute müssen die Zahlen schillern, nicht die Zampanos. Substanz ist gefragt. Expertise. Ergebnis.

Sind Herkunft und Habitus nicht mehr so entscheidend, werden auch die Insignien der Macht subtiler. Die neuen Chefs tragen keine Siegelringe, keine goldenen Manschettenknöpfe, nicht einmal mehr monogrammbestickte Hemden. Der Frankfurter Bankier Friedrich von Metzler trägt eine Swatch, Anshu Jain, der neue Chef der Deutschen Bank, kommt mit Rucksack zur Arbeit. Bei den neuen CEOs steht kein Humidor auf dem Schreibtisch, die Kennzeichen ihrer Autos enden nicht mit einer Null oder Eins. Sie wollen sich nicht länger abgrenzen, sie wollen dazugehören. Das Verbindende wird wichtiger als das Trennende.

Chefwechsel in Deutschlands Konzernriesen
Volkmar Denner Quelle: dpa
Franz Fehrenbach Quelle: dapd
Peter Terium Quelle: dpa
Jürgen Großmann Quelle: dpa
Stephan Gemkow Quelle: dpa/picture-alliance
Jürgen Kluge Quelle: dpa
Frank Mastiaux Quelle: dapd

Es sind Manager wie Kurt Bock (BASF), Marijn Dekkers (Bayer), Johannes Teyssen (E.on), Peter Terium (designierter RWE-Chef). Sie sind alle um die 50, haben es früh auf einflussreiche Posten geschafft. Heute lenken sie milliardenschwere Konzerne, herrschen über Hunderttausende Mitarbeiter. Bloß kennt sie kaum einer. Marijn wer? Sie wollen oft gar nicht bekannt sein, sondern meiden die Öffentlichkeit. Sie geben selten Interviews, und wenn, dann äußern sie sich meist nur zum eigenen Unternehmen. Sie sitzen nicht in Talkshows, und diskutiert das Land die Zukunft des Euro, dann reden sie nicht mit. Sie fallen nicht auf. Sie sind bedacht, brav, ein bisschen bieder. Die neuen CEOs sind Anti-Alphas. Sie sind Beta-Buben.

"Alphatiere sterben aus"

Wo sind sie hin, die Ego-Bomben der Wirtschaft? Die Schrempps (Daimler), die von Kuenheims (BMW), die Koppers (Deutsche Bank)? Es waren Herrscher, die aus dem Vorstandssaal eine Wettkampfarena machten. Mal sehen, wer hier der Stärkste ist. Männer, die aneckten. Manager mit Bluthochdruck und Bauchumfang, aber mit klaren Bekenntnissen. Charaktertypen eben.

Und jetzt? "Die Alphatiere sterben aus", sagt Herbert Henzler in die Freisprechanlage seines Autos. Der frühere Deutschlandchef von McKinsey ist auf dem Weg nach Herzogenaurach, zum adidas-Chef Herbert Hainer, auch so ein Beta-Typ. Alpha, das waren für Henzler Wirtschaftsgrößen wie die großen Männer der Deutschen Bank, Hermann Josef Abs zu Zeiten des Wirtschaftswunders und später Alfred Herrhausen. "Die haben eine ganze Epoche geprägt", sagt Henzler. "Urtypen" nennt er sie. Persönlichkeiten, die jeder kannte, die in der Politik angesehen waren und unglaublich gut vernetzt.

Auch Jürgen Schrempp war für Henzler so ein A-Typ. Am Telefon erzählt er, wie er einmal vor einer Gruppe von Topmanagern den US-Unternehmensberater Tom Peters zitierte, der sinngemäß sagte, Manager seien in der Geschichte von Konzernen lediglich Fußnoten. Da habe Schrempp auf den Tisch gehauen und gerufen: "Ich bleibe Headline!", so erinnert sich Henzler. Die CEOs von heute würden ihr Ego nicht mehr so nach außen tragen. Dann bricht das Gespräch ab, und der Exberater verschwindet in einem mittelfränkischen Funkloch.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%