Unternehmensnachfolge Unternehmerkinder wollen in die Fußstapfen der Eltern treten

Mittelständische Unternehmen tun sich oft schwer, einen Nachfolger zu finden, wenn der Chef in Rente geht. Laut einer neuen Studie hat das bald ein Ende: Unternehmerkinder wollen den Betrieb der Eltern wieder übernehmen.

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Der Winzer Peter Jakob Kühn (l) posiert am 05.11.2015 in Mainz (Rheinland-Pfalz) zusammen mit seinem Sohn Peter Bernhard Kühn und einer Flasche von ihrem Wein. Quelle: dpa

Die Kritiker des Weinführers Gault Millau haben Peter Jakob Kühn aus dem Rheingau zum „Winzer des Jahres“ gekürt. Das Besondere: Der 61-Jährige leitet zusammen mit seinem Sohn Peter Bernhard Kühn das Weingut im hessischen Oestrich-Winkel. Wenn man den Zahlen aus den vergangenen Jahren glaubt, ist ein solches Vater-Sohn-Gespann eher die Ausnahme, denn die Regel - und zwar branchenübergreifend.

Denn zum einen fragt sich mancher studierte Betriebswirt oder Geologe, was er nun mit der Schreinerei der Eltern soll, zum anderen hat nicht jeder Lust, sich als geeigneten und kompetenten Nachfolger beweisen zu müssen. Denn natürlich stehen Sohn oder Tochter unter einer anderen Art der Beobachtung als ein Externer. Auch verläuft die Zusammenarbeit zwischen den Generationen selten konfliktfrei und harmonisch, wenn der Junior alles anders machen will, während der Senior am Altvertrauten festhalten möchte.

Spätestens wenn der Senior aber in Rente gehen will, rächt es sich, wenn der Junior mit dem elterlichen Betrieb nichts am Hut hat - weil man ihn nicht ließ oder weil er selbst kein Interesse daran hatte. So klagte Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, im vergangenen Herbst, dass "über 40 Prozent der Seniorunternehmer keinen passenden neuen Chef" finden. Besonders ausgeprägt sei die Nachfrageproblematik in Industrie- und Handwerksunternehmen. "Hier kommen rein rechnerisch fünf Alt-Eigentümer auf einen möglichen Nachfolger", so der DIHK-Chef. Vorbei die Zeit, in der der älteste Sohn den väterlichen Betrieb, Haus und Hof übernahm und die jüngeren Geschwister ausbezahlte.

Unternehmerkinder bringen neue Denkanstöße

Das ist insbesondere deshalb ungünstig, weil die familieninterne Nachfolgeregelung Vorteile hat: Wer mit dem Betrieb aufgewachsen ist, hat ein ganz anderes Verhältnis zum Unternehmen als ein externer Käufer, auch Kunden, Zulieferer und Mitarbeiter sind keine Fremden, was gerade in der Übergangszeit vorteilhaft sein kann. Und dass Unternehmerkinder in der Regel etwas anderes studiert beziehungsweise einen anderen Beruf gelernt haben, as die Elterngeneration muss für den Betireb nicht schlecht sein. Zumindest verhindert es ein "So haben wir das immer schon gemacht" und bringt neue Denkanstöße.

Die ältesten Unternehmen der Welt

Doch es scheint sich etwas zu tun, wie eine Studie der Zeppelin-Universität Friedrichshafen und der Stiftung Familienunternehmen nahe legt. Demnach wollen 75 Prozent der Unternehmerkinder selbst die operative Führung im elterlichen Betrieb übernehmen. 83 Prozent gaben außerdem an, dass ihre Eltern das von ihnen erwarten. Der Haken: Die Studie ist mit 315 Befragten zwar umfangreich, aber leider nicht repräsentativ.
Immerhin macht sie Hoffnung für die Zukunft: Die befragten potenziellen Unternehmensnachfolger waren zwischen 16 und 40 Jahre, im Mittel 28,4 Jahre alt und wollen den elterlichen Betrieb nicht nur aus Pflichtgefühl weiterführen oder weil sie sonst nicht wissen, wohin mit sich.

Trotz aller möglicher Stolpersteine sehen mehr als 70 Prozent die Zeit des Generationsübergangs als große Chance für positive Veränderungen. Die junge Generation will zum einen komplett Neues ausprobieren und zum anderen Bestehendes weiterentwickeln. Nur so funktionieren langlebige, nachhaltige Familienunternehmen.

Für einen guten Teil der Befragten (39 Prozent) ist jedoch auch die Gründung ihres eigenen Unternehmens eine realistische Option. „Die Bereitschaft, in die Firma der Familie einzusteigen, steht im Wettstreit mit dem Wunsch, ein eigenes Unternehmen aufzubauen. Für welchen Weg man sich letztlich entscheidet, hängt stark davon ab, wie konkret der Übergang von der einen auf die andere Generation festgelegt ist“, erklärt Stefan Heidbreder, Geschäftsführer der Stiftung Familienunternehmen.

„Es fällt auf, dass sich die Mehrheit der potentiellen Nachfolger (54 Prozent) auch die Arbeit im Team mit Fremdgeschäftsführern vorstellen kann. Insgesamt ist festzustellen, dass speziell bei größeren Familienunternehmen die Professionalisierung der Nachfolge einen deutlich höheren Grad erreicht hat als bei vorangegangenen Generationswechseln“, so Heidbreder. Ein Verkauf des Familienunternehmens kommt nur für zwölf Prozent in Frage. Als Angestellter in einem anderen Familienunternehmen sehen sich in Zukunft nur 14 Prozent, in einem Konzern neun Prozent, im öffentlichen Dienst fünf Prozent.

Auf der nächsten Generation lastet ein hoher Erwartungsdruck: 83 Prozent gaben an, dass ihre Eltern die Führungsnachfolge im Familienunternehmen von ihnen erwarten würden. Die derzeit geplante Verschärfung der Erbschaft- und Schenkungsteuer wird als deutliche Bedrohung der Nachfolgepläne gesehen: 65 Prozent der Befragten sagten, dass die Verschonung des Betriebsvermögens von der Erbschaft- und Schenkungsteuer Voraussetzung für die Fortführung ist.

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