Dazu müssten sie flexiblere Arbeitsmodelle entwickeln, sodass etwa weniger Präsenz im Unternehmen erwartet wird oder Führungspositionen als Jobsharing von zwei Mitarbeitern geteilt werden. „Frauen hätten es einfacher, in Führungspositionen aufzusteigen, wenn Unternehmen örtlich und zeitlich flexibler werden würden“, sagt Greenidge, „Momentan ist das aber weit weg von der Realität.“
Das alles ist nicht neu. Doch kaum einer ist bereit, die dafür nötigen Investitionen zu tätigen. Etwa in Hard- und Software oder Kommunikationsinfrastruktur, damit Mitarbeiter von überall arbeiten können. Dabei kann sich der Aufwand lohnen, wie die Studie zeigt: Die Unternehmen mit den meisten Frauen im Vorstand erwirtschafteten in den Jahren 2010 bis 2015 Gewinnmargen, die um 44 Prozent höher lagen, als die der übrigen Unternehmen.
Für die Gleichberechtigung in Chefetagen gibt es aber noch weniger greifbare Hürden, findet Robert Scholz vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. „Für die Top-Positionen in Unternehmen gibt es neben den objektiven auch noch andere Selektionskriterien“, sagt der Forscher aus der Abteilung „Ungleichheit und Sozialpolitik“.
Ein wichtiger Punkt sei das Netzwerken auf den höchsten Führungsebenen. Offene Positionen werden gerne mit bekannten Gesichtern besetzt. Und die sind eben selten weiblich bei denen, die über die Besetzung entscheiden. Das ist für Scholz aber nicht die einzige Erklärung. „Vorstandsberufungen sind sehr komplex, da entscheiden viele Instanzen mit“, so der Forscher.
Bei seiner Analyse der Zusammensetzung im Vorstand von börsennotierten Unternehmen war er trotzdem geschockt: „Frauen sind nicht einfach nur unterrepräsentiert in den obersten Führungsetagen“, sagt Scholz „Vielfach gibt es sie überhaupt nicht.“ Der geringe Anteil weiblicher Top-Manager ist für ihn ein „systemisches Problem“.
Und auch wenn er Quotenregelungen alleine nicht für ein Allheilmittel hält, könnten staatliche Eingriffe doch die Gleichberechtigung vorantreiben. „Die Selbstverpflichtung der Wirtschaft, Frauen ins Top-Management zu holen, hat nicht funktioniert“, sagt Scholz, „Durch medialen und regulatorischen Druck hat sich aber etwas verändert.“
Und glaubt man der Studie der Initiative Chefsache, hat der Staat durchaus ein Interesse daran: Durch eine ausgeglichene Teilhabe von Frauen und Männern an der Arbeitswelt, schätzen die Autoren, könnte das Bruttoinlandsprodukt bis 2025 um 422 Milliarden Euro höher liegen, als wenn alles so bleibt wie es heute ist.