Weinende Manager „Entlassungen gehen nicht spurlos an Managern vorüber“

Braden Wallakes emotionaler Post auf LinkedIn sorgte für Diskussionen: Wie gehen Führungskräfte damit um, wenn sie Beschäftigte entlassen? Quelle: Braden Wallake / Linkedin

Ein Manager, der vor lauter Schuldgefühlen weinte, als er seine Mitarbeiter entließ, sorgt in den USA für Aufsehen. Wie Vorgesetzte mit solch emotionalen Situation umgehen sollten, erklärt Beraterin Heike Cohausz. 

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Braden Wallake ist CEO der US-Marketingagentur HyperSocial und musste kürzlich einige Mitarbeiter entlassen. Dabei kämpfte er offensichtlich mit großen Schuldgefühlen, denn der Manager konnte seine Tränen nicht zurückhalten. Dieser Fall hat in den USA für großes Aufsehen gesorgt und ist auch für deutsche Führungskräfte interessant. Denn der richtige Umgang mit emotionalen Situationen fällt auch ihnen schwer. Das weiß auch Heike Cohausz aus ihrer langjährigen Beratungspraxis. Als Coach unterstützt sie Unternehmen bei Veränderungsprozessen, die eben genau solche schwierigen Momente mit sich bringen. 

WirtschaftsWoche: Frau Cohausz, haben Sie einen ähnlichen Fall, wie den des weinenden US-CEOs in Ihrer Beratungspraxis schon mal erlebt?
Heike Cohausz: Einen weinenden CEO habe ich noch nicht erlebt. Leider gehören Restrukturierungen und Trennungen zum Leben eines Top-Managers. Und dennoch, Entlassungen gehen nicht spurlos an  Geschäftsführern und Managern vorüber. Vielen fallen solche Gespräche  sehr schwer. Gerade gute Führungskräfte zeichnen sich ja durch ihre Empathie und klare Werte aus.

Haben Sie schon Manager erlebt, die diese Schuldgefühle nicht mehr ertragen haben und daraufhin zum Beispiel in eine besser laufende Branche wechselten oder ihre Führungsposition zugunsten einer Fachkarriere aufgegeben haben?
Nein. Inzwischen gibt es in jeder Branche Höhen und Tiefen, so dass Manager nie vermeiden können, irgendwann harte Entscheidungen zu treffen und schlechte Botschaften zu überbringen. Wenn ein Manager eine Führungskarriere zu Gunsten einer Fachkarriere aufgibt, hat das andere Gründe.

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von Camilla Flocke, Kristin Rau

Brauchen Top-Manager selbst Unterstützung, wenn sie Mitarbeiter entlassen müssen?
Unterstützung wäre in vielen Fällen sicher angebracht. Das beginnt schon beim Ablauf. Weil größere Entlassungen Chefsache sind, die Erstkommunikation durch das Top-Management erfolgen und die Entscheidung überzeugend begründet sein muss, vergeht oft viel Zeit bis zur Kommunikation. Der Flurfunk ist dann oft schneller und es kommt zu Verunsicherung. Das sollte auf jeden Fall vermieden werden. Trennungen müssen fair und mit Anstand umgesetzt werden. Verbleibenden Mitarbeitern muss erklärt werden, warum es zu den Kündigungen kam. Nur so kann die Basis für einen Neuanfang geschaffen werden.

Das Schwierigste sind dabei sicherlich die Entlassungsgespräche selbst.
Ja, die Führungskräfte sind dann unmittelbar mit den Emotionen der ausscheidenden Mitarbeiter konfrontiert. Das ist extrem schwierig, auch weil oft eine größere emotionale Nähe besteht, da man seit vielen Jahren eng miteinander gearbeitet hat. Manchmal bestehen auch private Freundschaften.

Tipps für das Kündigungsgespräch

Wie kann in solchen Fällen jemand Externes helfen?
Ein Kommunikationsberater etwa kann ihnen helfen, klare Botschaften zu formulieren. Denn nichts ist schlimmer als ein verunsicherter Mitarbeiter, der am Ende eines Trennungsgesprächs gar nicht sicher ist, was ihm nun bevor steht. Aber auch ein Coach, der auf verschiedene Reaktionstypen in Kündigungsgesprächen vorbereitet oder als Gesprächspartner zur Verfügung steht, um die eigenen Emotionen besser zu verarbeiten, kann helfen. 

Daimler hatte vor einigen Jahren Spezialisten beauftragt, die den Führungskräften beibrachten, sie sollten die Mitarbeiter möglichst schnell abfertigen und nicht auf deren Alternativvorschläge eingehen. Gehört das zum Programm, um Schuldgefühle gar nicht erst entstehen zu lassen?
Da geht es nicht darum, Gefühle zu vermeiden. Sondern darum, die Trennungsbotschaft ganz klar zu senden. Seit 20 Jahren erlebe ich es immer wieder, dass betroffene Mitarbeiter die Kündigung gar nicht wahrnehmen oder sie verdrängen, obwohl mir die Führungskraft versichert, dass sie es nicht hätte deutlicher formulieren können.



Was raten Sie Unternehmen, wenn sie Entlassungen nicht vermeiden können?
Dass sie diese Abgänge verstärkt für ihr Employer-Branding nutzen sollen.

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Das hört sich hört sich widersinnig an. Das müssen Sie erklären.
Die größte Angst eines Mitarbeiters, der entlassen wird, ist sich nicht am Arbeitsmarkt zurecht zu finden, weil ihm die richtigen Kontakte fehlen. Unternehmen sind deshalb gut beraten, die eigenen Netzwerke zu Kunden und Lieferanten aktiv einzusetzen, um ihren Ehemaligen Anschlusspositionen zu besorgen. Damit schaffe ich mir nicht nur Freunde im Markt, sondern erziele auch eine starke Innenwirkung. Die verbleibenden Mitarbeiter sehen, dass sie sich für ihre Belegschaft einsetzen.

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