Rene Obermann hatte – bevor er Telekom verließ – seine Lebensplanung und seine Motive verraten. Er wolle bei Ziggo, dem niederländischen Kabelnetzbetreiber, mal wieder das Gegenteil von einem Konzern erleben. Wieder Macher sein können. So wie damals, als er sein Studium an den Nagel hängte und lieber eine eigene Firma aufbaute. Dass Ziggo plötzlich womöglich – vorausgesetzt, die Kartellwächter stimmen dem Deal zu - vom US-Riesen Liberty Global übernommen wird, kam in Obermanns Lebensplanung im Dezember nicht vor. Und als Statthalter des Texaners John Malone, dem Chef von Liberty Global, hatte sich Obermann seine nächsten Karriereschritte nicht vorgestellt. Im Gegenteil, er wollte unabhängiger arbeiten können.
Von heute auf morgen die Karten neu gemischt
Vorgesorgt hatte er trotzdem: Für den Fall der Fälle hatte Obermann eine Ausstiegsklausel in seinem Anstellungsvertrag vereinbart, von der er nun Gebrauch macht. Nach der Firmenübernahme durch Liberty Global will Obermann ausscheiden, auch wenn er hinter dem Deal ebenso wie die ganze Führungsriege steht – freilich gegen eine gute Abfindung.
Diese Change-of-Control-Klauseln Vereinbarung erlauben es Vorständen wie Geschäftsführern, direkt zu kündigen, wenn ihre Firma etwa übernommen wird, ein Private-Equity-Haus oder die Erben einsteigen. Selbst wenn ihr Vertrag eigentlich noch mehrere Jahre läuft.
Golden Parachute – der goldene Fallschirm für Manager
Die Folge: „Der Manager bekommt nicht nur den Lohn für den Rest der Vertragslaufzeit ausbezahlt, sondern obendrein meist noch eine stattliche Abfindung“, rechnet Tobias Neufeld, Arbeitsrechtler von Allen & Overy vor. Ein Golden Parachute, ein goldener Fallschirm, wird dieses Vertragskonstrukt aus den USA genannt, mit dem ein Manager je nach Restlaufzeit des Vertrags unter Umständen den Lohn für mehrere Jahre kassieren kann.
Auch vier Vorstände vom Baukonzern Hochtief – Herbert Lütkestratkötter, Burkhard Lohr, Martin Rohr und Peter Noé – verließen ihr Unternehmen, nachdem dem spanischen Wettbewerber ACS die Übernahme ihres Baukonzerns gelungen war. Die Spitzenmanager hatten ihren monatelangen, hartnäckigen Abwehrkampf gegen die feindliche Übernahme verloren. Mit ihrer Sorge, ACS würde Hochtief mit seinen immerhin 75 500 Mitarbeitern zerschlagen und Werte vernichten, waren die Vorstände bei den Aktionären nicht durchgedrungen. Die verkauften ihre Aktien trotzdem an die Spanier, so dass ACS 30 Prozent der Aktien hatte und die Macht übernahm. Soweit so ärgerlich für das Top-Management. Einerseits.
35 Millionen Euro für ausgeschiedene Hochtief-Manager
Doch andererseits hatte die Essener das Glück einer günstigen Regelung in ihrem Arbeitsvertrags, der ihren Frust erträglich machte. Insgesamt kassierten sie laut Geschäftsbericht 35 Millionen Euro. Denn die Änderung der Machtverhältnisse war die Gelegenheit für die Top-Manager, ihre sogenannte Change-of-Control-Klausel zu ziehen.
Die neuen Hochtief-Besitzer wurmten diese Millionen so sehr, dass sie jetzt keinem Manager mehr solch eine Klausel zugestehen wollen.
Sinnvoll ist die Regelung, wenn die Top-Manager die Strategien der neuen Machthaber nicht mittragen wollen und bei der veränderte Lage ohnehin keinen Rückhalt mehr haben beim Aufsichtsrat oder den Gesellschaftern.