




Wenn wir über Führung nachdenken, dann kommen uns bestimmte Bilder in den Sinn: der Kapitän auf der Kommandobrücke, der Feldherr auf dem Hügel, der Prophet, der seine Erleuchtungen verkündet.
Solche Vorstellungen helfen nicht mehr weiter. Sie stammen aus einer vergangenen Zeit. Wir können sie nicht mehr brauchen.
Zum Autor
ist Managementberater und Buchautor (Das Management der Jesuiten, Gabler 1999; Philosophie und Führung, Gabler, 2012)
Heute können wir unter Führung nur den Versuch verstehen, hochkomplexe Zusammenhänge, die ständig in Bewegung sind, zu beeinflussen. Und dabei mit ihnen so umzugehen, dass der Bestand der Systeme gesichert bleibt. Dazu ist es zunächst erforderlich, um diese Systeme zu wissen und ihre Funktionsweise zu verstehen:
Es handelt sich um geschlossene Systeme, die von außen schwer zu beeinflussen sind; wir wissen nicht, was wir mit massiven Systemeingriffen auslösen und wir sollten es deswegen vorziehen, auf kurzfristige Vorteile zu verzichten, zugunsten langfristiger Erfolge.
Führen heißt vor allem: machen, dass die Dinge sich machen. Da Organisationen nur durch Kommunikation zustande kommen, die zu Entscheidungen führt, ist es erste Führungsaufgabe, für die Qualität dieser Kommunikation zu sorgen. Die Teilnehmer an Meetings sollen daher kompetent diskutieren und originelle Entscheidungen treffen können.
In einem Unternehmen gibt es unterschiedliche Strömungen und widersprüchliche Kräfte. Führung braucht möglichst viel Gestaltungsmacht und muss der Blockiermacht enge Grenzen ziehen. Vor allem muss sie Widerstände so behandeln, dass sie nicht verstärkt werden.
Am stärksten motiviert uns, was wir für sinnvoll halten. Und sinnvoll ist etwas, das unserem Leben eine besondere Bedeutung gibt. Als Menschen sind wir sogar bereit, für Sinn unsere Gesundheit aufs Spiel zu setzen. Hohe Führungsleistung besteht darin, den Mitarbeitern eine Perspektive aufzuzeigen, die von Sinn erfüllt ist.
Aber dies alles reicht noch nicht. Die Welt ändert sich mit einem Tempo, mit dem übliche Restrukturierungen nicht mithalten können, weil sie an etwas anpassen, das inzwischen schon selbst wieder veraltet ist.
10 Tipps für den perfekten Chef
Jeder Mensch macht Fehler, denn Menschen sind nicht perfekt. Durch diese Eigenschaft werden Menschen überhaupt erst liebenswert. Wichtig ist jedoch, dass wir um unsere Fehler wissen und Wege finden, wie diese Fehler behoben werden können. Fehler, richtig verstanden, führen zu einer Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit und des Unternehmens.
Es ist daher verwunderlich, warum immer noch so viele Chefs meinen, dass sie perfekt sind. Eine solch grobe Selbstüberschätzung führt letztlich zu Arroganz und einem Stillstand an Wachstum (sowohl persönlich als auch unternehmerisch).
Darin liegt die Größe eines wirklich „perfekten“ Chefs. Er verwendet die Kenntnis seiner Fehler für die persönliche Weiterentwicklung. Gute Führungspersönlichkeiten meinen nicht, „jemand zu sein“, sondern verstehen sich als „jemand, der wird“ und zwar jeden Tag ein wenig mehr.
Eine wesentliche Eigenschaft von „perfekten“ Chefs ist, dass sie Menschen mögen. Viele so genannte Führungskräfte mögen aber nicht einmal sich selbst, geschweige denn andere Menschen. Unter solchen Umständen wird Führung nur schwer möglich sein. Um exzellent zu sein, muss man das, was man tut, lieben. Und um exzellent zu führen, muss man Menschen lieben.
Der „perfekte“ Chef sagt und meint „Wir!“ und nicht „Ich!“ Er ist ein Teamspieler. Im 21. Jahrhundert werden nur Teams gewinnen und nicht Einzelspieler. Die Mondlandung beispielsweise war auch nicht das Werk eines einzelnen Menschen, sondern das mehrerer tausend Ingenieure, auch wenn die visionäre Kraft eines Wernher von Brauns dahinter stand. Aber er hätte es niemals alleine geschafft.
Der „perfekte“ Chef fordert Menschen heraus. Er will Leistung erleben und regt Menschen an, sie zu erbringen. Dabei orientiert er sich nur ungern am Durchschnitt, sondern an Spitzenleistungen. Der „perfekte“ Chef gibt sich mit dem zweitbesten Ergebnis nicht zufrieden.
Von dem Gedanken, stets der Beste in allen Bereichen sein zu wollen, müssen sich Führungspersönlichkeiten trennen. Der „perfekte“ Chef konzentriert sich auf seine Stärken und seine Hauptaufgaben.
Grundvoraussetzung eines „perfekten“ Chefs sind gelebte Werte, die von allen Mitarbeitern als Führungsgrundsätze empfunden werden. Nur so entsteht das viel geforderte Vertrauen.
Letztlich geht es um das wesentliche: Der „perfekte“ Chef bewirkt, dass Menschen Ziele erreichen. Das Wesen guter Führung ist Wirksamkeit.
Meistens halten wir unsere Meinung für die Wahrheit, basierend auf der Wirklichkeit, wie wir sie empfinden. Häufig entspricht unsere Wirklichkeit jedoch nicht der Realität. Der „perfekte“ Chef setzt sich auf den Stuhl des anderen. Wer durch die Augen anderer sieht, entdeckt eine Fülle von Wirklichkeiten.
Quelle: Perspektive Mittelstand
Führung muss das Unternehmen für die Zukunft rüsten. Sie muss schöpferische Leistungen ermöglichen, die das Unternehmen originell machen, unverwechselbar, zu etwas ganz Besonderem. Die Organisation muss also wandlungsfähig sein und künftige Entwicklungen vorwegnehmen können.
Wenn Führung dies ermöglichen will, muss sie dafür sorgen, dass die Untersysteme lose miteinander gekoppelt sind, dass sie autonom und doch ineinander integriert sind. Und das bedeutet, dass die Menschen bereit sind, immer wieder kritisch über sich nachzudenken und auch schwache Signale und diskrete Hinweise aufzugreifen.
Wo können Manager die Inspiration für diese schwierige Aufgabe gewinnen? Sicher nicht nur aus der mathematisierten Betriebswirtschaft. Manager sollten bei Künstlern in die Lehre gehen, weil die aus anderen Quellen schöpfen. Sie vollbringen Werke, mit denen sie die Grenzen des Üblichen überschreiten, weil sie über Kräfte verfügen, die aus ganz anderen Bereichen ihrer Persönlichkeit stammen.