Mit diesem Phänomen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Psychologen auseinandergesetzt. Seitdem gilt es als erwiesen, dass die meisten Menschen im vierten Jahrzehnt ihres Lebens tatsächlich unzufriedener sind. Oder anders formuliert: Unser persönliches Wohlbefinden verläuft in Form einer U-Kurve.
Zu dieser Erkenntnis gelangten im Jahr 2008 zum Beispiel die beiden Forscher David Blanchflower (Dartmouth College) und Andrew Oswald (Universität von Stirling). Für eine Studie (.pdf) werteten sie verschiedene Umfragen aus. Darin hatten mehr als 500.000 Personen aus 72 Ländern über Jahrzehnte hinweg ihr seelisches Befinden kundgetan.
Und dabei entdeckten Blanchflower und Oswald: In der Jugend ging es den Menschen gut, doch dann fiel das Wohlbefinden plötzlich bis zur Mitte des Lebens. Den Tiefpunkt erreichte die persönliche Zufriedenheit etwa zwischen dem 42. und 47. Lebensjahr – und danach stieg sie wieder an.
Doch noch verblüffender war: Dieser vorübergehende Sinkflug und anschließende Anstieg war unabhängig davon, es sich um Männer oder Frauen handelte, Europäer oder Amerikaner, Reiche oder Arme, Ledige oder Verheiratete. Aber warum?
In acht Schritten zum Burn-Out
Es beginnt alles mit dem Wunsch, sich zu beweisen. Dieser aber treibt einen in den Zwang, sich noch mehr anzustrengen, noch mehr zu leisten bzw. es allen recht zu machen. Man nimmt jeden Auftrag an, sagt immer seltener Nein. Jettet von Termin zu Termin. Und nimmt abends Arbeit mit nach Hause.
(Quelle: Lothar Seiwert, Zeit ist Leben, Leben ist Zeit)
Man nimmt seine eigenen Bedürfnisse nicht mehr wahr. Schläft zu wenig, isst hastig oder gar nichts. Sagt den Kinobesuch mit Freunden ab.
Man missachtet die Warnsignale des Körpers, wie Schlafstörungen, Verspannungen, Kopfschmerzen, hoher Blutdruck, flaches Atmen, Konzentrationsschwäche.
Um wieder funktionieren zu können, greifen manche zu Drogen wie Schmerzmitteln, Schlaftabletten, Alkohol, Aufputschern.
Das eigene Wertesystem verändert sich. Die Freunde sind langweilig, der Besuch mit dem Kollegen im Café verschwendete Zeit. Die Probleme mit dem Partner oder Familie nimmt man einfach nicht mehr wahr. Man zieht sich zurück aus gesellschaftlichen Kontakten. Und endet oft in völliger Isolation.
Die Persönlichkeit verändert sich. Alles dreht sich nur noch darum, zu funktionieren, zu arbeiten. Gefühle und Emotionen werden verdrängt. Man verliert den Humor, reagiert mit Schärfe und Sarkasmus, empfindet Verachtung für Menschen, die das Faulsein genießen. Man verhärtet.
Man verliert das Gefühl für die eigene Persönlichkeit. Spürt nur noch Gereiztheit, Schmerzen, Erschöpfung, Überlastung, Angst vor einem Zusammenbruch. Und sonst nichts mehr. Keine Freude, keine Fröhlichkeit, keine Neugierde. Der Mensch funktioniert wie eine Maschine. Die Seele erstarrt.
Die wachsende innere Leere, genährt von dem Gedanken "Wenn ich nicht arbeite, was bin ich dann?", führt zur Depression, zur völligen Erschöpfung, zum Zusammenbruch, zum Ausgebranntsein.
Eine mögliche Erklärung liefert die sozioemotionale Selektivitätstheorie der US-Psychologin Laura Carstensen. Sie ging davon aus, dass Menschen ihr Handeln bewusst danach ausrichten, wie viel Zeit ihnen noch auf der Erde bleibt. In der Kindheit und der Jugend schmieden sie Pläne, träumen von einer schnellen Karriere, wollen ein Haus bauen, Länder besuchen und Bäume pflanzen.
Doch in der Lebensmitte realisieren sie, was sie bislang noch nicht erreicht haben – und vielleicht auch nie erreichen werden. Gleichzeitig steigt ihr Bedürfnis nach Sicherheit und Geborgenheit, da die Uhr des Lebens langsam abläuft. Und dieser Zustand verursacht Stress.
Auch bei Affen. Das zumindest legte im vergangenen Jahr Alexander Weiss von der Universität Edinburg nahe. Für eine Untersuchung befragte er Pfleger und Wissenschaftler, die 155 Schimpansen und 172 Orang-Utans in Nordamerika, Asien und Australien betreuten. Die Experten gaben einerseits an, wie alt die Affen waren und andererseits, wie sie gelaunt waren, ob sie gerne mit Artgenossen spielten, wie gut sie gehorchten und wie glücklich sie ihnen vorkamen.
Kaum zu glauben: Auch bei den Affen entdeckte Weiss die U-Kurve. In jungen Jahren waren die Tiere glücklich und zufrieden, dann wurden sie bis zur Mitte des Lebens missmutiger, danach stieg ihre Laune wieder.
Offenbar liegt uns die Midlife-Crisis also teilweise in den Genen. Und ihre Auswirkungen sind mitunter ziemlich drastisch – zumindest auf der Leinwand. Das prominenteste Beispiel lieferte im Jahr 1999 der Film „American Beauty“. Kevin Spacey spielte darin die Rolle des Lester Burnham, der seinen gut bezahlten Job kündigte, in einem Imbiss anheuerte, plötzlich Drogen nahm, einen Sportwagen kaufte und sich in die beste Freundin seiner Tochter verliebte.
Nun muss die Midlife Crisis nicht immer so dramatisch verlaufen. Doch auch die harmlose Variante ist im Berufsleben spürbar – heute mehr denn je.