Mitarbeiter-Initiative Kindergarten im Büro

Mitarbeiter von Rödl & Partner schafften, wovon viele Eltern träumen: Mit Charme und Geduld erkämpften sie sich einen Kindergarten im Büro.

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Kindergarten der Kanzlei Rödl & Partner: Matthias Struwe (v.l.), Saskia Bonenberger, Carola Seifried und Susanne Hierl initiierten das Netzwerk Quelle: Simon Koy für WirtschaftsWoche

Clever müssen sie sein und hartnäckig; informiert bis ins juristische und steuerliche Detail. Dabei verbindlich im Umgang, kluge Koalitionen schmiedend – und ein bisschen tricky schadet auch nicht. Die Rede ist von guten Steuerberatern und Rechtsanwälten. Gelernt ist gelernt, dachte sich eine Handvoll Kollegen der internationalen Kanzlei Rödl & Partner und nutzten ihre Kernkompetenzen in eigener Sache. Gegen allerlei Widrigkeiten setzten sie am Hauptsitz in Nürnberg eine professionelle Kinderkrippe durch.

Familienministerin Ursula von der Leyen müsste feuchte Augen bekommen: Mitten im Erdgeschoss des luftigen Büro-Komplexes im Osten der Stadt können bis zu 14 Kinder im Alter von acht Wochen bis drei Jahren toben, schlafen, spielen, lernen, sich zanken und vertragen.

Derweil zanken und vertragen sich ihre Eltern nur ein paar Stockwerke entfernt mit Kollegen und Mandanten, dank guter Kinderbetreuung voll konzentriert. Im Notfall sind sie nur einen kurzen Anruf vom Kind entfernt, ein gutes Gefühl.

Die Krippe ist ein Top-Argument auch aus Sicht des Unternehmens, um neue Mitarbeiter anzuwerben und bewährte ans Haus zu binden. Noch dazu bei überschaubaren Kosten. Eine Win-win-win-Situation, würde ein Steuerberater wohl sagen.

„Mitte der Neunzigerjahre gab’s bei uns gar keine Mütter“, erinnert sich Saskia Bonenberger, Leiterin der Abteilung Prävention und Strafrecht und Partnerin der Gesellschaft. Dabei saßen ihr in jedem Meeting bestens aus- und weitergebildete Steuerberaterinnen, Wirtschaftsprüferinnen und Rechtsanwältinnen gegenüber. Aber kaum wurden die Top-Frauen auch Mutter, verlor sich ihre Spur. Die einen wollten Kind statt Beruf und blieben daheim. Die anderen wollten beides – aber fanden vor allem für Kinder unter drei Jahren keine Betreuung.

„Das konnte man damals beklagen – oder ändern“, sagt Bonenberger. Sie, damals selbst noch kinderlos, entschied sich für „ändern“ und hatte dabei wie ihre Kollegen auch den Nutzen fürs Unternehmen im Sinn: „Wir hatten einen steten Aderlass von klugen Frauen, und auf den oberen Etagen herrschte der Männerblick auf die Sicht » aller Dinge.“ Also nahmen zehn Kolleginnen und zwei Kollegen die Dinge selbst in die Hand.

Nicht die Geschäftsführung war dabei das Problem. Die war grundsätzlich auf der Seite der Engagierten. „Die Kollegen überraschten uns“, sagt Saskia Bonenberger. Denn bei der im zweiten Schritt initiierten Analyse des Kinderbetreuungsbedarfs ließen die Kollegen wissen: null Bedarf.

Der erste Schritt

Nun sind die rund 650 Mitarbeiter am Standort Nürnberg auch privat nicht weniger leidenschaftlich als andere Professionen, Kinderfotos zieren zahlreiche Schreibtische. Allerdings trauten sich die Wenigsten aus der Deckung, oder sie fürchteten um ihre Karriere, sollten sie beim Vorgesetzten den Anschein erwecken, wegen ihres Kindes im Erdgeschoss nicht mehr voll belastbar zu sein.

„Also galt es zunächst, diese Sorge zu nehmen“, erinnert sich Carola Seifried, Steuerberaterin und Teamleiterin. Der erste Schritt eines klugen Plans.

Die Taktik: Mit schöner Regelmäßigkeit veranstalteten sie Kinder-Events wie Ostereier-Suchen mitten auf dem Unternehmensgelände. Was im Übrigen auch Mandanten mitbekamen und die verwunderte Geschäftsführung dafür ausdrücklich lobten. Vor allem, seit auch den Mandanten während größerer Veranstaltungen im Hause die freundliche Betreuung ihrer Kinder durch eine Fachkraft angeboten wurde.

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