Mitarbeiterrechte Was Chefs dürfen – und was nicht

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Muss ein Mitarbeiter das Duzen im Unternehmen tolerieren?

Bei der Frage duzen oder siezen scheiden sich die Geister. Während für den einen das „Du“ normal und gewünscht ist, mag ein anderer (vor allem am Arbeitsplatz) diese “Vertraulichkeit“ nicht. Das führt manchmal zu der merkwürdig klingenden Zwischenform der Sie-Anrede, gekoppelt mit dem Vornamen. Was müssen Arbeitnehmer am Arbeitsplatz akzeptieren?

Die Anrede gehört zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht von Mitarbeitern. Demnach kann jeder Angestellte selbst bestimmen, ob er gesiezt oder geduzt werden möchte. Möchte ein Arbeitgeber in seinem Unternehmen vom Sie zum Du wechseln, muss er sein Interesse gegen das seiner Beschäftigten abwägen. Entscheidet er sich beispielsweise aus Gründen der Unternehmenskultur für das Du, ein einziger Mitarbeiter möchte aber weiterhin gesiezt werden, wird sich der Mitarbeiter der Mehrheit fügen müssen – erst recht, wenn er das Du eine Zeitlang tolerierte, wie ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm zeigt (Az.: 14 Sa 1145/98).

Ein Abteilungsleiter im Bereich der Herrenoberbekleidung arbeitete in einem Unternehmen, in dem sich die Mitarbeiter untereinander stets siezten. Als ein schwedisches Bekleidungsunternehmen das Geschäft übernahm, zog nicht nur eine andere Optik ein, sondern auch ein neuer Umgangston – dieser ging vom förmlichen Sie in ein lockeres Du über. Grund: Der Bekleidungsriese hatte nicht nur eine jüngere Kundschaft, auch das Arbeitsklima sollte lockerer als in einem klassischen Bekleidungsgeschäft sein. Der 45-jährige Mitarbeiter ertrug das, allerdings „nur“ 22 Monate. Dann wollte er wieder gesiezt werden. Seiner Meinung nach verletzte das Du sein Persönlichkeitsrecht. Ob man sich in einem Unternehmen duzt oder siezt, ist aber auch immer eine Frage des Unternehmensstils sowie der Branche – so auch bei dem schwedischen Bekleidungsunternehmen.

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Der Mitarbeiter zog vor Gericht – und verlor. Die Richter erkannten zwar das Selbstbestimmungsrecht des Mitarbeiters an. Sie wiesen die Klage gegen den Arbeitgeber jedoch ab, denn er hatte der Anredeänderung 22 Monate lang nicht widersprochen.

Wichtig: Enthält der Arbeitsvertrag keinen Hinweis auf Umgangsformen, können Mitarbeiter nicht vom Arbeitgeber verlangen, weiterhin gesiezt zu werden. Auch dann nicht, wenn im Unternehmen jahrelang das „Sie“ angewendet wurde.

Müssen Mitarbeiter im Urlaub erreichbar sein?

Ist der Arbeitstag vorbei, liegt bei vielen Mitarbeitern dennoch das Mobiltelefon immer griffbereit auf dem Tisch. Denn ob Anruf, SMS oder E-Mail, die Kontaktaufnahme außerhalb der Arbeitszeit gehört für viele Mitarbeiter mittlerweile dazu. Diese ständige Erreichbarkeit macht uns jedoch krank, wie diverse Untersuchungen der vergangenen Jahre zeigen. Richtig stressig wird es für Arbeitnehmer, wenn sie auch während ihres Urlaubs kontaktiert werden. Doch müssen Mitarbeiter überhaupt im Urlaub erreichbar sein?

Nein. Urlaub dient der Erholung – das Bundesurlaubsgesetz verlangt es sogar. Dementsprechend widerspricht ein ständiges Reagieren auf berufliche Anfragen dem Urlaubszweck. Daher dürfen Mitarbeiter im Urlaub ihr Smartphone ausschalten bzw. Anrufe, E-Mails und Kurznachrichten ignorieren – ohne arbeitsrechtliche Sanktionen befürchten zu müssen.

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Nach § 1 des Bundesurlaubsgesetzes schulden Arbeitgeber ihren Mitarbeitern Erholungsurlaub. Und dazu zählt, dass Arbeitnehmer ihren Urlaub selbstbestimmt und uneingeschränkt verbringen können. Das ist natürlich nicht gewährleistet, wenn Arbeitgeber ihre Mitarbeiter trotz Urlaub ständig kontaktieren – und die nicht abschalten können.

Wichtig: Auch in ihrer Freizeit müssen Mitarbeiter nicht an ihr Diensthandy gehen. Denn Arbeitszeit ist Arbeitszeit und Freizeit ist Freizeit.

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