Darf ich mir private Pakete ins Büro liefern lassen?
Der Volksmund sagt, Arbeit ist das halbe Leben. Und so ganz unrecht hat er nicht. Abzüglich der Zeit, die man für private Aktivitäten verwendet, verbringen die Deutschen ein Drittel ihrer Zeit bei der Arbeit. Und weil deshalb wenig Zeit für Shoppen bleibt, bestellen viele ihre Sachen bequem von der Couch aus und lassen sich die Ware nach Hause liefern.
Zu Hause ist tagsüber in der Regel aber niemand, der dem Paketboten die Ware abnimmt. Daher ist es für viele Mitarbeiter normal, sich private Pakete ins Büro schicken zu lassen. Ist ja auch herrlich bequem: Viele Arbeitgeber verfügen über einen Empfang, der die Pakete annehmen kann.
Glück haben Mitarbeiter, wenn ihr Arbeitgeber das toleriert. Verständlich ist aber auch, wenn Arbeitgebern in Zeiten des boomenden Online-Handels die enormen Paketmengen auf Dauer zu viel werden. Schließlich sind dann die Mitarbeiter am Empfang oder in der Poststelle des Unternehmens mit den privaten Angelegenheiten der Kollegen beschäftigt. Daher haben Mitarbeiter kein Recht auf die Zusendung von privater Post an den Arbeitsplatz.
Zu den Autoren
Ulf Weigelt ist Fachanwalt für Arbeitsrecht. In dem kürzlich erschienen Buch räumt er gemeinsam mit Sabine Hockling mit Irrtümern und Mythen rund ums Arbeitsrecht auf.
Die Autorin und Referentin Sabine Hockling arbeitet vor allem zu Karriere- und Servicethemen. Gemeinsam mit Tina Groll bloggt sie unter www.diechefin.net über Frauen und Karriere. Gemeinsam mit Ulf Weigelt hat sie nun den Ratgeber "Was Chefs nicht dürfen (und was doch)" geschrieben.
Ist Alkohol am Arbeitsplatz grundsätzlich verboten?
Verschiedene Studien belegen, dass bis zu 30 Prozent der Arbeitsunfälle am Arbeitsplatz durch Alkoholeinfluss passieren. Denn Alkohol vermindert die Aufmerksamkeit und senkt das Reaktionsvermögen.
Daher ist in vielen Unternehmen Alkohol am Arbeitsplatz grundsätzlich verboten. Die meisten Firmen haben das strikte Alkoholverbot sogar in ihren Arbeitsverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsanweisungen stehen. Der Grund ist simpel: So möchten Unternehmen die Sicherheit am Arbeitsplatz und die Arbeitsleistung der Mitarbeiter gewährleisten.
Und auch wenn es kein ausdrückliches Verbot im Unternehmen gibt: Mitarbeiter dürfen sich weder vor noch während der Arbeit in einen Zustand versetzen, in dem sie ihre Aufgaben nicht mehr korrekt erfüllen können. So nämlich verletzen sie ihre Arbeitspflichten, was eine Abmahnung oder gar fristlose Kündigung zur Folge haben kann.
Wichtig: Das Arbeitsrecht unterscheidet zwischen alkoholabhängigen Mitarbeitern und Arbeitnehmern, die nur ab und zu über die Strenge schlagen.
So ist dem alkoholabhängigen Mitarbeiter nur personenbedingt (krankheitsbedingt) zu kündigen. Alle anderen erhalten die verhaltensbedingte Kündigung. Bei einem krankhaften Alkoholismus müssen für eine Kündigung nämlich folgende Voraussetzungen gegeben sein: Die betrieblichen Interessen müssen beeinträchtigt sein und eine negative Zukunftsprognose muss vorliegen. Ferner muss der Arbeitgeber abgewogen haben, welches Interesse er selbst an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses hat und wie schwer dagegen das Interesse des Mitarbeiters wiegt, seinen Job zu behalten. Daher spielen bei der Kündigung auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter des Mitarbeiters sowie Unterhaltsverpflichtungen eine Rolle.
Und letztlich wird auch die Frage wesentlich sein, ob der Süchtige schon eine Entziehungskur absolviert hat. Schlechte Karten haben demnach Mitarbeiter, die nach einer Entziehungskur wieder rückfällig wurden oder eine solche von vornherein ablehnten. Denn dann wird eine negative Zukunftsprognose unterstellt, die Arbeitgebern eine Kündigung erleichtert.
Wichtig Wird am Arbeitsplatz bei Ereignissen wie der Fußball-WM oder Jubiläen Alkohol ausgeschenkt, kann es für Arbeitgeber kritisch werden. Wird anschließend weitergearbeitet und hat ein Mitarbeiter aufgrund seines hohen Promillepegels einen Unfall, müssen Arbeitgeber voll haften.
Gibt es auch hitzefrei für Mitarbeiter?
Klettern im Sommer die Temperaturen auf dem Thermometer in Richtung 30 Grad Celsius, gibt es für Schüler hitzefrei. Wie aber steht es um Mitarbeiter? Müssen Arbeitgeber auch ihnen hitzefrei geben?
Grundsätzlich müssen Arbeitgeber ihren Mitarbeitern Arbeitsplätze zur Verfügung stellen, an denen sie ohne Gefahr für ihre Gesundheit tätig sein können. Herrscht dort eine extrem hohe Hitze, müssen Unternehmen für Abhilfe sorgen. Dazu gehören zunächst einmal ausreichend Getränke sowie das regelmäßige Lüften – am besten auch zusätzlich über Nacht –, um die Räume so weit wie möglich auszukühlen.
Was der Gesetzgeber konkret vorschreibt, steht in der Arbeitsstättenverordnung sowie in der damit verbundenen Arbeitsstättenregel ASR 3.5. Gemäß § 3 der Arbeitsstättenverordnung in Verbindung mit der Arbeitsstättenregel muss in Arbeitsräumen „eine gesundheitlich zuträgliche Temperatur“ herrschen. Das heißt, die Raumhöchsttemperatur darf nicht höher als 26 Grad Celsius betragen. Steigt die Außenlufttemperatur auf über 26 Grad Celsius an, müssen Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen, damit die Raumtemperatur diese Temperatur nicht übersteigt.
Steigt die Innenraumtemperatur in Arbeitsräumen auf über 26 Grad Celsius, darf dennoch weiter gearbeitet werden. Vorausgesetzt, Unternehmen sorgen (wie bei sogenannten Hitzearbeitsplätzen auch) für eine Abkühlung durch Schutzmaßnahmen wie beispielsweise Luftduschen.
Auch ist es sinnvoll, in solchen Hitzeperioden die Arbeitszeiten zu verkürzen: Maximal sechs Stunden bei einer Innenraumtemperatur von 27 bis 29 Grad Celsius, maximal vier Stunden bei 29 bis 31 Grad Celsius, und bei noch höheren Innenraumtemperaturen sollte nur noch im Notfall gearbeitet werden. Ferner sind stündliche Arbeitspausen sinnvoll: Je höher die Temperatur sind, desto länger sollten diese dauern (zum Beispiel 20 Minuten bei über 30 Grad).
Tipp: Bei solchen Temperaturen kann die Arbeit im Home-Office eine geeignete Alternative sein. Mindestens aber sollten Arbeitgeber sowohl Leistungsvorgaben als auch Kleiderordnungen lockern.
Dürfen Mitarbeiter auf Facebook über ihren Chef lästern?
Kontaktpflege, Self-Marketing, lästern und loben – soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter oder Xing sind längst auch im beruflichen Umfeld angekommen. Allerdings ist hier Vorsicht geboten, denn negative Bemerkungen über den Chef oder das leichtfertige Liken spezieller Inhalte können negativ auf Mitarbeiter zurückfallen.
Daher sollten Mitarbeiter grundsätzlich vorsichtig sein, was sie in den sozialen Medien über Arbeitgeber, Vorgesetzte, Kollegen und Kunden posten. Denn auch wenn negative Äußerungen auf einem privaten Account veröffentlicht werden, können sie arbeitsrechtliche Konsequenzen für den Mitarbeiter haben.
Unternehmensschädliche Aussagen – egal, wo sie erfolgen – sind immer eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung. Gleiches gilt für das Posten von Freizeitaktivitäten während einer Arbeitsunfähigkeit.
Tipp: Mitarbeiter sollten auf keinen Fall während der Arbeitszeit in ihren Social Media-Accounts aktiv sein. Das kann zu einer fristlosen Kündigung führen. Es sei denn, der Arbeitgeber erlaubt ausdrücklich die Nutzung auch während der Arbeitszeit.
Dürfen Arbeitgeber Drogentests anordnen?
Menschen konsumieren in unterschiedlichen Situationen und Mengen Drogen. Der eine konsumiert nur auf Festen, ein anderer greift jeden Abend dazu. Gerät der Konsum außer Kontrolle, wirkt sich das meist auch auf das Berufsleben aus. Nämlich dann, wenn zu Arbeitsbeginn noch Drogen im Körper sind und der Mitarbeiter nicht einsatzfähig ist.
Ist das der Fall, ordnen Arbeitgeber bei den Betroffenen einen Drogentest an, um auf Nummer sicher zu gehen. Doch dürfen Arbeitgeber Mitarbeiter überhaupt zum Drogentest schicken?
Grundsätzlich sind Drogen- wie auch Alkoholtests nur mit der Einwilligung des Mitarbeiters möglich. Selbst dann, wenn ein offensichtlich alkoholisierter Mitarbeiter zum Dienst erscheint, darf er nicht zu einem Test gezwungen werden. Der Artikel 2 des Grundgesetzes schützt Arbeitnehmer hier. Entsprechend sind routinemäßige Tests vom Arbeitgeber tabu.
Wichtig: Medizinische Untersuchungen sowie biometrische und gentechnische Kontrollen sind ein Eingriff in die Intimsphäre und so in das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer – und daher nur unter sehr strengen Bedingungen möglich.
Tests bei bestimmten Voraussetzungen rechtens
Arbeitgeber können und dürfen aber auch nicht einfach tatenlos zusehen, wenn ein Mitarbeiter unter Drogeneinfluss zur Arbeit kommt. Sie können den Mitarbeiter entweder abmahnen oder sogar eine Verdachtskündigung aussprechen. Das ist möglich, wenn ein Arbeitnehmer sich weigert, einen entsprechenden Test durchzuführen. Oder sie informieren die Polizei. Auch das ist ein berechtigter Schritt.
Dass Arbeitgeber dennoch routinemäßig Tests durchführen dürfen, zeigt ein Urteil des Hamburger Arbeitsgerichts (Az.: 27 Ca 136/06). Mitarbeiter, die im Hamburger Hafen und mit Großgeräten tätig sind, müssen ein strenges Suchtmittelverbot einhalten. Als ein Arbeitgeber aber den Verdacht hatte, dass einige seiner Mitarbeiter, die diese Großgeräte bedienten, unter Drogeneinfluss standen, ordnete er Urinproben an – die seinen Verdacht bestätigten. Grundlage für dieses Vorgehen war eine zuvor vom Arbeitgeber und Betriebsrat geschlossene Betriebsvereinbarung, die dem Arbeitgeber solche Drogentests erlaubte. Arbeitsrichter stützen dieses Vorgehen, weil hier die Sicherheit gewichtiger ist als das Persönlichkeitsrecht des einzelnen Arbeitnehmers.
Solche Tests sind also erlaubt, wenn es eine Rechtsgrundlage (zum Beispiel Betriebsvereinbarung) gibt, ein konkreter Verdacht vorliegt sowie Tätigkeiten mit einem hohen Gefahrenpotenzial ausgeführt werden (etwa Piloten, Busfahrer etc.).
Tipp: Mitarbeiter haben die Wahl, wo sie den Test durchführen lassen wollen. Wer zum Arzt seines Vertrauens gehen möchte, sollte das auch tun. Denn aufgrund der ärztlichen Schweigepflicht erhalten Arbeitgeber lediglich eine Bestätigung, ob man uneingeschränkt arbeitsfähig ist oder nicht.
Dürfen Arbeitgeber Handys am Arbeitsplatz verbieten?
Ob man unterwegs, zu Hause oder am Arbeitsplatz ist – die globale Welt erwartet eine ständige Erreichbarkeit. Soll diese Erreichbarkeit eingeschränkt werden, empfinden viele es als unzumutbaren Eingriff in ihre persönliche Freiheit. Dabei belegen diverse Untersuchungen, dass Mitarbeiter gut ein Fünftel ihrer Arbeitszeit für private Belange nutzen. Nicht verwunderlich also, dass immer mehr Arbeitgeber die private Handynutzung während der Arbeitszeit generell verbieten – und das dürfen sie auch!
Wichtig: Arbeitgeber dürfen sich auf klare bestehende vertragliche oder gesetzliche Rechte berufen, nicht aber von heute auf morgen neue Verpflichtungen schaffen.
Sind private Telefonate oder die Nutzung des Smartphones während der Arbeit nicht ausdrücklich verboten, können Mitarbeiter davon ausgehen, dass der Arbeitgeber nichts dagegen einzuwenden hat. Vorausgesetzt, die Nutzung findet in einem angemessenen Umfang statt. Für das Landesarbeitsgericht Köln (Az.: 4 Sa 1018/04) zum Beispiel sind täglich zehn Minuten angemessen.
Es gibt allerdings noch einen weiteren Aspekt, warum Arbeitgeber Mobiltelefone am Arbeitsplatz verbieten: Dieser betrifft das Thema Konkurrenz. Bei der Arbeit mit Prototypen beispielsweise befürchten Unternehmen oft, dass die Konkurrenz an Bilder und Ähnliches gelangt. Daher sind Mobiltelefone zur privaten Nutzung in solchen sensiblen Bereichen häufig generell verboten.
Muss ein Mitarbeiter das Duzen im Unternehmen tolerieren?
Bei der Frage duzen oder siezen scheiden sich die Geister. Während für den einen das „Du“ normal und gewünscht ist, mag ein anderer (vor allem am Arbeitsplatz) diese “Vertraulichkeit“ nicht. Das führt manchmal zu der merkwürdig klingenden Zwischenform der Sie-Anrede, gekoppelt mit dem Vornamen. Was müssen Arbeitnehmer am Arbeitsplatz akzeptieren?
Die Anrede gehört zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht von Mitarbeitern. Demnach kann jeder Angestellte selbst bestimmen, ob er gesiezt oder geduzt werden möchte. Möchte ein Arbeitgeber in seinem Unternehmen vom Sie zum Du wechseln, muss er sein Interesse gegen das seiner Beschäftigten abwägen. Entscheidet er sich beispielsweise aus Gründen der Unternehmenskultur für das Du, ein einziger Mitarbeiter möchte aber weiterhin gesiezt werden, wird sich der Mitarbeiter der Mehrheit fügen müssen – erst recht, wenn er das Du eine Zeitlang tolerierte, wie ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm zeigt (Az.: 14 Sa 1145/98).
Ein Abteilungsleiter im Bereich der Herrenoberbekleidung arbeitete in einem Unternehmen, in dem sich die Mitarbeiter untereinander stets siezten. Als ein schwedisches Bekleidungsunternehmen das Geschäft übernahm, zog nicht nur eine andere Optik ein, sondern auch ein neuer Umgangston – dieser ging vom förmlichen Sie in ein lockeres Du über. Grund: Der Bekleidungsriese hatte nicht nur eine jüngere Kundschaft, auch das Arbeitsklima sollte lockerer als in einem klassischen Bekleidungsgeschäft sein. Der 45-jährige Mitarbeiter ertrug das, allerdings „nur“ 22 Monate. Dann wollte er wieder gesiezt werden. Seiner Meinung nach verletzte das Du sein Persönlichkeitsrecht. Ob man sich in einem Unternehmen duzt oder siezt, ist aber auch immer eine Frage des Unternehmensstils sowie der Branche – so auch bei dem schwedischen Bekleidungsunternehmen.
Der Mitarbeiter zog vor Gericht – und verlor. Die Richter erkannten zwar das Selbstbestimmungsrecht des Mitarbeiters an. Sie wiesen die Klage gegen den Arbeitgeber jedoch ab, denn er hatte der Anredeänderung 22 Monate lang nicht widersprochen.
Wichtig: Enthält der Arbeitsvertrag keinen Hinweis auf Umgangsformen, können Mitarbeiter nicht vom Arbeitgeber verlangen, weiterhin gesiezt zu werden. Auch dann nicht, wenn im Unternehmen jahrelang das „Sie“ angewendet wurde.
Müssen Mitarbeiter im Urlaub erreichbar sein?
Ist der Arbeitstag vorbei, liegt bei vielen Mitarbeitern dennoch das Mobiltelefon immer griffbereit auf dem Tisch. Denn ob Anruf, SMS oder E-Mail, die Kontaktaufnahme außerhalb der Arbeitszeit gehört für viele Mitarbeiter mittlerweile dazu. Diese ständige Erreichbarkeit macht uns jedoch krank, wie diverse Untersuchungen der vergangenen Jahre zeigen. Richtig stressig wird es für Arbeitnehmer, wenn sie auch während ihres Urlaubs kontaktiert werden. Doch müssen Mitarbeiter überhaupt im Urlaub erreichbar sein?
Nein. Urlaub dient der Erholung – das Bundesurlaubsgesetz verlangt es sogar. Dementsprechend widerspricht ein ständiges Reagieren auf berufliche Anfragen dem Urlaubszweck. Daher dürfen Mitarbeiter im Urlaub ihr Smartphone ausschalten bzw. Anrufe, E-Mails und Kurznachrichten ignorieren – ohne arbeitsrechtliche Sanktionen befürchten zu müssen.
Nach § 1 des Bundesurlaubsgesetzes schulden Arbeitgeber ihren Mitarbeitern Erholungsurlaub. Und dazu zählt, dass Arbeitnehmer ihren Urlaub selbstbestimmt und uneingeschränkt verbringen können. Das ist natürlich nicht gewährleistet, wenn Arbeitgeber ihre Mitarbeiter trotz Urlaub ständig kontaktieren – und die nicht abschalten können.
Wichtig: Auch in ihrer Freizeit müssen Mitarbeiter nicht an ihr Diensthandy gehen. Denn Arbeitszeit ist Arbeitszeit und Freizeit ist Freizeit.