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Rezensionen Lesenswert: Von Rabenmüttern, Weiterbildungslügen und Orakeln

Vorgestellt: "Aufstand der Rabenmütter“ ein Buch von Jutta Hoffritz, "Die Weiterbildungslüge" von Richard Gris und "E-Business-Scanner" von Prof. Dr. Tobias Kollmann

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Mütter im Übereifer

Buchtitel: Aufstand der Rabenmütter

Wirtschaftlicher Erfolg basiert auf der Balance von Angebot und Nachfrage. Wenn es jedoch den Anbietern gelingt, ihre Offerten auf ein moralisch hohes Niveau zu hieven und den potenziellen Nachfragern bei Verzicht auf die Offerte ein schlechtes Gewissen einzubimsen, dann klingelt bei ihnen nahezu automatisch die Kasse. So geschehen im Falle der Propagandisten von Baby-Yoga, „Early-English“, Malen für Zweijährige, Mathe für Vierjährige und Kochkursen für Kleinkind-Mütter.

Junge Eltern stürzen sich aktuell auf solche Angebote, als landeten ihre Lieblinge andernfalls später in der Gosse. Selbst sonst intelligente Mütter und Väter grübeln, ob sich kostbare Lernfenster womöglich ungenutzt verschließen, falls ihr Dreijähriger nachmittags nur mit anderen Knirpsen im Nachbargarten balgt – statt von Mama quer zu pädagogisch wertvollen Trainingseinheiten kutschiert zu werden. Würden diese Eltern auf ihre gesunden Instinkte statt auf gewerbsmäßige Einflüsterer vertrauen, hätten sie und vor allem ihre Kinder deutlich weniger Stress, ist die Buchautorin Jutta Hoffritz überzeugt.

Die persönliche Anspruchsfalle

In ihrem Buch „Aufstand der Rabenmütter“ beschreibt sie klug, lebensnah und augenzwinkernd, wie vor allem Frauen in die persönliche Anspruchsfalle laufen, wenn sie es allen recht und ihrem Kind optimal machen wollen. Aus ihrer Sicht sind berufstätige Mütter leichte Beute für unterbeschäftigte Musiker, Englisch-Lehrerinnen oder Ballettschulen-Besitzerinnen. Man müsse nur an das latent schlechte Gewissen der Super-Mamis appellieren. Falls es sich nicht sowieso schon meldet, sobald die Super-Mamis aus der Nachbarschaft auf dem Spielplatz zur Mutterolympiade aufrufen: „Lara-Sophie kann jetzt schon dies und das...“ Hoffritz, selbst Mutter und Autorin der „Zeit“, hält dagegen.

Faktenreich seziert sie die Mär von der einzig wahren Vollzeit-Mami, die sich schon historisch nicht halten lässt – auch wenn es viele gerne anders sähen. Sie belegt statistisch und reich an interessanten Studien, warum Mädchen und Jungen, die entspannt in Krippen oder Kindergärten gefördert werden, beim Thema Bildung später oft besser abschneiden als der übereifrig optimierte Nachwuchs der Familienmanagerinnen.

Im Gegenzug erklärt und belegt die Autorin freilich auch, welche frühkindliche Förderung die kleinen Probanden überhaupt erreicht und welche reine Geld- und Nervenverschwendung ist. Ihr Buch ist ein entspannendes Plädoyer zum Wohl der Mütter und Kinder.

Und für manchen Anbieter eher ärgerlich. So dürfte die neuste Blüte auf der Frühförder-Wiese, das Düsseldorfer „Baby-Festival“, das laut Werbung Babys „elementare Formen der Bewegung für ihre spezifischen Wahrnehmungsmöglichkeiten“ bieten will, kaum Hoffritz’ Kriterien standhalten.

Jutta Hoffritz: „Aufstand der Rabenmütter“, Knaur Verlag, 200 Seiten, 8,95 Euro

Text: Anke Henrich

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