Aber nicht nur die Risikobereitschaft ändert sich, sondern auch das Bewusstsein dafür: Die Studenten hielten ihr Risikoverhalten nämlich für unverändert. Sie konnten nicht erkennen, dass sie aufgrund des Schlafmangels bereit waren, viel Geld zu riskieren. „Wir bemerken selbst also nicht, dass wir unter Schlafmangel riskanter handeln“, betont Baumann.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass besonders Menschen, die große Verantwortung tragen, etwa Manager oder Führungspersonen in Politik und Wirtschaft, darauf achten sollten, dass sie genügend schlafen. Natürlich gibt es auch Menschen, die mit sehr wenig Schlaf gut auskommen - aber dazu gehören wohl die wenigsten. "Frau Merkel hat ja nicht gerade den Ruf, besonders risikofreudig zu sein. Wahrscheinlich gehört sie zu den Glücklichen, die auch mit wenig Schlaf immer noch besonnen handeln können", sagt Baumann. Anders ist das bei US-Präsident Donald Trump, der auch angibt, nicht mehr als vier Stunden täglich zu schlafen.
Doch irgendwann macht zu wenig Schlaf nicht nur risikobereiter, sondern auch krank: Zu wenig Schlaf bringt den Körper dazu, im Ruhezustand weniger Kalorien als gewöhnlich zu verbrennen, das Risiko für Übergewicht steigt. Chronisch Unausgeschlafene haben außerdem eine höhere Wahrscheinlichkeit, an Diabetes zu erkranken. Der Körper stellt bei ungenügendem Schlaf weniger eigenes Insulin her, so dass sich der Zuckerspiegel im Blut ungesund erhöht.
Zusätzlich steigt das Risiko, an einem Herz-Kreislauf-Leiden zu erkranken. Forscher am amerikanischen Center for Disease Control and Prevention (CDC oder Zentrun für Krankheitskontrolle und Prävention) haben außerdem herausgefunden, dass ein Mensch, der durchschnittlich weniger als sechs Stunden pro Nacht schläft, eine 13 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit hat vorzeitig zu sterben, als jemand, der sechs bis neun Stunden schläft.
Falsche Volksweisheiten rund um den Schlaf
Falsch. Menschen haben unterschiedliche Schlafbedürfnisse. Als optimal gelten im Schnitt sieben Stunden. Aber letztlich muss jeder sein Optimum finden. Bestes Indiz: Wer sich tagsüber fit fühlt, hat nachts genug geschlafen.
Falsch. Die Qualität des Schlafs hat damit nichts zu tun. Unserem Körper ist es egal, wann wir einschlafen. Viel wichtiger ist, genügend Stunden tief und fest zu schlummern. Doch klar ist: Je später wir ins Bett gehen, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dieses Pensum zu erreichen.
Falsch. Kurzfristig geht das vielleicht, langfristig sind unregelmäßige Schlafzeiten eher schädlich. Unser Körper liebt Beständigkeit, sie ist essenziell für guten Schlaf. Arbeiten Sie lieber an Ihren Gewohnheiten unter der Woche, anstatt am Wochenende Schlaf nachzuholen. Oder fühlen Sie sich fit, wenn Sie zwölf Stunden durchgeschlafen haben?
Falsch. 45 Prozent der Deutschen gehen zwar davon aus, der Mond habe Einfluss auf ihren Schlaf. Ein Zusammenhang zwischen Mondphase und Schlafdauer ließ sich bisher aber nicht nachweisen. Erklären lässt sich dieser Volksglaube eher mit dem Phänomen selektiver Wahrnehmung: Wer nachts wach liegt und am Himmel den Vollmond entdeckt, prägt sich solche Momente stärker ein.
Experten empfehlen deshalb jungen Menschen etwa neun Stunden Schlaf täglich, ältere kommen auch mit sieben bis acht aus. Entsprechend ist Baumann überzeugt, dass sich auch Manager und Führungspersonen genug Zeit zum schlafen nehmen sollten. Nicht nur für ihr Unternehmen, sondern auch für die eigene Lebensqualität und -dauer. „Erfreulich ist, dass in der leistungsorientierten Managerwelt genügend Schlaf zunehmend als erstrebenswert gilt“.