Selbstvermarktung Die Erfolgsgeschichte eines Bestsellerautors

Tim Ferriss ist nicht nur Autor eines Weltbestsellers, sondern auch Millioneninvestor und Vermarktungsgenie - vor allem via Internet. Was Manager und Unternehmer von dem Multitalent lernen können.

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Tim Ferriss

Er kann ihnen jetzt nicht mehr entkommen, natürlich nicht. Sie haben ihn ja zu dem gemacht, was er ist. Tim Ferriss, 32, Bestsellerautor, Investor, Vortragsreisender. Unter anderem.

Paris, Mitte Dezember 2009, die Internet-Konferenz „Le Web“. Erst vor Kurzem ist Ferriss aus New York gelandet, geschlafen hat er in den vergangenen 24 Stunden kaum, bald muss er vor mehr als 2000 Menschen einen Vortrag halten. Er hat das Gebäude durch den Hintereingang betreten und will jetzt nur seine Ruhe haben. Keine Chance. Überall warten Fans.

Berühmt wurde Tim Ferriss durch ein Buch: „Die 4-Stunden-Woche – mehr Zeit, mehr Geld, mehr Leben“. In den USA kam es im Jahr 2007 auf den Markt, vor einigen Wochen ist dort eine neue Version erschienen. Die deutsche Erstfassung ist 341 Seiten dick, doch der Inhalt passt auf einige Zeilen: Verschwende keine Zeit mit unnützem Kram, konzentriere dich auf Dinge, die dir Spaß machen, und lass dich von der Arbeit nicht verrückt -machen.

Ein nicht unbedingt revolutionäres Gedankengut, der Schreibstil passt zu einem mittelmäßig begabten Oberstufenschüler. Dennoch wurde das Buch zu einem Erfolg. Weltweit.

Auch die Neuauflage ist in den Bestsellerlisten

In den USA fand es über eine halbe Million Käufer, auch die Neuauflage ist schon wieder in den Bestsellerlisten, es wurde in 35 Sprachen übersetzt. In Deutschland steht es seit der Veröffentlichung im März 2008 in den Top Ten der meistverkauften Wirtschaftsbücher.

Auch deshalb erkennen ihn in Paris viele sofort und stürmen auf ihn zu. Ferriss wimmelt sie ab, sichtbar um Freundlichkeit bemüht, eine Hostess schiebt ihn durch die Menge. Die Ärmel hat er bis zu den Ellenbogen hochgekrempelt, Muskelberge ragen hervor. „Diese Ringerstatur werde ich nie wieder los“, wird er später sagen. Doch jetzt ist da nur Hektik, und man muss ihn erst mal anhalten.

Es fällt das verabredete Stichwort: „Amy“. So heißt seine Assistentin. Wer ihn treffen will, muss ihr eine E-Mail schreiben. Besser schon Monate vorher, am besten mehrmals. Für ein Telefonat hatte Ferriss keine Zeit.

Auf den Namen reagiert er jedoch nur mit einem Lächeln. Und während er weitergeht, sagt er nur: „Das hat der Typ vor dir auch schon gesagt.“ 

Ein Versuch noch. Stichwort „Ed“. Ed Zschau ist sein früherer Professor, väterlicher Freund und Mentor, zu dem er heute noch engen Kontakt hält. Ferriss stoppt sofort, das Lächeln ist plötzlich verschwunden. „Welcher Ed?“, fragt er ernst. „Ed Zschau.“ Ein Moment Stille. „Okay, komm mit.“

Wach durch Tee

Schätzungen zufolge müsste Ferriss mit dem Buch rund fünf Millionen Dollar verdient haben – eine Summe, die für Sachbuchautoren normalerweise völlig utopisch ist. Aber es behauptet niemand, dass Tim Ferriss normal ist – er selbst schon gar nicht.

Warum dieser Megaerfolg? Wie hat der Sohn eines Immobilienmaklers und einer Verwaltungsangestellten es geschafft, vom US-Wirtschaftsmagazin „Fast Company“ zu einem der innovativsten Geschäftsmänner gewählt zu werden? Und von den Lesern des Magazins „Wired“ im Jahr 2008 sogar zum größten Selbstpromoter aller Zeiten? Was kann man von ihm lernen?

Bevor Ferriss darauf eingehen kann, braucht er jetzt erst mal etwas zu trinken. Im Internet lässt er kaum eine Gelegenheit verstreichen, seine Lieblingsteesorte namens Yerba Mate anzupreisen, die besonders wach machen soll. Kaffee trinke er so gut wie nie. Zu ungesund.

Er geht zur Bar und kommt mit einem doppelten Espresso wieder.

Tee? Nein, nicht jetzt. „An so einem Tag brauche ich etwas Stärkeres.“ Das Leben als 4-Stunden-Mann ist offenbar ziemlich anstrengend – und in der Realität oft anders als in seinen Empfehlungen. Man kommt an starkem Kaffee eben doch nicht vorbei und hat weniger Zeit, als man sagt. Aber der Reihe nach.

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