Streit im Büro So kitten Sie den Zoff mit Kollegen

Ein falsches Wort, im Ton vergriffen: Diskussionen in der Firma können schnell zum Streit ausarten. Wie Sie Konflikte vermeiden und mit Kollegen nach einem Streit am besten umgehen.

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Statt nachtreten lieber entschärfen: Konflikte im Büro können Arbeitnehmer Kopf und Kragen kosten. Quelle: Fotolia

Ein Streit mit Kollegen oder dem Chef kann Beschäftigten schnell Kopf und Kragen kosten. Auseinandersetzungen am Arbeitsplatz werden dann besonders brisant. Das gilt heutzutage umso mehr, sagt Wirtschaftspsychologe Tobias Nitzschke: „Früher wussten die Menschen: Die Firma braucht mich, ich bleibe hier mindestens zehn bis fünfzehn Jahr.“ Heute sind die Zeiten unsicherer und die Menschen somit auch verschlossener. „Wir verhalten und äußern uns beim Arbeiten nicht frei, damit die Kollegen und Führungskräfte kein falsches Bild von uns bekommen.“ So staut sich einiges auf. Hinzu kommt die Gefahr, nach einer Eskalation seinen Job zu verlieren. Daher ist um so wichtiger, bei einem Streit angemessen zu reagieren.

Kritik steckt niemand gerne ein. Das sollte jeder bedenken, der etwas an anderen auszusetzen hat und behutsam vorgehen. So finden Sie die richtige Worte, den richtigen Zeitpunkt und den richtigen Ort.
von Marcel Berndt

Die Lösung: Am besten im Voraus verhindern, dass die Diskussion in einen Streit ausartet, sagt Kommunikationsberater Werner Schienle: „Konfliktvorbeugung macht Zweidrittel bis Dreiviertel des Konfliktmanagements aus“, sagt der Geschäftsführer der Stuttgarter Agentur Creative Communications Consult.  Dabei gilt: Je besser die Beziehungen der Kollegen untereinander sind, desto seltener kommt es zum Streit. Die permanente Arbeit an einer Beziehung verglich der 2012 verstorbene Bestseller-Autor von Ratgeber-Büchern, Stephen Covey, mit Ein- und Auszahlungen auf ein Konto. Eine Einzahlung auf das Beziehungskonto stärkt eine Beziehung, eine Abhebung belastet sie. Seine Empfehlung: Durch alltägliche Aufmerksamkeiten sollte man immer für ein Guthaben auf dem Konto sorgen.

Tipps für mehr Gelassenheit im Beruf
Eine Feder eines Füllfederhalters Quelle: Fotolia
Mann am Schreibtisch Quelle: dpa-tmn
Lächelnde Frau Quelle: Fotolia
Eine depressive Frau an ihrem Arbeitsplatz Quelle: dpa
Junge Frau mit einem nicht echten Loch im Kopf Quelle: Fotolia
Hände Quelle: Fotolia
Strenge frau Quelle: Fotolia

„Wenn man eine Abhebung machen muss, ist es immer gut, ein Guthaben auf dem Konto zu haben und zu signalisieren, dass man an einer guten Beziehung interessiert ist“, sagt Werner Schienle. Das gilt auch für den Umgang mit den typischen Büro-Ekeln. Mit ihnen sind Streitereien schließlich am wahrscheinlichsten. Wenn es früher oder später doch zu einer Auseinandersetzung kommen sollte, empfiehlt Wirtschaftspsychologe Tobias Nitzschke die sogenannte „gewaltfreie Kommunikation."  Dabei gilt es vor allem, sachlich zu bleiben: „Anstatt ,Du bist schlecht‘ sollte man lieber sagen ,Ich möchte‘ oder ,Ich wünsche mir‘“.

Trotz all der Vorarbeit auf der Beziehungsebene und der Mühe um eine gewaltfreie Kommunikation, ein Wort kann schnell das andere ergeben. Diese Eigendynamik erklärt Psychologe Nitzschke mit dem menschlichen Gehirn. „Menschen, die im Konflikt stehen, verhaften im Gehirn im limbischen System, unserem Emotionszentrum. Nur noch wenige Signale gehen dann an den Neocortex, der für unser rationales Denken verantwortlich ist.“

Einen Gang runter schalten

Um einen klaren Kopf zu behalten, hilft es schon, einfach nur die Geschwindigkeit aus dem Gespräch zu nehmen. Das schaffen Streithähne, indem sie sich sammeln, sagt Kommunikationsberater Werner Schienle. Dies geht über Sätze wie: „Ich bin gerade rausgekommen und suche den roten Faden. Was war noch mal der Kern unseres Problems?“ Oder: „Habe ich richtig verstanden, dass du folgende Punkte an dem Projekt kritisierst.“ Gerade letzterer Satz sorgt nicht nur für eine Pause, sondern signalisiert dem Gegenüber, dass seine Botschaft angekommen ist. Sich verstanden zu fühlen, entschärft die Lage nochmals.  

Zehn überraschende Verhandlungstipps
Essen teilenEin Grillteller für Zwei? Eine Tapas-Auswahl für alle? Eine große Sushi-Platte? Für eine Verhandlung ist das die richtige Wahl! Wer im Restaurant zu einer geschäftlichen Einigung kommen will, sollte zu Gerichten greifen, die die Gesprächspartner teilen müssen. Eine Studie der Stanford-Universität zeigt: Die anschließende Verhandlung führt dann zu einem besseren Ergebnis als bei einzelnen Speisen. Quelle: AP
Stimme beherrschenDas Auf und Ab von Verhandlungen sollte sich nicht auf den Tonfall übertragen: Mal zittrig zu sein, mal plötzlich hoch und dann tief zu sprechen, mal Pausen einzulegen oder zu stottern – all das ist kein Prädikat für Selbstsicherheit. Alex Pentland berichtet in ihrem Buch „Honest signals: How they shape our world“, dass Menschen in Gehaltsverhandlungen mit einer schlüssigen Betonung stets bessere Ergebnisse erzielen. Das gilt für den Chef ebenso wie für den Angestellten. Außerdem wurden Manager bei der Präsentation von Businessplänen als überzeugender wahrgenommen, wenn ihre Betonung und ihr Gesprächsrhythmus beständig und schlüssig ist. Quelle: Fotolia
Gegenüber berührenSich die Hand zu geben, schafft eine angenehme Atmosphäre und signalisiert Kooperation. Wissenschaftler der Harvard Business School fanden heraus, dass Verhandlungspartner, die sich die Hand gaben, mit offeneren Karten spielten und bessere Verhandlungsergebnisse erzielten. In seinem Buch „59 seconds” berichtet der Psychologe Richard Wiseman außerdem, dass Menschen eher Trinkgeld geben, eine Petition unterschreiben oder an einem Geschmackstest im Supermarkt teilnehmen, wenn sie zuvor am Arm berührt werden - aber bitte dezent! Quelle: Fotolia
Wohl fühlenDer Ort einer Verhandlung ist entscheidend - wortwörtlich. Eine US-Studie stellte beispielsweise fest, dass Gastgeber einer Verhandlung oft bessere Ergebnisse erzielen als die Gäste. Für den Erfolg reicht es allerdings auch schon aus, sich lediglich wie zu Hause zu fühlen. Dies zeigt eine andere Studie, in der Probanden vor einer Verhandlung ein fremdes Büro nach ihrem Geschmack einrichten sollten. Dadurch fühlten sie sich nicht nur heimischer - sondern führten später auch erfolgreichere Verhandlungen. Quelle: Fotolia
Sympathie einbildenWer sein Gegenüber mag, ist ihm wohl gesonnen - und kommt ihm eher entgegen. Die sogenannte „Acceptance Prophecy“ besagt: Es reicht schon, sich einzubilden, dass wir dem Gesprächspartner sympathisch sind. Denn dadurch verhält man sich selbst freundlicher und herzlicher – und wird in der Konsequenz tatsächlich gemocht. Dies stellten unter anderem kanadische Forscher fest, die 28 Männer jeweils zu einem Date mit einer attraktiven Frau schickten. Der einen Hälfte erzählten sie, die Frau sei nervös und hoffe, einen guten Eindruck zu machen. Die andere Hälfte erfuhr nur grundsätzliche Informationen. Die erste Gruppe glaubte, das Risiko abgelehnt zu werden, sei geringer - und verhielt sich entsprechend herzlicher. Mehr noch: Neutrale Beobachter mochten jene Männer lieber.
Körperhaltung beachtenWer in einer Verhandlung seine Beine übereinander schlägt, hat schon verloren. Die Autoren des Buches „How to read a person like a book” berichten, dass unter 2.000 untersuchten Verhandlungen keine einzige zu einem Abschluss führte, wenn auch nur einer der Gesprächspartner mit überkreuzten Beinen da saß. Quelle: Fotolia
Gemeinsamkeiten findenMenschen sind eher bereit, jemandem zu vertrauen und entgegenzukommen, wenn sie Gemeinsamkeiten mit ihm haben – oder zu haben glauben. Wissenschaftler der Santa Clara Universität fanden in mehreren Experimenten heraus, dass ihre Probanden hilfsbereiter waren, wenn sie glaubten, mit dem Menschen Geburtstag, Vornamen oder Ähnlichkeiten beim Fingerabdruck zu teilen. Quelle: Fotolia

Für das gegenseitige Verständnis hilft im Eifer des Gefechts außerdem, sich vor Augen zu führen, wie Botschaften ankommen und eigentlich gemeint sind. „Wenn jemand persönlich wird, nimmt das der Gegenüber immer intensiver auf, als es eigentlich gemeint war“, sagt Schienle. „Das müssen beide Seiten stets berücksichtigen.“ Das führt dazu, dass man sich selbst eher zurückhält und sich Angriffe auch weniger zu Herzen nimmt.

Wenn der Streit allerdings schon brodelt und die Streithähne in Schreierei übergangen sind, hilft nur noch eine Unterbrechung der Diskussion: „Dann sagen Sie am besten: Komm, wir gehen auseinander, wir können gerade eh nicht mehr sachlich miteinander reden“, sagt Tobias Nitzschke.

Da die Kollegen aber auch zukünftig weiter zusammen arbeiten müssen, kommen beide um ein zweites Gespräch nicht herum. Damit es dabei nicht wieder zum Streit kommt, sollte man sich davor sein Ziel festlegen: Will ich mich vertragen? Will ich den eigenen Fehler eingestehen? Oder glaube ich weiterhin, dass ich Recht habe? Nitzschke empfiehlt, mit der sogenannten WWW-Formel vorzugehen. Hinter der Abkürzung verbergen sich die Wörter Wahrnehmung, Wirkung, Wunsch. Das heißt im Klartext: Immer das Gespräch mit seinem Kontrahenten suchen, ihm erläutern, wie man das Gespräch wahrgenommen hat, wie es auf einen selbst gewirkt hat und den Wunsch äußern, dass man in Zukunft wieder miteinander auskommen möchte, damit einer guten Zusammenarbeit nichts mehr im Wege steht.

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