Bei kleinen Unternehmen mag das funktionieren, aber in Konzernen wird man da schnell an Grenzen stoßen...
Bei Google werden Führungskräfte schon heute explizit danach beurteilt, wie wenig sie sich durch Mikromanagement in die Aufgaben ihrer Mitarbeiter einmischen und wie gut sie diese – in Umkehrung klassischer Führungsmodelle – in ihrer persönlichen Entwicklung fördern.
Was bei Google klappt, muss bei deutschen Unternehmen nicht automatisch funktionieren...
Selbst bei Unternehmen, die über eine Shareholdervalue-Logik gesteuert werden, sind solche Freiräume möglich. Und die Dinosaurier haben keine Wahl. Schauen Sie doch mal, wie E.On oder RWE schlingern. Wie stark die deutschen Automobilhersteller in der Defensive sind durch Googles selbstfahrendes Auto, Toyotas Hybridmodell und das Elektroauto von Tesla. Unternehmen müssen die Fähigkeit zur Beidhändigkeit sicherstellen – also einerseits so lange wie möglich die Chancen ihres traditionellen Geschäftsmodells nutzen, aber gleichzeitig Zukunftsmodelle testen und sich an der Schnittstelle beider Bereiche intelligent kannibalisieren. Das geht nicht ohne eine veränderte Arbeitskultur.
Wie kann das funktionieren?
Indem sie etwa exterritoriale Räume schaffen, in denen Innovations- und Kreativarbeiter nach anderen Logiken arbeiten können – vom Betreiben von Co-Working-Spaces über die Kooperation mit Open-Innovation-Plattformen bis hin zum Ausgliedern großer Innovationsprojekte. BMW etwa hat für die Entwicklung des i3 eine Enklave der Innovation geschaffen, eigene Werksausweise für die beteiligten Entwickler inklusive.
Klingt eher nach einer Art Innovationskerker als nach freiem Arbeiten in einem demokratischen Unternehmen...
Kein Gefängnis, sondern der Ausbruch aus alten Strukturen. Wie Forschungen des Massachusetts Institute of Technology belegen, entsteht Innovation heute nicht in erster Linie durch singuläre technologische Geistesblitze, sondern durch die Art des Zusammenarbeitens und der Arbeitsorganisation. Unternehmen müssen kreative Ökologien schaffen, innerhalb und außerhalb ihrer Unternehmensgrenzen.
Eine Art deutsches Silicon Valley?
Oder wie das Silicon Wadi zwischen Haifa und Tel Aviv. Also Cluster, Regionen, die technologische Spitzenleistung durch ein kreatives Umfeld befördern.
Was meinen Sie damit?
Eine kulturell attraktive Umgebung, in der technologische Innovation auf dem Nährboden sozialer Innovation gedeiht. Dem Zusammenspiel von Gründerszenen, etablierten Unternehmen, fortschrittlichen Hochschulen, Wagniskapital und Business Angels, bis hin zu einem reichhaltigen Kulturleben und einem geistigen Klima der Toleranz. Denn gute Leute kommen und bleiben auf Dauer nur, wenn die Arbeits- und Lebensqualität stimmt.