Anführer oder Verwalter So finden Firmen den richtigen Chef

Steve Jobs, Gründer und langjähriger Chef des Technologiekonzerns Apple, gilt vielen als Visionär. Doch solch ein Talent braucht es gar nicht immer an der Spitze eines Unternehmens. Quelle: imago images

Es muss ja nicht gleich Steve Jobs sein. Chefs, die mehr Anführer als Verwalter sind, machen ihre Firma meist erfolgreicher. Manchmal aber sind Visionäre sogar fehl am Platz.

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CEOs, die den Weg weisen anstatt nur tägliche Abläufe zu organisieren, können den wirtschaftlichen Erfolg ihres Unternehmens messbar steigern. Und zwar um 2800 Euro pro Mitarbeiter. Jedes Jahr. Auf diese Zahl kommt eine Studie, für die Wissenschaftler aus Oxford und Harvard 1114 Firmenchefs in sechs Ländern befragt haben. Aber nicht immer sind charismatische Anführer vom Schlag eines Steve Jobs die bessere Wahl für das Unternehmen.

Das Team um die Wirtschaftswissenschaftlerin Oriana Bandiera von der London School of Economics hat seine Studie „CEO Behavior and Firm Performance“ in der April-Ausgabe der Fachzeitschrift „Journal of Political Economy“ der Universität Chicago veröffentlicht.

Bandiera, Andrea Prat (Columbia University), Stephen Hansen (University of Oxford) und Raffaella Sadun (Harvard University) haben für ihre Studie sechs der zehn größten Wirtschaftsnationen der Welt ausgewählt: Brasilien, Deutschland, Frankreich, Indien, die USA und das Vereinigte Königreich. Sie achteten dabei auf ein Gleichgewicht aus Ländern mit hohem und Ländern mit mittlerem bis niedrigem Einkommensniveau. 6527 Firmen wurden per Zufallsprinzip aus der weltweiten Unternehmensdatenbank Orbis herausgepickt. 1114 CEOs erklärten sich zur Teilnahme bereit. Die meisten stammten aus Indien (356), die wenigsten aus Großbritannien (87). In Deutschland beteiligten sich 125 Führungskräfte.

Das machen CEO wirklich

Jeder Teilnehmer wurde eine Woche lang detailliert nach seinem Tagesablauf befragt. Dazu gaben die CEOs oder ihre persönlichen Assistenten täglich telefonisch Auskunft darüber, was geplant war und was tatsächlich erledigt wurde. Nur Aufgaben mit einer Länge von mindestens 15 Minuten wurden für die Studie erfasst. Am Ende konnten die Wissenschaftler 42.233 einzelne Aktivitäten auswerten. 70 Prozent der Zeit entfielen demnach auf Interaktionen mit Angestellten oder externen Experten, etwa in Form von Meetings, Fabrikbesuchen, Telefonaten oder E-Mails. Der Rest wurde der Vorbereitung dieser Aktivitäten, zum Beispiel der Anreise oder der Planung einer Konferenz, gewidmet.

Diese große Datenmenge war aber zu komplex, um von der Art der Tätigkeiten auf einen bestimmten Cheftypus zu schließen. Diese Aufgabe übernahm ein Computerprogramm. Der Algorithmus analysierte laut den Forschern für jeden Teilnehmer den Grad der sozialen Interaktion und bildete diesen in einem Verhaltensindex ab.

Macher oder Verwalter

Das Ergebnis waren zwei grundsätzliche Arten von CEOs. Da sind zum einen die Anführer („Leader“): . Sie brachten bei Meetings Führungskräfte aus verschiedenen Bereichen zusammen, trafen sich häufiger mit externen Kontaktpersonen und nutzten intensiv Kommunikationskanäle. Kurzum: Sie haben das große Ganze im Blick. Dem gegenüber stehen die Verwalter („Manager“). Sie sprachen meist mit Lieferanten oder Mitarbeitern aus der Produktion, besuchten zudem häufiger Fabriken – kümmern sich also vor allem ums Tagesgeschäft, im besten Fall aber auch um dessen Optimierung.

Die Forscher betonten, dass CEOs stets eine Mischung aus diesen beiden Grundtypen darstellen. Welche Neigung überwiege, könne aber handfeste Folgen für den Erfolg einer Firma haben. So stellten sie fest, dass Firmen unter einem CEO mit starker Leader-Tendenz produktiver und profitabler waren. Dieser Zusammenhang besteht übrigens unabhängig von Firmengröße, Land und Branche.

Die finanzielle Auswirkung des Führungsstils war beträchtlich. Die Forscher verglichen hierfür die Geschäftszahlen von Firmen mit den verschiedenen Führungspersönlichkeiten. Leader-Chefs verhalfen ihrer Firma demnach zu einem sieben Prozent höheren Umsatz. Das Plus beim jährlichen Gewinn summierte sich laut der Studie auf rund 3100 US-Dollar (2800 Euro) pro Mitarbeiter.

Hier aber stellte sich für die Forscher eine grundsätzliche Frage: Ist eine Firma erfolgreich, weil sie einen Leader an der Spitze hat? Oder schmücken sich ohnehin schon erfolgreiche Konzerne lieber mit starken Führungspersönlichkeiten anstatt vergleichsweise wenig charismatischen Verwaltern? Eine abschließende Antwort geben die Ökonomen darauf nicht. Immerhin aber ergab die Studie, dass Anführer-CEOs häufiger in größeren, multinationalen und börsennotierten Firmen zu finden sind, bei denen Forschung und Entwicklung eine große Rolle spielen. Manager hingegen waren eher in kleineren Firmen und in Branchen zu finden, bei denen es vorrangig um Routineabläufe geht.

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