Arbeitgeber-Ranking Deutschlands beliebteste Arbeitgeber

Die Deutschen mögen Autos. Das zeigt sich auch bei der Wahl des beliebtesten Arbeitgebers. Dennoch: Was dem Wirtschaftswissenschaftler lieb ist, mag der Naturwissenschaftler überhaupt nicht. Eine exklusive Umfrage kommt zu überraschenden Ergebnissen.

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Weiß Bescheid: Die 25-jährige Maschinenbau-Ingenieurin Lutmayr beschäftigt scih bei Audi in Neckarsulum mit der Entstehung von Robotern Quelle: Berthold Steinhilber für WirtschaftsWoche

Wenn das Gespräch auf Autos kommt, kann Eva Lutmayr locker mitreden. Sie weiß nicht nur, wie lange es von der Anlieferung der ersten Einzelteile bis zum fertigen Fahrzeug dauert, und wie viele Arbeitsschritte dafür notwendig sind. Vor allem kann sie genau erklären, welche Rolle Maschinen dabei spielen – denn mit denen hat sie täglich zu tun.

In der Neckarsulmer Niederlassung des Autokonzerns Audi beschäftigt sich die Maschinenbauingenieurin Lutmayr mit der Entstehung von Robotern. Ihre Abteilung koordiniert dabei sämtliche Stufen – von ersten Entwürfen über die Konzeption, Konstruktion und den Aufbau der Anlagen. Wenn alles fertig ist, montieren deren Greifer und Zangen die Klappen und Türen der neuen Modelle. Seit Anfang 2010 arbeitet die 25-Jährige für Audi. Ein Job, um den sie viele ihrer aktuellen und ehemaligen Kommilitonen beneiden.

Bereits zum zehnten Mal präsentiert die WirtschaftsWoche exklusiv die beliebtesten Arbeitgeber Deutschlands. Das Beratungsunternehmen Universum Communications befragte dafür deutsche Studenten, bei welchen Konzernen sie nach ihrem Bachelor-, Master- oder Diplomabschluss am liebsten anheuern würden. Knapp 22 000 Wirtschafts- und Naturwissenschaftler sowie zukünftige Informatiker und Ingenieure gaben von November 2010 bis März 2011 ihr Votum ab.

Das Ranking bringt in diesem Jahr erneut einen großen Sieger hervor: Wie schon im Vorjahr gewinnt Audi in zwei Fachrichtungen – sowohl angehende Ökonomen als auch Ingenieure wollen am liebsten für den Autobauer mit Hauptsitz in Ingolstadt arbeiten.

Eine Nachricht, über die sich Thomas Sigi besonders freuen wird. Bereits im Jahr 1998 arbeitete er schon einmal für Audi, damals noch als Leiter der Personalreferate. Vier Jahre später verließ er das Unternehmen, doch nach Stationen beim Aluminiumverarbeiter Alcan, Volkswagen und ZF Friedrichshafen kehrte er im Oktober 2010 wieder zu seinen beruflichen Wurzeln zurück.

Als Personalvorstand ist Sigi nun dafür zuständig, aktuelle Angestellte zu fordern und zu fördern und neue Mitarbeiter anzulocken. Besonders Letzteres dürfte ihm derzeit keine Schwierigkeiten bereiten. Fasst man alle Fachrichtungen zusammen, landet ebenfalls Audi souverän auf dem ersten Platz . Diese Beliebtheit drückt sich auch in der Anzahl der Bewerbungen aus – etwa 60 000 davon erhielt das Unternehmen allein im vergangenen Jahr.

Wenig überraschend: Drei der populärsten fünf Arbeitgeber kommen aus der Automobilbranche. Der Sektor sei nun mal „das deutsche Aushängeschild schlechthin“, sagt Nelly Riggenbach, Universum-Geschäftsführerin für Deutschland, Österreich und die Schweiz. „Das Made-in-Germany-Label übt auf Studenten eine ungeheure Faszination aus.“

Davon profitiert nicht nur Audi. Bei Wirtschaftswissenschaftlern und Ingenieuren sind insgesamt fünf deutsche Premiummarken unter den zehn Bestplatzierten. Auch Daimler hat Grund zur Freude: Der Konzern aus Stuttgart landet sowohl bei angehenden Ökonomen als auch bei Ingenieuren unter den Top Ten – so gut schnitt der Autobauer bislang noch in keinem Ranking ab.

Scharfer Verstand: Karrar tüftelt für den Sägenhersteller Stihl an den Produkten von morgen Quelle: Arnold Körner für WirtschaftsWoche

In anderen Fächern bleibt in der Spitzengruppe ebenfalls vieles beim Alten. Biologen, Physiker, Chemiker und Studenten angrenzender Fächer schätzen das weltweite Renommee der Max-Planck- und der Fraunhofer-Gesellschaft sowie die zahlreichen Forschungsbereiche des Bayer-Konzerns. Angehende Informatiker wiederum begeistern sich erneut für die IT-Riesen Google, Microsoft oder IBM.

Keine Frage, die Hersteller deutscher Oberklasse-Autos haben es in solchen Umfragen leichter als deren unscheinbare Zulieferer, denn die Endprodukte der ersten Gruppe sieht man jeden Tag auf der Straße. Ebenso natürliche Vorteile genießen bewunderte Internet-Riesen, deren Produkte die Studenten regelmäßig nutzen. Und selbstverständlich hilft es, wenn noch dazu die Geschäfte gut laufen.

Deutsche Post hat sich verbessert

Erst vor wenigen Wochen verkündete beispielsweise der Audi-Konzern eine Rekordprämie für die Mitarbeiter. Aufgrund der guten Geschäftszahlen belohnt das Unternehmen seine 42 500 Beschäftigten in Deutschland mit einer Prämie in Höhe von durchschnittlich 6513 Euro – so viel gönnte Audi der Belegschaft noch nie. Damit wolle der Autobauer deren Engagement und die Leistungsbereitschaft honorieren, sagte Personalvorstand Sigi.

Solche Nachrichten sprechen sich herum. Vor rund 20 Jahren hatte Audi noch ein konservatives Image und war verschrien als Untersatz für rüstige Rentner. Seitdem der Autobauer seine Modelle kräftig modernisiert und die Palette auf 36 Varianten erhöht hat, erfreut er sich auch bei den Studenten großer Beliebtheit.

Die Ergebnisse des Arbeitgeber-Rankings sind ein gutes Indiz dafür, dass es in den Büroräumen und Werkshallen tatsächlich so harmonisch zugeht, wie Audi behauptet. Pro Jahr vergibt der Konzern etwa 1000 Praktikumsplätze und 700 Abschlussarbeiten – und nachdem Praktikanten, Doktoranden oder Werksstudenten das Unternehmen von innen kennengelernt haben, geben sie ihre Erfahrungen unzensiert an Kommilitonen weiter.

Sind solche Ranglisten also für immer in Stein gemeißelt? Mitnichten. Auch wenn sich vorne wenig tut – auf den hinteren Plätzen ist umso mehr Dynamik drin.

So ist beispielsweise die Deutsche Post der größte Gewinner des diesjährigen Arbeitgeber-Rankings. Bei Ökonomen kletterte der Konzern um ganze 19 Plätze nach oben, die Logistiktochter DHL sprang um 22 Plätze nach vorne und steht jetzt auf Rang 41. Bei den Informatikern verbesserte sich DHL um gar 31 Stellen nach oben auf Position 45.

„Junge Mitarbeiter bekommen hier viel Eigenverantwortung, wenn sie sich beweisen“, sagt etwa Lutz Plümpe. Der 29-Jährige ist seit Oktober 2009 bei der Deutschen Post in Bonn. Schon während seines Traineeprogramms konnte der Wirtschaftsinformatiker ein Projekt selbstständig betreuen.

Sichere Zukunft: Wirtschaftsinformatiker Lutz Plümpe konnte schon während des Traineeprogramms bei der Deutschen Post eigene Projekte betreuen Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche

Inzwischen arbeitet er im Bereich des E-Postbriefs, betreut Unternehmen und unterstützt sie bei der Einführung des elektronischen Briefs – ebenfalls „sehr selbstständig“.

Obendrein könnte er sich vorstellen, in näherer Zukunft eines der internen Förderprogramme für Führungskräfte in spe zu durchlaufen. Seine Chefin, die nur ein paar Jahre älter ist als er, dient ihm dabei als Vorbild: Auch sie wurde aus einem solch internen Talentpool befördert.

Twitter und Facebook zum Recruiting

Grafik: Auswertungen des Arbeitgeber-Rankings

Genau diese Zukunftsperspektiven sind es, die Konzerne für die Fach- und Führungskräfte von morgen so beliebt machen – und die aktuell einen wichtigen Teil des „Employer Brandings“ beinhalten, wie Fachleute den Aufbau einer Arbeitgebermarke heute nennen. Diese Imagebildung nimmt immer größeren Stellenwert ein. Besonders in Zeiten des Fachkräftemangels.

Erst vor wenigen Monaten ergab eine Umfrage der Managementberatung Kienbaum, dass Arbeitgeber vermehrt um hoch qualifizierte Nachwuchstalente konkurrieren. Zwei von drei Unternehmen könnten demnach schon heute jede vierte Stelle nicht mehr mit ihrem Wunschkandidaten besetzen, so das Ergebnis der Befragung von 530 deutschen Unternehmen.

Um im „War for Talent“ die Nase vorn zu haben, gewähren die Arbeitgeber dem Top-Nachwuchs inzwischen viele Vorzüge: 71 Prozent bieten interne Weiterbildungen an, 68 Prozent wollen mit individuellen Fachtrainings begeistern.

Der Fachkräftemangel hat aber noch eine andere Konsequenz: Gut ausgebildete Absolventen können sich die Stelle heute aussuchen – und die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich für einen besonders beliebten Arbeitgeber entscheiden, ist äußerst hoch. Umso wichtiger ist es für Unternehmen, solche Ranglisten ernst zu nehmen. Mehr noch: Ein positives Ansehen ist bares Geld wert. Wer einen schlechten Leumund hat, kann dieses Manko gegenüber Konkurrenten häufig nur durch ein höheres Gehalt ausgleichen.

Davon betroffen sind in diesem Jahr unter anderem der Telekommunikationsriese Nokia, die Targobank, der Automobilzulieferer Hella oder der Elektronikkonzern Rohde & Schwarz. Sie belegen im Ranking die letzten Plätze. Und zwar nicht nur, weil sie wie der Handyhersteller Nokia den Anschluss an Konkurrenten verloren haben. Oder wie die Targobank, die bis zum vergangenen Jahr noch als Citibank firmierte. Sondern auch deshalb, weil sich kaum eines dieser Unternehmen bei der Rekrutierung auf die modernen Zeiten eingestellt hat.

Vor allem die Neuen Medien werden im Personalbereich immer wichtiger – und zwar sowohl für Bewerber als auch für Konzerne. 67 Prozent der Arbeitnehmer glauben, dass ihnen Social-Media-Plattformen wie Facebook, Xing oder Twitter bei der Jobsuche helfen, fand kürzlich die Zeitarbeitsfirma Randstad in einer Umfrage heraus.

Wie wichtig diese Kanäle sind, hat der Mittelständler Stihl längst verstanden. Der Sägenhersteller ist mit eigenen Präsenzen bei Twitter und Facebook vertreten. Dort veröffentlicht er Informationen rund um das Thema Karriere und aktuelle Jobangebote, gewährt Einblicke in die Arbeitswelt und beantwortet Fragen der Nutzer.

Die Auftritte richten sich vor allem an Schüler, Studenten und Absolventen, die sich über das Unternehmen informieren wollen. Langfristig möchte Stihl dort aber vermehrt neue Mitarbeiter rekrutieren.

Dieses Engagement zahlt sich bereits aus. Der Sägenhersteller ist bei Ingenieuren erstmals unter den Top 50. In diesem Jahr reicht es für Platz 41 – satte 55 Positionen besser als im Vorjahr. Im Bereich Naturwissenschaften ging es indes um 38 Ränge nach vorne.

Durch die neuen Kommunikationskanäle hat Stihl seine Sichtbarkeit im Netz spürbar erhöht. Andernfalls wäre Carel Karrar vielleicht nie auf den Arbeitgeber aufmerksam geworden. Der Maschinenbauingenieur hatte gerade seine Dissertation am Karlsruher Institut für Technologie beendet und war auf Jobsuche. Bei der Internet-Recherche fand er eine Stellenanzeige der Firma. Wenige Wochen später unterschrieb er den Arbeitsvertrag.

Seitdem tüftelt Karrar daran, Produkte zu verbessern und Prototypen zu entwickeln. Eine Tätigkeit, die nicht nur abwechslungsreich ist, sondern ihm offenbar auch liegt. So hat er bereits ein neues Zubehör für eine Säge erfunden, das im Herbst auf den Markt kommen soll.

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