Arbeitswelt Die Lüge von den unzufriedenen Eltern

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Mütter in Vollzeit sind unglücklicher

Welche Länder überaltern
Platz 8: Schweden Quelle: dapd
Platz 7: Portugal Quelle: REUTERS
Senioren beim Nordic-Walking Quelle: dpa
Griechenland Quelle: dpa
Platz 10: Finnland Quelle: dapd
Platz 5: Bulgarien Quelle: Reuters
Platz 4: Italien Quelle: dapd

Familien- und Arbeitspolitiker, die derzeit unter der Fahne des Fachkräftemangels und der Gleichstellung das Ziel der Vollzeiterwerbstätigkeit von Frauen verfolgen, werden nicht gerne hören, was die Panel-Untersuchung zeigt: Arbeiten Mütter in Vollzeit, sinkt ihre Lebenszufriedenheit. Nichterwerbstätige und teilzeitbeschäftigte Mütter dagegen sind glücklicher als kinderlose vollzeitbeschäftigte Frauen. Pollmann-Schult vermutet die Ungerechtigkeit der Verteilung von Hausarbeiten als Ursache: Frauen übernähmen trotz Berufstätigkeit weiterhin den größten Teil der Kinderbetreuung und der Hausarbeit. „Diese Mehrfachbelastung hat Einfluss auf den Grad der Zufriedenheit“, behauptet der Soziologe.

Pollmann-Schult zieht keine politischen Schlussfolgerungen, doch sie liegen auf der Hand. Die derzeit lautstark propagierte Politik der Auslagerung der Kinderbetreuung aus den Familien und der schnellstmöglichen Rückkehr von Müttern in Vollzeitarbeit befördert nicht die Zufriedenheit der Mütter. Völlig revolutionär oder auch nur überraschend neu ist dieses Ergebnis nicht. Aber es wird medial bewusst versteckt. Im Familienbericht 2012 aus Kristina Schröders Bundesministerium beispielsweise wird zwar mehrfach der „Monitor Familienleben“ des Allensbach-Instituts zitiert, allerdings nicht dessen zentrales Ergebnis, nämlich dass rund zwei Drittel der Mütter nicht wieder in Vollzeit, sondern in Teilzeit arbeiten möchten. Klar wird aus dieser Befragung über „Einstellungen und Lebensverhältnisse von Familien“, dass die fehlende Zeit für ihre Kinder die größte Sorge von Müttern (und Vätern) ist – und nicht die schnellstmögliche und garantierte Rückkehr auf den früheren Vollzeitarbeitsplatz.

Das von deutschen Journalisten als „Herdprämie“ diffamierte Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder selbst betreuen wollen, wird zwar von der Mehrheit der Bevölkerung einer Stern-Umfrage zufolge abgelehnt. Die eigentlich entscheidende Gruppe der Betroffenen wird in dieser Darstellung aber stets unterschlagen. Die Altersgruppe der 19- bis 29-Jährigen nämlich, also die jungen Menschen, deren Elternschaft unmittelbar ansteht, begrüßen das Betreuungsgeld in der Mehrheit. Und gerade unter Frauen, die ja nach der allgemein propagierten Lesart durch die „Prämie“ an den „Herd“ gebunden werden sollen, ist die Zustimmung besonders hoch.

Das Glück sehen die Menschen und vor allem die meisten Frauen, so kann man folgern, also eher in ihren Kindern als in der Erwerbstätigkeit. Warum nur kämpfen Familienpolitiker nicht für das, was ihre Klientel wirklich zufriedener machen und jungen Frauen die Entscheidung für Kinder erleichtern würde? Nicht mehr Zeit für Arbeit, sondern mehr Zeit für Kinder.

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