Aus Liebe zum Geld Eine Typologie der Reichen

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Die Bewahrer

Mariae Gloria Fuerstin von Thurn und Taxis (l.) Quelle: dapd

Wie macht man ein großes Vermögen? Indem man als Erbe ein noch größeres schrumpft. Und doch haben oft gerade die, von denen es Neidhammel am wenigsten erwarteten, ihr Erbe erfolgreich bewahrt oder sogar vermehrt. Bei manchem von ihnen werden noch die Kindeskinder vom monetären Nachlass ihrer Ahnen profitieren. Als da wären Johanna Quandt, die mit Tochter und Sohn nicht nur BMW erfolgreich steuert; Versandhaus-Erbe Michael Otto, Bankier August von Finck oder Verleger-Witwe Liz Mohn. Sie alle beweisen, dass sie nicht nur mit Startkapital, sondern auch mit unternehmerischem Können gesegnet sind. Zu den cleversten Vermögensbewahrern gehört ausgerechnet das frühere Party-huhn Gloria von Thurn und Taxis.

Die Bewahrer

Soll keiner sagen, ein aus bescheidenen Verhältnissen stammendes Scheidungskind mit Realschulabschluss könnte nicht 15 Jahre später das ganz große Rad drehen: ein Firmenkonglomerat zurechtstutzen, altgediente Manager rauswerfen und den Freistaat Bayern austricksen. Ihre Durchlaucht – darauf legt sie Wert – Mariae Gloria Fürstin von Thurn und Taxis regierte seit dem Tode ihres Gatten Johannes 1990 allein auf Schloss Emmeram in Regensburg, bis 2001 ihr Sohn Fürst Albert sein Erbe antrat – noch immer beaufsichtigt von der Fürstin. Als 600 Millionen Euro schwer gelten Gloria und Töchter, über eine Milliarde Euro werden Albert zugeschrieben.

Danach sah es nicht aus, als der Gatte starb und eine 30-jährige Partymaus mit drei Kindern im Schloss zurückließ. Alte Herren in Grau hatten den Fürsten zu Lebzeiten bei seinen Geschäften zwischen Bierbrauern, Forstwirtschaft, Bankwesen und Industriebeteiligungen so erfolglos beraten, dass von Schulden in mehrstelliger Millionenhöhe die Rede war. Doch Gloria entwickelte mehr Ehrgeiz, als ihr die meisten zugetraut hätten. Im Selbststudium mit erprobten Kaufleuten als Lehrern fuchste sie sich ein. Sie warf des Fürsten alte Berater aus dem Schloss und suchte sich neue, deren Ratschläge sie auch beherzigte. Die Fürstin entpuppte sich, die Society staunte. Als der Freistaat Bayern rund 70 Millionen Mark Erbschaftsteuer von der Fürstin und den Ihren forderte, übertrug ihm die gebürtige Schwäbin Gloria stattdessen kostbare Staubfänger von den fürstlichen Dachböden. Historische Möbel, Bilder, Geschirr und Schmuck im Schätzwert von rund 45 Millionen Mark senkten die Steuerlast. Weit hatte es das fürstliche Sammelsurium nicht: Der Freistaat mietete einen Flügel des riesigen Schlosses und stellt seine Beute dort aus – auf eigene Kosten als Außenstelle des Nationalmuseums.

Lob ihrer Cleverness nimmt die Freundin voluminöser Perlenketten huldvoll entgegen. Doch Unternehmerin will sich die äußerst katholische Adelige dennoch nicht nennen lassen: „Ich bin Vermögensverwalterin. Das Haus Thurn und Taxis ist kein Unternehmen mehr. Wir haben Land- und Forstwirtschaft, ein paar Immobilien und ein wenig Kapitalvermögen.“

Nur in jüngster Zeit verließ die Fürstin das Glück. In Straubing stellten sich protestierende Bürgerliche ihrem Geschäftssinn in den Weg. Auf eigenem Grund wollte von Thurn und Taxis – örtliche Verschandelung und staatliche Subventionen billigend in Kauf nehmend – eine fast 200 Hektar große Fotovoltaikanlage bauen lassen. Nun liegt das Projekt darnieder.

Nur gut, dass auch Kleinvieh Mist macht. Autogramme verschickt Ihre Durchlaucht gerne – gegen einen frankierten Rückumschlag plus 1,50 Euro in Briefmarken extra.

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