Dahinter steht Yao Yingjia, 40, der als ausgesprochen kreativ, ja künstlerisch und teamfähig gilt. Yao tauscht sich regelmäßig mit internationalen Gestaltern aus, nicht nur im eigenen Haus, sondern auch in zahlreichen Workshops. Der Design-Manager und Absolvent der China Europe International Business School (CEIBS) in Shanghai arbeitet seit 1996 bei Lenovo. Dort stellte er das erste Industriedesignteam des Landes zusammen. Seine Designhaltung fasst der perfekt Englisch sprechende Yao so zusammen: "SUV, Simple, Unique, Valuable", also einfach, einzigartig, wertvoll. Für Yao findet Gestaltung längst auf globaler Ebene statt. "Design muss internationales Denken widerspiegeln."
China bewegt sich weg von der Werkbank der Globalisierung. Die Kommandobrücke lockt. Ganz Asien saugt Designwissen aus Amerika und Europa auf. Das Modell heißt Frontalunterricht. Als der ehemalige Audi-Designer Peter Schreyer zu KIA wechselte, wurden selbst die Chefs in Ingolstadt und Wolfsburg nervös. Schreyer bringt seinen koreanischen Kollegen gerade bei, wie Produktfamilien funktionieren und dass Design-Strategien immer über das einzelne Auto hinausgehen. Das ist ein Wissenstransfer vergleichbar dem in anderen Feldern. Nur mit größeren Auswirkungen. Wann werden also die nächsten Premiummarken auftauchen?
Die nächsten Jahre werden chinesische Unternehmen mehrheitlich darauf angewiesen sein, mit westlichen Designern zusammenzuarbeiten, mutmaßen viele Experten. Möglicherweise ein gravierender Irrtum. Während Europa das Verschwinden der Dinge feiert und zugleich die Produktionsbasis schwindet, wächst in Asien der größte Markt der Welt. Konsum hat Vorrang in China. Dafür werden Tausende von Designstudenten an Universitäten ausgebildet.
Markengestaltung ist der Schlüssel für langfristigen Unternehmenserfolg. Dabei fallen entscheidende Unterschiede zwischen Ost und West auf. In Amerika dient Design der Gewinnmaximierung, in Europa wird es unter Qualitätsgesichtspunkten betrieben. China hingegen kopiert, lernt, entwickelt sich. Nur wenige Global Player beherrschen das Zusammenspiel von Marken- und Produktdesign perfekt, allen voran Apple, Google und deutsche Autobauer. Letztere beweisen immer wieder, dass jedes Fahrzeug Teil eines Ganzen ist, der Marke, und genau das ist es, was Konsumenten vor allem in Asien anspricht. Chinesen gelten als besonders markenbewusst, Markendenken aber scheint den chinesischen Unternehmern abzugehen. "Momentan kann man nur von Lippenbekenntnissen sprechen, wenn es um die Designanstrengungen vieler chinesischer Hersteller geht", bestätigt Peter Zec, geschäftsführender Gesellschafter von red dot. "Ihnen fehlt oftmals eine Designphilosophie - noch!"
Gestalter brauchen Freiheit
Mit Billigware, die aus jedem Kaufhaus quillt, wird sich China nicht mehr lange abgeben. Premiummarken sind das Ziel. Bisher haben es in Asien nur japanische Unternehmen geschafft, Marke und Design zusammenzubringen. Korea und Taiwan ziehen gerade nach. Und China? Das Reich der Mitte denkt langfristig. Erst gehe es darum, in einigen Feldern die technische Vorrangstellung zu gewinnen, sagt Zec: "China wird sich bestimmte Industrien vornehmen, um dort eine technologische Führerschaft zu erreichen. Dann kommt es darauf an, ob chinesische Designer in der Lage sein werden, neue Technologien in eine neue Produktkultur umzusetzen." Elektromobilität, Werkstoff- und Umwelttechnik: das könnten Themen sein, die Schlachtfelder des 21. Jahrhunderts. Wo immer neue Technologien auftauchen und bestehende infrage stellen, liegt Chinas Chance.