Christian Bale "Wall Street ist dermaßen moralisch in Misskredit geraten"

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"Um meine Investments kümmert sich meine Frau"

Wie gut kennen Sie sich selbst mit Zahlen aus?

Ich bin darin furchtbar schlecht. Vor ein paar Jahren musste ich mich mal entscheiden, ob ich mich mit Investments und solchen Themen beschäftige, aber ich bin jemand, der sich für diese Welt absolut nicht interessiert.

Das heißt, Sie spielten diese Rolle ohne jegliche Kenntnis der Materie?

Ich habe schon einiges Material studiert, ich las Michael Lewis’ Buchvorlage, aber sobald ich zu Themen wie synthetischen CDOs gekommen bin, stieg ich geistig aus. Dieses Vokabular scheint bewusst so kryptisch gehalten, damit kein Normalverbraucher das versteht. So schützen sich die Verantwortlichen. Durch meine Unterhaltungen mit Burry habe ich mehr begriffen, während des Films hatte ich dieses Wissen auch ständig präsent. Da hätte ich Ihnen alle möglichen Fragen zu dem Thema beantworten können.

Und jetzt?

Ich dachte mir: Will ich dieses Wissen wirklich behalten? Ich habe dafür absolut keine Verwendung. Also ist es zum anderen Ohr wieder rausgegangen. Im Film wird folgender Typ von Mensch beschrieben: Er hat zu dem Thema ein paar Schlüsselsätze drauf, die ihn nicht blöd wirken lassen. Aber wenn du ihn etwas fragst, was darüber hinausgeht, dann ist er verloren. Und genau so eine Person bin ich.

Wer kümmert sich dann um Ihre Investments?

Meine Frau – die kennt sich in der Richtung zum Glück wesentlich besser aus als ich.

Immerhin sorgen Sie für ein entsprechendes Einkommen. Dank Ihrer Erfolgsrolle als „Batman“ verdienen Sie in der Regel mindestens zehn Millionen Dollar pro Film.

Das habe nicht mal ich selbst jemals erahnt. Es hat Jahre gedauert, bis mein Name überhaupt kommerziell eine Bedeutung hatte. Und wegen meiner schlechten Prognose-Fähigkeiten habe ich sogar Geld verloren. Vor mehreren Jahren sagte jemand zu mir: „Ich wette 500 Dollar, dass du eines Tages Batman spielst.“ Und ich sagte: „Da halte ich dagegen. Noch nie habe ich so leicht 500 verdient.“ Man weiß, wie die Geschichte endet.

Mit dem Geldverdienen haben Sie allerdings bereits früh angefangen. Sie waren Kinderdarsteller, spielten schon im Alter von 13 die Hauptrolle in Steven Spielbergs „Reich der Sonne“ ...

... wobei ich diese Erfahrungen nur bedingt weiterempfehlen kann. Wenn du in dem Alter schon Geld verdienst, dann ist das für deine geistige Gesundheit nicht zwangsläufig positiv. Es gibt genügend Kinderdarsteller, die damit nicht glücklich wurden und ihre Karriere als Erwachsene auch nicht mehr fortsetzen konnten.

Was ist das Schlimme daran?

Mir wurde sehr schnell klar: Ich will nicht, dass mich die Öffentlichkeit kennt. Deshalb hatte ich keine Lust, Interviews zu geben und Promotion-Arbeit zu machen. Ich habe auch gemerkt, dass das auf meine Familie keine gute Wirkung hatte. Aber ich konnte nicht einfach aufhören, denn plötzlich trug ich zum Familieneinkommen bei. Man hat mich gebraucht, ich hatte Verantwortung. Und so wurde es zur Norm, dass ich mit 13 in Vollzeit arbeitete. Das sollte man keinem Kind zumuten. Meinen eigenen würde ich so ein Schicksal nicht wünschen.

Wie blieben Sie geistig gesund?

Weil ich die Schauspielerei als solche liebte. Nur das ganze Drumherum eben nicht. Aber solange ich mich auf den eigentlichen Beruf konzentrierte, war alles gut.

Geld ist Ihnen aber scheinbar auch wichtig, denn Sie sind erleichtert, dass Ihr Name kommerziell Zugkraft hat.

Das ist nicht der Punkt. Mein Bekanntheitsgrad hilft, kleinere Produktionen zu realisieren. Und die sind für mich in verschiedener Hinsicht interessanter als Großproduktionen. Sie beanspruchen nicht so viel Zeit, müssen mit größerem Tempo realisiert werden. Daher gibt es nicht so viel logistische Komplikationen und Bürokratie, die das Ganze behindern. Solche Erfahrungen verschaffen mir mehr Befriedigung. Abgesehen davon habe ich auf das Schicksal eines Films keinen wirklichen Einfluss. Ich kann kontrollieren, wie ich meine Figur spiele. Aber ich weiß nicht, welche meiner Einstellungen Regisseur und Cutter auswählen.

Bei „The Big Short“ ist dieses Unterfangen geglückt, die Rezensionen sind positiv. Gibt es sonst noch etwas, was Sie sich von diesem Film erhoffen?

Dass er eine Diskussion anstößt. Denn effektiv hat sich in der Finanzwelt seit 2008 nicht allzu viel verändert. So eine Krise könnte wieder passieren, was man eigentlich nicht für möglich halten möchte. Aber es ist nun mal so. Doch ich bin nicht so vermessen zu hoffen, dass ich mit einem Film wirklich etwas bewirken kann.

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