Coaching Keine Bange vor dem Outing

Franz-Josef Nuß, Partner bei Ray & Berndtson, über das Risiko zu bekennen, dass man gecoacht wird.

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Franz-Josef Nuß Quelle: Foto: Christoph Tempes

„Ja, ich lasse mich coachen!“ Ein solches Geständnis fällt vielen Managern nach wie vor schwer, obwohl persönliches Coaching zunehmend salonfähig wird. Ganz abwegig ist die Furcht vor dem Outing aber nicht. Dahinter steckt nicht selten das Wagnis offen zuzugeben, dass man Unterstützung benötigt oder gar mit seiner Führungsaufgabe überfordert ist, unter der Einsamkeit der Macht leidet und deshalb Rat und Feedback sucht. Insofern sollten Manager vor ihrem Outing unbedingt prüfen, wie reif ihr Umfeld für die ungeschminkte Information ist, dass sie sich coachen lassen.

"Selbstbewusstsein ist entscheident"

Tatsächlich beobachte ich immer wieder, dass das Coaching-Geständnis umso positiver – ja, fast neidisch – aufgenommen wird, je akzeptierter ein Manager in fachlicher und sozialer Hinsicht ist. Das heißt jedoch nicht, dass es innerhalb der Hierarchieebenen keine Bewertungsunterschiede gäbe. Die gibt es – zum Teil sogar sehr deutliche: Während es bei Managern der obersten und untersten Führungsebene eher positiv aufgenommen wird, wenn sie sich coachen lassen, wird es Managern der mittleren Ebenen eher kritisch ausgelegt. Ein Beispiel: Leistet sich ein Vorstand einen Coach, wird dies im Vorstandskreis in der Regel wohlwollend begrüßt, Motto: Der ist schon einer der besten, will sich aber trotzdem weiterentwickeln und an seinen Ecken und Kanten arbeiten. Chapeau!

Auf der Ebene darunter, also bei Führungskräften des mittleren Managements sieht das anders aus. Hier beobachte ich, dass das Sich-Coachen-Lassen teilweise als Eingeständnis fehlender Kompetenzen wahrgenommen wird, die dieser Manager in den Augen der Kollegen längst haben müsste. Typische Fälle sind etwa Bereichsleiter, die zwar fachlich anerkannt sind, aber erkennbare Defizite im Sozialverhalten haben. Für diese Führungskräfte hätte es vermutlich negative Konsequenzen, wenn sie mit einem Outing auch noch Öl ins Feuer gießen.

Für Manager im unteren Management, beispielsweise für einen Teamleiter im Vertrieb, ist ein solches Geständnis dagegen unverfänglich. So jemand wächst ja erst noch in seine aktuelle oder angestrebte Position hinein. Sich dazu dann Unterstützung zu suchen, ist nachvollziehbar und wird vielleicht sogar als cleverer strategischer Schritt beurteilt.

Daraus zu schließen, dass sich Führungskräfte im mittleren Management besser nicht outen sollten, wäre aber falsch. Die Geheimnistuerei kann auch nach hinten losgehen: Nichts ist so verdächtig wie wiederkehrende Termine, deren Anlass nebulös bleibt. Und nichts reizt Kollegen und Konkurrenten mehr, eine negative Spekulation zu verbreiten. Ich rate deshalb dazu, mit dem Thema offen umzugehen.

Führungskräfte im mittleren Management sollten sich Kommunikationsträger in ihrem Umfeld suchen, die selbst überzeugt sind vom Nutzen eines Coachings. So können die Manager ihr Coaching gezielt positiv im Unternehmen verbreiten. Dabei kommt es nicht zuletzt auf die eigene Einstellung an: Je selbstbewusster der gecoachte Manager von seinen Erfahrungen berichtet, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Kollegen positiv darauf reagieren.

Das beste Argument, mit Coaching offen umzugehen, ist schließlich, dass sich Coaching längst zu einer messbaren Managementberatung entwickelt hat, die Führungskräfte im Alltag wirkungsvoll unterstützt. Darüber hinaus prüfen professionelle Coachs, die aus eigener Managementerfahrung betriebliche Minenfelder kennen, sorgfältig, inwieweit die transparente Kommunikation ihrem Klienten und dessen Entwicklungsprozess nützt. Entscheidend ist, dass der Manager dabei stets das Heft in der Hand behält und entscheidet, ob und wann er sich outet.

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