Der neue Luxus Statussymbole sind nicht mehr, was sie mal waren

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Der neue Heimlichkeits-Wohlstand

Ein Beispiel dafür ist die italienische Luxusmarke Bottega Veneta. Vor mehr als zehn Jahren schaffte der neue Chefdesigner alle Logos ab. So können sich nur noch jene Menschen untereinander identifizieren, die mindestens 3000 Euro für eine Tasche bezahlt haben. Der Trend zur visuellen Untertreibung hat sogar einen eigenen Namen: Stealth-Wealth, was man ungefähr mit Heimlichkeits-Wohlstand übersetzen kann. Teure, oft handgefertigte, aber puristische Luxusgüter, die man als solche nicht oder kaum erkennt. Genau darum geht es: Je reicher die Bezugsgruppe, desto subtiler sind ihre Erkennungsmerkmale.

Auch weil Statussymbole in falschem Einsatz oft schaden. Als Klaus Kleinfeld vor zehn Jahren als neuer Siemens-Chef vorgestellt wurde, hatte die Presseabteilung ihm auf dem offiziellen Foto die Rolex vom Handgelenk wegretuschiert. Eine Uhr zeigt eben nicht nur die Zeit an. Sie gab dem Manager in den Augen seiner Berater unfreiwillig das Image eines Aufsteigers, der es nötig hat, seine Macht optisch zu untermauern. Kein guter Start für die Führungsposition in einem deutschen Traditionskonzern.

Das neue Understatement hat sich auch im Berufsleben durchgesetzt: „Die klassischen Statussymbole der Babyboomer und der Generation X verlieren an Bedeutung“, sagt Janina Kugel. Sie ist Personalvorstand von Siemens und damit Arbeitsdirektorin von mehr als 330 000 Menschen. Kugel weiß, dass der technologieaffinen und freiheitsliebenden Generation der 18- bis 34-Jährigen sichtbares Prestige nicht mehr so wichtig ist. Sie strebt vor allem nach Work-Life-Balance und legt Wert auf Nachhaltigkeit. Ihre größte, greifbare Auszeichnung und damit der ultimative berufliche Luxus: Unabhängigkeit. Teure Statussymbole sind für sie längst nicht mehr der Gradmesser des beruflichen Erfolgs – genauso wenig wie die Anzahl an Geschäftsreisen in der Businessclass. Was zählt, ist der Mehrwert an Lebensqualität.

Die neuesten Luxusuhren auf der Baselworld
Nomos Minimatik Quelle: Presse
Bifora JB-60 Quelle: Presse
Patek Philippe Calatrava Pilot Travel Time Ref. 5524 Quelle: Presse
Glashütte Original PanoMaticLunar Quelle: Presse
Breitling Superocean II Quelle: Presse
TAG Heuer Carrera Quelle: Presse
MB&F HM3 Megawind Final Edition Quelle: Presse

Unbezahlbarer Luxus

Selbst der Dienstwagen ist heute kein unumstrittenes Statussymbol mehr. Das zeigt auch der Erfolg von Uber, DriveNow und anderen Carsharing-Modellen. In einigen Firmen zieht die Bahncard 100 als interne Vergütung bereits langsam mit den Firmenwagen an Bedeutung gleich. Wer Zehntausende Euro für protzige Autos ausgibt, die auch noch die Umwelt verpesten, ist nicht unbedingt lässig, sondern peinlich. Die Anzahl an Home-Office-Tagen, die ein Angestellter von seiner Firma heute zugesprochen bekommt, zeigt seinen beruflichen Erfolg genauer an als ein Porsche 911.

Die Strategieagentur different wollte vor ein paar Jahren von 2000 Personen im Alter zwischen 18 und 29 Jahren wissen, was sie als Statussymbol empfinden. Neun der zehn meistgenannten Begehrlichkeiten waren immaterieller Natur. Auf Platz eins rangierte mit 90 Prozent „Zeit für sich selbst“ zu haben, ebenfalls erstrebenswert waren „ein unbefristeter Arbeitsvertrag“ und „Kinder haben“. Es scheint, als hätte sich im Jahr 2016 endlich eine banale Erkenntnis in den Köpfen verankert: Die wirklich wichtigen Dinge im Leben kann man mit Geld ohnehin nicht kaufen. Auch nicht mit Kreditkarte.

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