Die Zukunft der Gates-Stiftung „Die Stiftung ist ein philanthropischer Panzerkreuzer“

Microsoft-Gründer Bill Gates und Melinda Gates wollen getrennte Wege gehen. Für ihre Stiftung wollen sie aber weiter zusammenarbeiten. Quelle: REUTERS

Die Scheidung von Bill und Melinda Gates ist nur auf den ersten Blick reine Privatsache. Die beiden führen gemeinsam eine milliardenschwere Stiftung mit rund 1600 Mitarbeitern. Die Trennung hat das Potenzial, den Fokus der Stiftung zu verschieben.

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Die Bill & Melinda Gates Foundation beeilte sich, Spekulationen über die Zukunft der milliardenschweren Stiftung möglichst im Keim zu ersticken. Die Trennung der beiden Co-Vorsitzenden werde auf die Organisation keinerlei Auswirkungen haben, heißt es in einem Statement. „Sie werden weiterhin zusammenarbeiten, um die Strategien der Stiftung zu gestalten und zu genehmigen.“ Soll heißen: Die Scheidung von Bill und Melinda Gates ist Privatsache. Die Stiftung arbeitet unbeirrt weiter.

Es ist eine Nachricht, die zunächst einmal für Ruhe sorgen sollte. Ob es jedoch tatsächlich so kommt, ist eine andere Frage. Schließlich haben Bill und Melinda Gates die Stiftung bislang in engem Einvernehmen geführt. Ob ihnen dies auch als Ex-Partner weiter gelingen wird, ist eine Frage, die derzeit Projektmanager auf der ganzen Welt in ihrem Bann hält. Denn die Stiftung ist die vermutlich wichtigste und schlagkräftigste philanthropische Organisation auf dem Planeten. Sie verfügt über Büros auf der ganzen Welt, beschäftigt rund 1600 Mitarbeiter und spendet jedes Jahr rund fünf Milliarden Dollar.

Ihre Arbeit nahm die Stiftung im Jahr 2000 auf. Die Gates-Familie brachte einen großen Teil ihres Vermögens ein, später beteiligte sich auch Investorenlegende Warren Buffett mit einem Milliardenbetrag. Damit verfügt die Stiftung über einen Kapitalstock von rund 50 Milliarden Dollar.

Und sie weiß ihr Geld zu nutzen: Weit oben auf der Prioritätenliste der Stiftung steht die Verbesserung der Gesundheitsversorgung in der Dritten Welt. In den vergangenen Jahren hat sie Milliarden Dollar in die Bekämpfung von Krankheiten wie Malaria, Tuberkulose und anderen Infektionskrankheiten gesteckt. Zu diesem Zweck unterstützt die Foundation auch die Entwicklung und Verbreitung von Impfstoffen. Auch das Covid-19-Vakzin wurde mit rund 156 Millionen Dollar gefördert.

Die Scheidung hat nun das Potenzial, diesen Fokus der Stiftung zu verschieben. „Es ist denkbar, dass sich die Stiftung formal oder informell aufspaltet“, so Peter Frumkin, Leiter des Center for Social Impact Strategy an der University of Pennsylvania. Möglich wären künftig getrennte Bill- und Melinda-Gates-Stiftungen, aber auch eine größere Unabhängigkeit der Ex-Partner voneinander im bestehenden System sowie neue Spenden-Vehikel, die von der bestehenden Stiftung finanziert werden. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass die ehemaligen Eheleute neben der bestehenden Stiftung jeweils noch eigene philanthropische Organisationen gründen und aus ihrem Privatvermögen finanzieren. Auch das würde die Schlagkraft der bestehenden Struktur womöglich schwächen.

Dass es tatsächlich so kommt, hält Frumkin allerdings für unwahrscheinlich. „Die Stiftung ist ein philanthropischer Panzerkreuzer“, sagt er. Das mache große Veränderungen unwahrscheinlich – schließlich hat sich die Gates-Stiftung teils über Jahre zur Finanzierung von Projekten verpflichtet. Auch hätten die Noch-Eheleute in den vergangenen Jahren nicht signalisiert, dass sie im Bereich Wohltätigkeit unterschiedliche Prioritäten setzen wollten. Hinzu kommt noch der Einfluss von Warren Buffett, der als einer der Trustees schon jetzt ein Mitspracherecht über die Ausrichtung hat. „Ich denke, er wird die Struktur möglichst intakt halten wollen“, so Frumkin. Große Veränderungen scheinen damit zunächst nicht anzustehen.

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Das heißt jedoch nicht, dass alles beim Alten bleibt. Auch ohne die Scheidung hätte die Gates-Stiftung wohl in nicht allzu ferner Zukunft eine gewisse Neuausrichtung erfahren. Schließlich ist im vergangenen Jahr Bill Gates Senior verstorben – Vater des Microsoft-Gründers und bis zu seinem Tod ebenfalls Co-Vorsitzender der Stiftung, deren Ausrichtung er maßgeblich mitgeprägt hat. Absehbar ist zudem, dass die Kinder von Bill und Melinda Gates künftig eine größere Rolle in der Organisation spielen werden. „Es ist zu erwarten, dass die Stiftung ihre Ausrichtung dann so verändern wird, dass sie auch zu den Prioritäten dieser neuen Stimmen passt“, so Jim Ferris vom Center on Philanthropy and Public Policy der University of Southern California.

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Es wäre nicht das erste Mal, dass sich die Gates-Stiftung verändert. So investierte sie in den vergangenen Jahren Milliarden in eine Reform des Schulsektors in den USA. Doch der Erfolg blieb aus. Mittlerweile hat die Stiftung sich aus dem Bereich weitestgehend zurückgezogen.

Deutsche Hilfsorganisationen, die Gelder von der Gates-Stiftung bekommen, reagierten zurückhaltend auf die Trennung des Paares. Eine Sprecherin der Welthungerhilfe etwa sagte, man beobachte, „was nun konkret passieren wird“ und werde in den kommenden Wochen das Gespräch mit der Stiftung suchen. Die Welthungerhilfe bekommt nach eigenen Angaben jährlich rund 500.000 US-Dollar von den US-Philanthropen. Die Deutsche Aids-Stiftung teilte lediglich mit, man hoffe, dass Melinda und Bill Gates ihre „große Verantwortung auch weiterhin wahrnehmen“.

Mitarbeit: Jannik Deters

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