Die Farbe war mit bloßem Auge schwer zu bestimmen, changierte zwischen Gelborange und Papaya. Doch einen kurzen Aufenthalt im Scanner und eine Multispektralaufnahme später war die Farbe eindeutig festgelegt – nicht als oft branchenübliche, schwammige Prosa („geht das noch etwas zitroniger?“). Sondern als Digitalcode, der, auf dem Computerbildschirm oder auf Papier ausgedruckt, genauso eindeutige Ergebnisse lieferte wie auf Stoff. Dieser wurde schließlich per Laser zugeschnitten und zu einem tadellosen Kleid verschweißt.
„So läuft der künftige, voll digitalisierte Produktionsprozess der Textilindustrie“, erläutert Gerd Müller-Thomkins seine kleine Demonstration, vorgeführt im Mai in München auf der Fespa, der weltweit größten Messe für Digitaldruck. „Spätestens in fünf Jahren arbeiten wir in dieser Branche nicht mehr so wie heute.“
Wie Ihr Unternehmen digital fit wird
Machen Sie die Digitalstrategie zur Chefsache. Entwickeln Sie ein Gespür dafür, wie sich veränderte Kundenerwartungen auf Ihr Geschäft auswirken. Transportieren Sie dieses Bewusstsein ins Unternehmen.
Wie sieht Ihr Unternehmen in fünf Jahren in einer digitalisierten Welt aus? Machen Sie sich klar, wie Sie künftig mit Kunden interagieren, welche Innovationen Sie bis dahin eingeführt und wie sich Ihre internen Prozesse geändert haben müssen.
Sobald Sie Ihre Strategie entwickelt haben, starten Sie mit der Umsetzung – mit kleinen, schnellen Schritten und überschaubaren Projekten. Schaffen Sie Inseln mit optimiertem organisatorischem, technologischem und kulturellem Rahmen – inklusive neuer Anreizsysteme, die die Ziele Ihrer Digitalstrategie unterstützen.
Messen Sie die Effekte Ihrer Projekte, und kommunizieren Sie Erfolge nach innen und außen.
Effizienzverbesserung für die Modebranche
Wozu der Geschäftsführer des Deutschen Modeinstituts (DMI) selbst ein gerüttelt Maß beitragen könnte: Hat er doch mit seinem Kollegen Gerd Willschütz aus eigenem Antrieb ein System entwickelt, das es auf Basis der aus Medizin und Forschung bekannten Multispektralanalyse möglich macht, Farben Digitalcodes zuzuordnen und damit objektiv und eindeutig bestimmbar zu machen. Eine Entwicklung, die das seit Jahrzehnten übliche Verfahren der Farbkommunikation über den gesamten Wertschöpfungsprozess ad absurdum führt: Hing die Bestimmung von Farbtönen doch am wochenlangen Abgleich von Stoff- und Papierproben, die per Flugzeug hin- und hergeschickt wurden zwischen Textilfabrikanten und Farbproduzenten, Designern und Stofflieferanten. Deren Urteil abhängig war von Licht und Klima, Alter und Beschaffenheit der Farbträger – oder schlicht ihrer unterschiedlichen Sehschärfe.
Ein wenig effizienter Prozess angesichts von bis zu 24 Kollektionen, die etwa große Modehäuser jährlich auf den Markt werfen und diese an unterschiedlichsten Standorten zwischen Vietnam, Mexiko, Polen und Italien produzieren lassen.
„Die Globalisierung der Märkte, die Individualisierung der Gesellschaft und ihrer Lebensstile, aber auch die Digitalisierung der Kommunikation bis zur Digitalisierung physischer Dinge führen zu einer Vervielfältigung von Formen, Farben und Mustern über die bisherigen Grenzen hinaus“, sagt DMI-Geschäftfsführer Müller-Thomkins. „Von traditionellen Dienstleistern vorgegebene Farbwelten können in so einem ökonomischen und gesellschaftlichen Kontext nicht mehr funktionieren – das hat uns genötigt, genau in diese Richtung zu denken.“
Das System könnte eine ganze Branche verändern
Das tun inzwischen auch zahlreiche Branchenvertreter: Ob mittelständischer Produzent hochwertiger Hosen oder globale Textildiscountkette, ob Modemesse oder Druckkonzerne – Dutzende namhafte Unternehmen haben Müller-Thomkins und Willschütz inzwischen in ihrem Kölner Büro besucht, um sich über das von ihnen entwickelte System zu informieren, das die Genauigkeit, Farben zu bestimmen von 40 auf 95 Prozent mehr als verdoppelt hat. Ihnen damit künftig viel Zeit und Geld sparen könnte. Und nicht zuletzt eine Alternative aufzeigt zur noch ungebrochenen Marktmacht einiger weniger Farbkartenproduzenten, deren Farbauswahl nicht nur teuer, sondern auch limitiert und wenig flexibel ist.
„Mit seinem Ansatz hat das DMI nicht nur aus eigenem Antrieb die Effizienz einzelner Unternehmen gesteigert“, sagt Juror Roman Friedrich von der Unternehmensberatung Strategy&. „Es hat neue Standards gesetzt und könnte mittelfristig eine ganze Branche auf links drehen.“