Drei-Tage-Bart beliebter denn je Das große Bart-Comeback

Seite 2/3

In Form gebracht

Die zehn prägendsten Schnurrbärte
Lassen Sie sich einen Bart wachsenEin unrasierter Mann – vor einigen Jahren wäre das im Geschäftsleben noch undenkbar gewesen. Doch Bärte wirken intelligent. Das ergab zumindest eine Studie der Psychologin Barbara Strauß von der Universität Kiel. Sie fand heraus, dass Bärte Männer klüger erscheinen lassen. Dazu ließ sie 85 männliche und weibliche Studenten Fotos von 48 Männern ansehen – die Hälfte davon trug Vollbart, der Rest war glatt rasiert. Obwohl alle Abgebildeten gleich dreinschauten, wurden die Bärtigen im Durchschnitt von den Probanden deutlich positiver und smarter beurteilt. Quelle: dpa
Heiner BrandDen Titel des schönsten Barts des deutschen Mannschaftssports würde ohne Zweifel Heiner Brand gewinnen. Der frühere Nationalspieler und –trainer erinnert auf den ersten Blick damit an einen großen deutschen Philosophen ... Quelle: AP
Friedrich NietzscheDer Philosoph ließ seinen markanten Seehundbart einfach immer länger wachsen, bis sein Mund darunter verschwand. Die nach seinem Tod 1900 einsetzende Nietzsche-Begeisterung erstreckte sich aber nicht auf dessen Barttracht. Quelle: Gemeinfrei
AsterixAsterix und die anderen Gallier der berühmten Comic-Reihe tragen alle Schnurrbärte. Zeichner Albert Uderzo hat sich dabei wahrscheinlich am historischen Held des gallischen Aufstands gegen die Römer orientiert: Vercingetorix wird immer mit einem langen Schnurrbart dargestellt. Quelle: AP
Luigi ColaniDer Designer Luigi Colani ist ein unbeirrbarer Träger der so genannten ungarischen Variante des Schnurrbartes. Für die Bartweltmeisterschaften schuf er einen Pokal. Quelle: AP
Sascha Loboder Prophet des Internets trägt eine ähnliche Variante wie Colani. Der rote Irokesen-Schnitt seines Haupthaares stiehlt dem Bart aber leider die Show. Quelle: dpa
Kaiser Wilhelm II. Der letzte deutsche Kaiser, Wilhelm II., war seinerzeit ein Bart-Role-Model für seine Untertanen. Heute ist der oft auch nach ihm benannte Zwirbelbart nur noch in Kölner Koch-Kreisen verbreitet. Quelle: dpa

Ansonsten lässt Roetzel kein gutes Haar am Drei-Tage-Bart. Er sei der „wenig überzeugende Versuch, Stillosigkeit mit Stil zu versöhnen“, es fehle ihm die „Konstanz“ von Glattrasur und Vollbart, vor allem nähre er gleich zwei Illusionen: doch noch ein bisschen Mann sein zu dürfen, auch wenn man „sonst nichts mehr zu melden hat“, und sich die Rasur sparen zu können.

Beides hat seiner Beliebtheit nicht geschadet. Im Gegenteil: Zwei Drittel der deutschen Männer rasieren sich nicht täglich, meldete die Zeitschrift „Men’s Health“ – eine exakte Statistik gibt es nicht. Der Niedergang der Rasur erfreut erstaunlicherweise die Hersteller klassischer Rasiermesser, denen sich neue Zielgruppen erschließen. Friseurmeister Armin Brandt, der vor sechs Jahren am Münchner Flughafen den Salon Brants Barber & Shop eröffnet hat, bietet neben „klassischen Nassrasuren“ auch „Beautyanwendungen“ für den Bart an. 40 bis 50 Prozent seiner Kunden seien Drei-Tage-Bart-Träger.

„Unterm Strich“, so Brandt, sei der Pflegeaufwand beim Drei-Tage-Bart „ungefähr der gleiche wie bei der Ganzrasur“: Der Bart wird mit dem sogenannten Trimmer auf die gewünschte Länge zwischen zwei und vier Millimeter gestutzt, graue Haare werden auf Wunsch abgetönt, die Konturen mit dem Rasiermesser an Oberlippe, Kinn, Wangen und Hals sauber ausrasiert und „in eine schöne Form gebracht“: Bei fülligen Gesichtern sollte man „die Konturen „tiefer ziehen“, „das macht schmäler“. Brandt empfiehlt, den Bart mit einem milden Shampoo zu reinigen und einzucremen, „damit die Haut geschont wird“ – und das Erscheinungsbild nicht leidet.

Die meisten seiner Drei-Tage-Bart-Kunden kommen aus dem mittleren Management: „Je höher, desto glatter.“ Bärte mögen am Arbeitsplatz, wie eine Umfrage erst jüngst wieder gezeigt hat, weithin akzeptiert, ja beliebt sein. Doch in den Chefetagen sind sie eher die Ausnahme. Erst recht in der Variante des Drei-Tage-Barts. Am ehesten findet man ihn noch in der Computerbranche: Digitale Großkonzerne wie Google oder Microsoft ersparen sich und ihren Mitarbeitern Vorgaben bei der Gestaltung des Bartwuchses. Bei Google ist man der Ansicht: „You can be serious with or without a beard.“

Was die Frisur über den Mann aussagt
Schon vor dem beeindruckenden 3:0-Sieg im Dezember 2016 gegen RB Leipzig sorgte Bayerns Abwehrchef Mats Hummels für Aufsehen. Der Nationalspieler präsentierte sich 2016 im Spitzenspiel der Fußball-Bundesliga den überraschten Zuschauern mit blond gefärbten Haaren. „Ich bin glücklich, dass es nicht so schlimm aussieht wie befürchtet. Ich hatte richtig Bammel davor“, sagte Hummels im TV-Sender Sky. Er habe sich die neue Haarfarbe zulegen müssen, weil er eine Oktoberfest-Wette verloren habe. Wer sich dagegen bewusst für eine solche Frisur entscheidet, will damit etwas ausdrücken. Ob langes, kurzes, oder gar kein Haar, ob Vokuhila oder Lockenkopf: jede einzelne Frisur verrät etwas über den Träger - denn der Mann von heute nutzt das Haar, soweit es denn noch vorhanden ist, als Persönlichkeitsmerkmal. Der Frisuren-Experte Armin Morbach hat für die WirtschaftsWoche zusammengefasst, was die Frisur über die Persönlichkeit eines Mannes aussagt. Armin Morbach ist der wohl bekannteste Hair- und Make-up-Artist Deutschlands. Als Schwarzkopf-Haarexperte ist er für die jährlichen Trendlooks verantwortlich. Quelle: dpa
Ben Kingsley Quelle: AP
Uli Hoeneß Quelle: AP
George Clooney Quelle: rtr
Olli Geißen Quelle: dpa
Karl-Theodor zu Guttenberg Quelle: rtr
Joachim Löw Quelle: dpa

Auch im Einzelhandel setzen Bartträger zuweilen Zeichen: Kaufhof-Chef Lovro Mandac und die Zalando-Gründer Rubin Ritter und Robert Gentz tragen Drei-­Tage-Bärte, Rewe-Chef Alain Caparros changiert zwischen Zehn-Tage- und Vollbart. Der langjährige CEO des Schweizer Pharmakonzerns Novartis Daniel Vasella, einst einer der mächtigsten Manager Europas, trägt einen Drei-Tage-Bart, freilich erst, seit er freiberuflich Führungskräfte coacht.

Sogar die traditionell testosterongesteuerte Automobilbranche will von der Zurschaustellungen sekundärer Geschlechtsmerkmale in der Regel nichts wissen. Gewiss, Mercedes-Chef Dieter Zetsche kultiviert seinen fidel frisierten Walrossschnauzer, und Ex-BMW- und VW-Vorstandschef Bernd Pieschetsrieder wird als Altbayer sicher nicht seinen schwarz-silbernen Henri-Quatre-Bart ablegen, wenn er in den Aufsichtsrat von Daimler wechselt.

Nur Chefexzentriker Sergio Marchionne, seit 2004 CEO von Fiat, leistet sich den Luxus eines Drei-Tage-Barts. Ansonsten zeigt der Blick auf die Riege führender Auto­manager: lauter glatt rasierte Leistungs­athleten. „Die Repräsentation von Macht und Autorität ist an den sexuell unmarkierten Körper gekoppelt“, schreibt die Modetheoretikerin Barbara Vinken in ihrem neuen Buch „Angezogen“, aus „inkorporierten Institutionen“ solle „niemand durch Abweichung herausstechen“.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%