Einwanderer Warum Deutschland für viele Ausländer so attraktiv ist

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Berlin ist wie New York vor 20 Jahren

Maho Mizoguchi, Japan Quelle: Privat

Maho Mizoguchi, 32, Journalistin aus Tokio

Am liebsten wäre ich nach Brasilien ausgewandert. Das Land entwickelt sich rasant, und ich liebe seinen Kampftanz Capueira. Aber jetzt habe ich einen Deutschen geheiratet und ziehe zu ihm nach Deutschland. Mein Mann und ich haben lange überlegt, ob er nicht in Japan leben und arbeiten sollte. Ich habe hier einen guten Job als Zeitschriftenredakteurin. Aber mein Mann studiert neben der Arbeit und kann nicht weg. Daher werde ich ab Mai mit ihm in München leben und als freie Journalistin für japanische Medien arbeiten.

Meistens sprechen wir Englisch. Aber er kann ein bisschen Japanisch, und ich habe für das Ehegatten-Visum etwas Deutsch gelernt. Das werde ich fortsetzen. Deutsch finde ich nicht so schwer. Da gibt es viele Wortänderungen, aber die Aussprache ist für Japaner einfach. Ich finde, die Deutschen sind uns ziemlich ähnlich: Höflich, zurückhaltend, ernsthaft und pünktlich, außer der Bahn. Die Deutschen arbeiten hart, aber machen sehr lange Urlaub. Die Männer helfen im Haushalt und die Frauen wirken sehr stark. Ein Freund in Hamburg hat mich gewarnt, dass Ausländer es oft schwer haben. Aber ist das nicht überall so?

Mark Kessel, New York

Mark Kassel, USA Quelle: Privat

Ich möchte nicht nach Deutschland auswandern. Aber ich möchte nach Berlin auswandern. Es ist nicht so, dass ich etwas gegen andere Städte oder das Land hätte. Ich kenne auch die deutsche Provinz und halte sie für reizvoll. Aber ich hätte Angst, dass ich als Ausländer dort nicht klarkomme. Berlin ist anders: So viele Menschen aus allen Himmelsrichtungen, so viel Kreativität, und sie alle haben sich auf Englisch als Sprache geeinigt. Berlin ist das New York Europas. Besser noch – Berlin ist das, was New York vor zwei Jahrzehnten war. Eine kreative Hochburg. Mein Plan, nach Deutschland zu gehen, reifte seit Langem. Ich habe früher schon in Berlin gelebt, in den verschiedensten Stadtteilen, hatte damals dreimal pro Woche Deutschunterricht, und ich habe in Deutschland und in New York viele deutsche Freunde. Sie sind wie das Klischee: ernsthaft, pünktlich, qualitätsorientiert. Ich schätze diese Eigenschaften sehr. Auch haben die Deutschen einen trockenen, klugen Humor, wie man ihn in den USA kaum findet. Deutschland fördert Künstler großzügig, hat dabei ein gutes Gespür für Qualität und hat Verständnis für Künstler, die keine Verkäufer sein wollen. Die Deutschen sehen immer die Nachteile Berlins, die schwache Wirtschaft etwa, und wissen gar nicht, dass man sich in den Künstlerszenen von New York oder London einig ist: Berlin is the place to be.

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