Exklusive Studie Wer in der digitalen Revolution untergeht

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Industrie: Bosch macht's gut, K+S schlecht

Autos fahren unter einer Brücke mit dem Bosch-Logo entlang Quelle: dpa

Vorreiter Deutschland: Bosch

200 Apps, 350 digitale Kanäle für Personalmarketing, Vertrieb, Markenführung, 500 Micro-Web-Sites, Blogs und Online-Communities für Heimwerker, Autofahrer, Werkstätten: Bosch ist in der digitalen Welt angekommen – laut Digital Readiness Index so gut wie kein Industrieunternehmen in Deutschland.

„Die Anforderungen unserer Kunden und Mitarbeiter zur Nutzung von Social Media sind enorm gestiegen“, sagt Social-Business-Manager Rüdiger Schönbohm. „Aber das ist nur ein Aspekt.“

Viel wichtiger für den Bosch-Manager: das Projekt Enterprise 2.0, das die interne Vernetzung der weltweit 290.000 Konzernmitarbeiter vorantreibt.

Das Ziel: die interne Kommunikation intensivieren, Doppelarbeit vermeiden, gute Ideen transparent machen, Projekte effizienter managen, Hierarchien abbauen. Statt per E-Mail kommunizieren inzwischen 120.000 Mitarbeiter über die interne Plattform Connect, Ende 2014 sollen es fast doppelt so viel sein.

„Digital sein heißt nicht nur, neue Technologien zu benutzen“, sagt Schönbohm. „Es geht darum, eine Organisation durchgängig zu vernetzen.“

Wie deutsche Industrieunternehmen auf die digitale Wende vorbereitet sind Quelle: Neuland, Digital Readiness Index (DRI)

Mit Erfolg: Dauerte es früher bis zu acht Wochen, komplexe Kundenanfragen etwa zum Aufbau eines neuen Produktionsstandorts zu prüfen, fällt die Entscheidung heute innerhalb von sechs Arbeitstagen. Nicht zuletzt steigert die interne Transparenz den Umsatz.

Die Erkenntnis: Produkte und Dienstleistungen, die einst etwa exklusiv für Automobilhersteller entwickelt wurden, können teils durchaus für Minen- und Kanalbetreiber oder beim Bau von WM-Stadien relevant sein.

Nachzügler Deutschland: K+S

Zwei Follower, kein Foto: Wer den Düngemittelanbieter K+S auf Facebook sucht, bekommt nicht viel geboten.

Twitter? Fehlanzeige.

Nur auf Xing ist der Dax-Konzern präsent. „Wir sind in den sozialen Medien nicht stark vertreten“, heißt es. „Ein höherer Aufwand in diesem Bereich würde uns keinen nennenswerten Mehrwert bringen.“

Die Folge: K+S gehört nicht nur in der Industrie, sondern auch branchenübergreifend zu den Schlusslichtern in Sachen digitale Transformation.

Das könnte sich bald ändern, denn über das Sparprogramm „Fit für die Zukunft“ steht gerade jeder Prozess auf dem Prüfstand. Gut möglich, dass neben der etablierten internetbasierten Auftragserfassung und sensorgesteuertem Lagermanagement weitere Prozesse digitalisiert werden – auch wenn ein rein maschinengesteuerter Abbau der Rohstoffe im Bergwerk illusorisch ist, wie ein Test jüngst zeigte.

Doch bei der Förderung von Salzen sollen statt aufwendiger Probebohrungen künftig verstärkt digital gestützte Analysen helfen, die Qualität des Rohstoffs zu erkennen. Und um rasch zu wissen, ob sich die Ausbeutung einer Fundstelle lohnt.

In einem Kali-Bergwerk in Sachsen-Anhalt testet K+S derzeit außerdem, wie sich der Einsatz von Maschinen und Mitarbeitern zentral online steuern lässt.

„Rohstoffe fördern und verarbeiten ist nun mal etwas anderes als ein Auto zusammenbauen“, so die K+S-Devise. „Wir werden wohl nie eine Smart Factory, aber wir wollen jede Möglichkeit der digitalen Welt nutzen, um unsere Abläufe weiter zu optimieren.“

Pionier international: Quirky

Immer wenn er ins Büro kam, ärgerte er sich über seine kaputte Klimaanlage. Also entwickelte Garthen Leslie einfach seine eigene: Die sollte nicht nur zuverlässig arbeiten, sondern gut aussehen, wenig Platz und Energie benötigen und bequem per Smartphone zu steuern sein. Seine Entwürfe schickte Leslie an Quirky – das Start-up bietet Hobbydesignern an, ihre Ideen für 99 Dollar auf seine Plattform zu laden.

Kommt ein Vorschlag bei der Quirky-Fangemeinde an, entwickelt Quirky daraus ein verkaufsfähiges Produkt, kümmert sich um Marketing, Preis, Lieferkette, Vertrieb. Oder bietet es in seinem Online-Shop an.

Zwischen 70 und 90 Prozent des Erlöses bleiben beim Start-up, der Rest geht an den Ideengeber. Ein Modell, das sich auch für Leslie lohnen könnte: 300 Dollar kostet die von ihm entwickelte Klimaanlage Aros, produziert wird sie in Kooperation mit General Electric, seit Ende April ist sie im Handel – und könnte das Zeug zu einem Verkaufsschlager haben. „Ich lebe seit zehn Jahren in New York“, schreibt etwa User Christopher auf der Quirky-Website. „So eine Klimaanlage habe ich mir immer gewünscht.“

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