Vorreiter Deutschland: Allianz
Mal ist sein Hund in der Badewanne zu sehen, mal warnt er vor Giftködern, mal postet er ein Selfie mit Pferd: Keine Frage, Volker Büscher ist Tierfan. Und beliebt: Knapp 4400 Likes hat er auf seiner Facebook-Seite eingesammelt – für seinen Job: Büscher arbeitet als Allianz-Vertreter in Köln und ist Spezialist für den Schutz von Tieren.
„Sehr freundlich und sympathisch“, schreibt Lisa Habeck an Büschers Pinwand. „Nicht so ein ,Versicherungsgesabbel‘, sondern absolut persönlich und nett!“
Bernd Heinemann mag solche Nachrichten. „Wir lernen so ganz unaufdringlich, wofür sich Menschen interessieren“, sagt der Marktmanagement-Vorstand der Allianz Deutschland, „diese digitalen Spuren sind für uns wirtschaftlich relevant.“
Mehr als die Zahl der Apps, Facebook- oder Twitter-Fans der Allianz interessiert Heinemann der Austausch mit Kunden entlang der digitalen Wertschöpfungskette – vom Erstkontakt bis zur Betreuung nach der Unterschrift. „So lernen wir, was Kunden in ihrer Lebensphase akzeptabel finden und was sie nicht wollen.“
Derzeit wertet die Allianz Daten eines Mitarbeiterversuchs aus, die deren Fahrverhalten analysieren. Und warum, so Heinemann, kann nicht bald ein Teil der konventionellen Gesundheitsprüfung entfallen angesichts der vielen Messungen, die wir heute freiwillig vornehmen – vom Pulsschlag bis zur Zahl unserer täglichen Schritte?
Nachzügler Deutschland: HDI
Die Nachricht war eindeutig: „Seit mittlerweile 3 Wochen versuche ich vergeblich, Ihr Service-Center zu erreichen“, schreibt Bernd Rücker an die HDI-Facebook-Pinwand. „Es kann doch nicht sein, dass ein Kunde entweder 20 min hingehalten wird, um dann aus der Leitung geworfen zu werden ... so was geht ja gar nicht!“
Reaktion der Versicherung an dieser Stelle: Fehlanzeige.
Offenbar kein Einzelfall, wie die Recherchen der Kölner Unternehmensberatung Neuland zum Digital Readiness Index feststellten: Wochenlanges Schweigen auf Kundenanfragen, die genervt den Wechsel zum Wettbewerber ankündigen, keine Anbindung zwischen Homepage und sozialen Medien. Die Quittung: Versicherer HDI zählt zu den Nachzüglern im digitalen Wettbewerb.
Einziger Lichtblick: ein gut funktionierender Beitragsrechner und die Möglichkeit, eine Police zum errechneten Tarif in wenigen Schritten online abzuschließen.
Ein neues Paket könnte dazu beitragen, Image und Wertschöpfung in der digitalen Welt zu verbessern: Über eine Kooperation mit der Telekom bietet HDI seit Kurzem Kurzzeit-Kranken-, Haftpflicht- und Diebstahlpolicen an. Die lassen sich innerhalb von 24 Stunden auch per Mobiltelefon abschließen – etwa für einen spontanen Wochenendtrip ins Ausland.
Pionier international: Oscar
Das Unternehmen ist nicht mal ein Jahr alt – und zählt nach Meinung des US-Magazins „Fast Company“ bereits zu den Unternehmen mit der größten Sprengkraft für die amerikanische Wirtschaft: Oscar, ein New Yorker Start-up, das Krankenversicherungen anbietet.
Die Gründer wollen nichts weniger als den US-Gesundheitsmarkt umkrempeln – vor allem mittels digitaler Technologie: Auf einer personalisierten Web-Site können Oscar-Kunden Arztvisiten und Medikamentenkäufe einsehen, eine Suchmaschine gibt erste Diagnosehinweise bei körperlichen Beschwerden, verbunden mit Empfehlungen für Arztpraxen und Kliniken in der Umgebung – Angaben zu mutmaßlichen Kosten einer Behandlung inklusive. Auch Online-Visiten sind möglich.
Sicher kein Angebot, das allen schmeckt – aber doch ein Blick in eine mögliche Zukunft des Gesundheitswesens, auch in Deutschland.
Zumindest die Investoren sind überzeugt: Innerhalb weniger Monate konnte Oscar 75 Millionen Dollar Startkapital einsammeln.